Passion im Spitzer Graben 

Weingut Martin Muthenthaler, Wachau

Text: Nicole Harreisser, Fotos: z.V.g.

Die österreichische Weinregion Wachau ist weltweit für ihre wunderbaren Gewächse bekannt. Ganz am Ende des legendären Spitzer Grabens folgt Martin Muthenthaler vom gleichnamigen Weingut mit seinen einzigartigen Weinen der Spitzer Tradition.

Auf dem Weg in die Wachau zum Weingut Martin Muthenthaler nach Elsarn am Jauerling lässt man nach langen Autobahnkilometern auf der Höhe von Melk mit seinem bekannten Stift die Autobahn links liegen und setzt seinen Weg entlang der Donau auf einer reizvollen Bundesstrasse, der österreichischen Romantikstrasse, fort bis zum pittoresken Ort Spitz an der Donau mit seinem legendären Spitzer Graben. Die steilen Hänge des Spitzer Grabens sind mit Grüner Veltliner- und Riesling-Reben bepflanzt, in den flacheren Regionen ist die Wachauer Marille zuhause, für die die Wachau neben dem Wein bekannt und beliebt ist. Die kleine Strasse schlängelt sich durch die Dörfer. Nach einer kleinen Brücke, die über den Spitzer Bach führt, biegt man dann ab und erreicht nach wenigen Metern das Weingut. Beim Besuch Anfang Mai 2023 lag das Weingut fast unscheinbar an der Bachstrasse, die Begrüssung von Melanie Muthen­thaler war dafür umso herzlicher, die gerade schwungvoll auf den Hof einbiegt, den Kofferraum mit Jungreben gefüllt. 

Ein noch junges Weingut

Weinbau wird im Hause Muthenthaler schon seit Langem betrieben, bereits Martins Grossvater hatte 0,8 Hektar im Ertrag. Die Trauben aus dem gemischten landwirtschaftlichen Betrieb wurden damals aber an die Genossenschaft, an die Domäne Wachau, geliefert. «Das war früher für die Landwirte der Region und auch für unsere Familie ein gutes Zubrot», meint Martin. In der Region herrschte viel Wegzug, die Jungen zogen in die Städte auf der Suche nach Arbeit und die Alten gaben ihre Betriebe auf. «Ich wollte etwas Eigenes machen, mein Vater hatte schon damals begonnen, unsere Weingärten Stück für Stück zu vergrösssern bis auf rund 2,5 Hektar.» Die kargen Böden, mit nur geringer Löss- und Humusauflage, hatten damals, wenn sie nicht in Südausrichtung lagen, noch stark mit dem kühlen Klima zu kämpfen. Heute mit steigenden Temperaturen durch die Klimaerwärmung sind genau diese nordexponierten und somit kühleren Flächen von Vorteil und gesucht.

«Wir geben nichts dazu, lassen nichts weg. Es kommt das genaue Abbild des Jahrgangs ins Glas.»

Im ersten Schritt entschloss sich Martin im Jahr 2006, eine Buschenschank zu eröffnen. Doch die Lage am Ende des Spitzer Tals, etwas abseits der touristischen Route im Donautal, erwies sich als schwierig, und die Buschenschank wurde aus wirtschaftlichen Gründen wieder geschlossen. Wie sollte es weitergehen? Martin wollte sein Projekt Weinbau weiterverfolgen und setzte alles auf die Karte «Weingut», um sich nicht zu verzetteln. Die damals im Besitz stehende Rebfläche reichte fürs Leben noch nicht aus, und so musste weiterhin erweitert werden. Und auch das Know-how in Sachen Wein eignete sich Martin Stück für Stück an, viel Austausch mit den Kollegen und viel Handwerk, das er nach und nach erlernte. «Ich wollte und musste das Handwerk lernen und verstehen, auch wenn ich heute vieles ganz anders mache als zu Beginn. Begonnen habe ich damals einfach mit einem 300-Liter-Fass für den Eigenbedarf und habe mich mehr und mehr in die Materie eingearbeitet.» Eine Weinbauschule hat er nie besucht, und auch folgt er nicht der in der Wachau weit verbreiteten Klassifizierung der Vinea Wachau mit Steinfeder, Federspiel und Smaragd. Seine Weine sind das Abbild der Lagen, des Bodens und des Jahrgangs. Es kommt nichts hinzu und wird nichts weggenommen. Heute erstreckt sich die Anbaufläche über rund sechs Hektar. Das besondere Kapital der Lagen sind die unterschiedlichen Expositionen, insgesamt sind es 13 Einzelparzellen. War es früher mitunter in den kühleren Lagen eine Herausforderung, reifes Traubengut zu ernten, so sind diese Lagen heute im Vorteil. Mit der Klimaerwärmung gedeihen die besten Trauben in Lagen, die früher als zu kühl galten, hervorragend. Sie zeichnen sich durch Kühle und Feingliedrigkeit aus, ganz so wie der Grüne Veltliner früher gemacht wurde. In den wärmeren Lagen zeigen die Weine neben ihrer Würze auch eine feine Cremigkeit und delikate Mandelnote.

