Neues aus alten Holzfässern

Kreative Fasskunst

Text und Fotos: Ralf Kaiser

Allein die Mitgliedsbetriebe des Verbands französischer Tonnellerien haben im Jahr 2017 zusammen 615 385 neue Holzfässer produziert und damit 429 Millionen Euro umgesetzt. Weltweit kommen jährlich mehrere Millionen neue Weinfässer auf den Markt. Weit überwiegend Barriques mit kurzer Nutzungsdauer im Weinbau. Nach wenigen Jahren landen viele davon als Dekoration in Privatgärten. Einige haben mehr Glück: Aus ihnen entstehen Kunstwerke. 

Güde Alpha Fasseiche – Edition Harald Rüssel

Vom tiefen Moselkeller in die Sterneküche

Harald Rüssel betreibt seit 1992 zusammen mit seiner Frau Ruth das «Landhaus St. Urban» in einem Seitental der Mosel bei Leiwen. Den gleich im ersten Jahr erkochten Stern hält er bis heute. Kontakt zur Messerschmiede Güde hat Harald Rüssel spätestens seit seiner Zeit als Präsident des Verbands Jeunes Restaurateurs d’Europe. Schlüssel für das gemeinsame Projekt mit dem renommierten Solinger Messerspezialisten ist aber Ruth Rüssel. Die gelernte Sommelière ist im Leiwener Weingut St. Urbans-Hof aufgewachsen, das damals ihr Vater Hermann Weis führte und heute von ihrem Bruder Nik Weis erfolgreich weitergeführt wird. Hier werden viele Rieslinge noch im klassischen Moselfuder ausgebaut, also Holzfässern mit einem typischen Fassungsvermögen um tausend Liter, gefertigt aus einigen Zentimeter dicken Fassdauben von 100 bis 150 Jahre alten Eichen. Bei guter Pflege können diese Fässer mehr als hundert Jahre genutzt werden. Selten, dass hier ein Fuder nach weniger als 80 Jahren aus-gemustert wird. Wenn es dann doch so weit ist, werden die Fässer hier sorgfältig zerlegt, und das Holz wird aufbewahrt. Die komplette Front der modern ausgestatteten Winzerküche hat ein örtlicher Schreiner mit dem Holz einiger alter Fassdeckel und -böden verkleidet. Mit dem nicht gebogenen Holz ist das deutlich einfacher als mit den verformten Dauben. Durch die geringe Grösse von Messer-Griffschalen spielt die Wölbung der Dauben für die Messerproduktion keine Rolle, so konnte Harald Rüssel dieses alte Fassholz für die nach ihm benannte rund 30-teilige Edition handgeschmiedeter Güde-Messer verwenden.
www.guede-solingen.de | www.ruessels-landhaus.de | www.nikweis.com

Magnus Mewes, Neustadt-Duttweiler

Vom Tüftler zum Barrique-Möbel-König

Hochwertige Barrique-Fässer für Spitzenweine von den besten Tonnellerien können deutlich über 1000 Euro kosten und sind oft aus bis zu 200 Jahre alten Eichen gefertigt. Zum Rotweinausbau genutzt werden sie trotzdem oft nur vier Jahre, danach geben sie kaum noch Tannin sowie kaum noch die begehrten Vanille- und Röstaromen an den Wein ab und werden meist aussortiert. Als dem studierten Produktdesigner Magnus Mewes das im Pfälzer Weingut Bergdolt richtig klar wurde, hatte er schnell ein paar sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten zur Hand. In der Anfangszeit vor zehn Jahren bestand sein Sortiment aus drei Stuhlmodellen, heute sind mehr als 20 verschiedene Möbel im Angebot, vom mit diversen Designpreisen ausgezeichneten Stuhl «Barrique-Limited» über Hocker, Tisch und Kinderstuhl bis zum Hackblock. Um einige da-von möglich zu machen, hat Mewes (zum Teil mit Partnern aus der Industrie) mehrere neue Bearbeitungs- und Verformungstechniken für Holz entwickelt und patentieren lassen. Neben Möbeln sind auch Küchenbretter oder exklusiv über Otto-Gourmet vertriebene Steak-Bretter im Angebot. Eine Messerserie bei WMF ist in Planung. Ganze Weinlokale in Deutschland und Österreich sind mit Mewes-Möbeln eingerichtet worden. Die Nachfrage ist so gross, dass die ursprünglich vorgesehenen Barriques von Bergdolt schon lange nicht mehr ausreichen und er jährlich mehrere hundert weitere aus Deutschland und Frankreich bezieht. Dazu kommen Spitzenwinzer aus dem In- und Ausland, die ihre mit Schriftzügen oder Logos versehenen Barrique-Böden und -Deckel zusenden, um sie verarbeiten zu lassen.
www.magnusmewes.de

Edition Armin Faber, Düsseldorf

Von der Fotokunst zur Kunst am Fass

Armin Faber ist das Urgestein der deutschen Weinfotografie. Seit mehr als 30 Jahren ist der in Düsseldorf ansässige Wein- und Foodfotograf europaweit in Sachen Genuss unter-wegs. Abstrakte Malerei rund ums Thema Wein war schon lange sein Hobby, seit etwa acht Jahren bemalt Armin Faber nicht mehr nur Leinwände, sondern auch Barriques. Mehr als 50 Fässer hat er inzwischen bemalt und verkauft, sie stehen bei einer ganzen Reihe bekannter Weingüter, aber auch in einigen privaten Wohnungen und Gärten. Viele Fässer sind Auftragsarbeiten, bei denen sich die stets abstrakten Motive nach Kundenwünschen richten oder bei denen Faber selbst Motive passend zum Kunden auswählt. Motiv kann dann alles sein: der Hund, die Kinder oder auch mal die Schweizer Nationalflagge wie beim Fass für das Rheingauer VDP-Weingut Kauffmann, dessen Inhaber aus der Schweiz stammt. Der Preis für ein fertig bemaltes Barrique-Fass der Edition Armin Faber liegt bei 900 Euro. Die aus dem Weinbau ausgemusterten und sorgfältig gereinigten 225-Liter-Fässer bezieht Armin Faber in der Regel aus Deidesheim in der Pfalz. Hier ist der Sitz von KIRKs Total Wine, dem Unternehmen von Deutschlands bekanntestem Fassspezialisten Kirk Bauer, der auch Privatkunden beliefert. Ab rund 100 Euro kann hier jedermann Fässer zum Aufstellen, Bemalen oder Zerlegen erwerben.
www.faberpartner.de | www.k-t-w.com

Weitere Projekte

TheCookingSpoon
Handgeschnitzte und numme-rierte Kochlöffel aus den Fassdauben von bisher 19 österrei-chischen Spitzenweingütern.
www.barriqueaffairs.com

Designpanel – Authentic 
Panels, Linie Characters

Grossflächige dekorative Wandpanels mit aus Barriques gefertigter Oberfläche aus Holzriemchen oder quadratischen Elementen.
www.designpanel.de

Pelmondo Fire Barrel
Gastrotauglich aufgearbeitete Barrique-Fässer mit stabiler Tischplatte und einsetzbarer Pellet-Heizung für den Winter sowie Eisbox für den Sommer.
www.pelmondo.com

vinum+

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