Winzer-Portrait Rheinhessen: Kampf kämpft sich nach vorn

24.10.2012 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Flonheim) - Scheinbar unerschöpfliche Talentschmiede Rheinhessen: Fast im Monatsrhythmus lernen aufmerksame Beobachter der Szene einen vormals unbekannten jungen Winzer oder eine Winzerin kennen, die beachtlich gute Weine machen und die Chance haben, in den nächsten Jahren in die Spitze des größten deutschen Anbaugebietes aufzurücken. Beim aktuellen Beispiel ist schon vom Namen her anzunehmen, dass er seine Möglichkeiten nutzen wird, obwohl die Startvoraussetzungen nicht optimal sind.

 

Kampf, mit Vornamen Patrick, stieg im Sommer 2010 in den elterlichen 12-Hektar-Betrieb in Flonheim ein. Das Kerngeschäft von Vater Hanspeter Kampf bestand bis dahin darin, Weine auszubauen und füllfertig an Flaschenweinbetriebe zu liefern. Privatkundschaft gab es kaum. Die Flaschen, die selbst gefüllt wurden, waren für den Eigenbedarf und einen kleinen Stammkundenkreis bestimmt oder wurden an Weinfesten ausgeschenkt.

Junior Patrick Kampf wusste schon früh, dass dieses Geschäft nicht seine Zukunft sein konnte, aber dass man eine gute Ausbildung braucht, um neue Wege zu gehen. Im Rückblick liest sich sein Werdegang fast wie ein kleiner Wein-Gotha. Er studierte in Geisenheim Weinbau und Oenologie. Daneben absolvierte er einige Praktikas in renommierten Häusern oder war und ist hier teilzeitbeschäftigt, immer unter dem Aspekt, etwas zu lernen und Wissen aufzusaugen. 2006 und 2007 war er bei Wagner-Stempel in Siefersheim (Rheinhessen), verbrachte dann den Herbst 2007 in der Harford Family Winery im Sonoma County in Kalifornien. Zurück in der Heimat konnte er sich bei der Familie Fröhlich (Weingut Schäfer-Fröhlich) in Bockenau an der Nahe weiter bilden. Im Herbst 2009 war die Wachau an der Reihe, mit der Top-Adresse F. X. Pichler in Loiben. Und seit 2010 wirkt der 26-Jährige noch nebenbei bei Battenfeld-Spanier, bzw. Kühling-Gillot in Hohen-Sülzen/Bodenheim.

2011 war der erste Jahrgang, bei dem er Zuhause voll Gas geben konnte/durfte. Sechs Weine kamen in die Flasche, darunter vier saftige, würzige Gutsweine von den Sorten Riesling, Weißburgunder, Grauburgunder und Scheurebe (diese besonders fein geraten), dazu zwei Ortsweine vom Riesling und Sauvignon blanc. Der Riesling ist mineralisch, knackig und hat Trinkfluss. Der Sauvignon blanc ist ungemein vielschichtig, elegant und lang im Abgang, braucht aber Luft, um sich voll zu entfalten. Dann kommt er daher wie ein erstklassiger Steirer oder Loire-Wein. Bei einem großen Wettbewerb des Magazins MAINZER siegte dieser Wein in der Kategorie Aromasorten gegen zahlreiche Konkurrenz. Auch andere hatten die Qualität dieses Weines erkannt, deshalb ist er, so Patrick Kampf, inzwischen „praktisch ausverkauft, ein paar Fläschle sind noch da. Aber 2012 schaut ebenfalls gut aus.“

Lagenweine gab es im Startjahr noch nicht. „2012 wird es etwas aus unserer Spitzenflur Uffhofener La Roche geben“, war sich der Jungwinzer im Herbst sicher. Auch Rotwein (20 Prozent der Rebfläche) wird dann sein Sortiment bereichern. Im Keller will er nach den ersten guten Erfahrungen nichts ändern. Zum Teil wurde auf Reinzuchthefen verzichtet. Sein erfolgreicher Sauvignon wurde im Halbstück (600 Liter) ausgebaut. Die Weine wurden nicht geschönt und blieben bis Mitte Mai 2012 auf der Feinhefe. Bis zur Füllung wurden sie lediglich einmal schonend filtriert.

Natürlich wird der Betrieb noch einige Jahre zweigleisig fahren müssen und kann die bisherigen Abnehmer für offene Ware nicht vernachlässigen. Es muss sich erst herumsprechen, dass da ein junger Flonheimer viel Kampfgeist aufwendet und – zudem nach ökologischen Kriterien – sehr gute, teilweise sogar tolle Weine macht. Hilfestellung dafür hat er sogar aus der Szene. Dass die jungen, aufstrebenden Rheinhessen-Winzer kein falsches Konkurrenzdenken pflegen, wird deutlich durch eine Empfehlung. Marc Weinreich aus Bechtheim, im Rahmen unserer Portraits ebenfalls schon dran, gab den Tipp.

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