Im Weingut Muthenthaler werden ausschliesslich Grüner Veltliner und Riesling angebaut, und das in Lagen bis hinauf auf 500 Metern über Meer im Spitzer Graben. «Es war anfangs nicht einfach, meinen Vater vom biologischen Anbau zu überzeugen», erzählt Martin. «Aber seit 2010 sind alle Weingärten biologisch zertifiziert.» Auch hat er die Biodynamie im Hinterkopf, das ist aber bisher noch nicht umsetzbar mit der Familie und nur einer Saisonkraft, manchmal in der Weinbergsarbeit noch von zwei Pferden unterstützt. Der Spitzer Graben ist fordernd, belohnt aber mit einem unvergleichbaren Geschmackserlebnis, das sich in jedem einzelnen Glas widerspiegelt. Bei der Neuanpflanzung setzt Martin auf die alte Genetik bestehender Anlagen. In den Jahren 2015 bis 2017 wurden die neu erworbenen Gärten frisch gepflanzt mit Edelreisern von bis zu 65-jährigen Reben. Ein ganz besonderes Projekt mit Weitblick war die Lage «Gut am Steg». Nach dem heissen Jahr 2015 entschloss sich Martin, den familieneigenen Marillengarten in der Lage zu roden und durch Reben zu ersetzen. «Die Marille braucht zur gleichen Zeit Aufmerksamkeit wie die Reben, und ich wollte mich nicht mehr verzetteln». Gut am Steg profitiert von der Nord-West-Ausrichtung mit sandigen Böden, die auch in heissen Jahren nicht mit Trockenheit zu kämpfen haben. Alle Weingärten liegen im Umkreis von rund zwei Kilometern um das Weingut. Das ist ein grosser Vorteil durch die kurzen Wege, birgt aber auch Gefahren, beispielsweise bei Frost oder dem immer wieder vorkommenden Hagel. Sehr viele Rebstöcke werden heute deshalb von Hagelnetzen geschützt, um das wirtschaftliche Überlegen zu sichern, allein bei Frost gibt es keinen wirklichen Schutz vor Schäden.

Die ersten Erfolge mit seinen ausdrucksstarken Weinen feierte Martin nicht in Österreich, sondern auf internationalen Messen, bevor Sommeliers und Händler in Österreich aufmerksam wurden. «Die Nachbarn im Dorf kennen meine Weine nicht.»

Tradition und Wachstum

In den letzten Jahren sind die Rebflächen auf das Dreifache gewachsen, und nun muss der bisher in der Garage untergebrachte Keller wachsen. Noch in diesem Jahr soll auf Basis des bestehenden Gebäudes ein neuer Keller mit Verkostungsraum entstehen.

Weine im Clubpaket

Grüner Veltliner Spitzer Graben 2022 Wachau DAC

2023 bis 2028

Viel gelber Apfel und exotische Frucht, dazu frische Küchenkräuter, auch Quittenschale. Gelbfruchtig und saftig am Gaumen, mit viel strahlender Würze, sehr feiner Trinkfluss.

Mariage: Hervorragend zur Jause und zum Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Gurken-Salat.

Grüner Veltliner Vergelt’s Gott 2022Wachau DAC

2023 bis 2030

Intensiver Duft, gelber Pfirsich, grüner Apfel, würzig, das sortentypische «Pfefferl». Saftig am Gaumen, grüner Apfel, delikate Zitrusnote, Küchenkräuter. Ein Hauch Bittermandel. Satte Struktur und solider Körper.

Mariage: Fein zu Kalbfleischgerichten und Fisch.

Riesling Ried Bruck Selection CLD 2022Wachau DAC

2023 bis 2032

Saftig in der Nase mit Salzzitrone, etwas Feuerstein und Rauch. Kräuter-noten. Komplex. Ausnehmend saftig am Gaumen, grüne Birnenschale. Sehr ausgewogen und harmonisch. Tief-gründig. Wunderbares Mundgefühl.

Mariage: Fleischgerichte, orientalische, auch dezent scharfe Küche.