Wein & Kultur
Fluss der Geste
Text: Ute Noll, Foto: Igor Panitz

Jan Hooss ist Stuttgarter Handwerker und Künstler. Er restauriert Stuck, gestaltet Reliefs, zeichnet und modelliert. Mit sicherer Hand bewegt er sich zwischen Rokoko-Pracht und moderner Formensprache. Zu seinen Auftraggebern zählt sogar Hollywood-Star Brad Pitt.
«Mich fasziniert, wie mit Kelle und Spachtel und der Bewegung meiner Hand aus Gips eine Form entsteht. Eine Form, die sich mit anderen Formen zu einem Ganzen verbindet», sagt Jan Hooss. Nur wenige Stuckbildhauer in Europa beherrschen dieses Handwerk noch in vergleichbarer Qualität. Sein Spektrum reicht von Rekonstruktionen nach historischen Vorlagen, etwa im Schloss Veitshöchheim bei Würzburg, bis zur Gestaltung mehrerer Reliefs für Brad Pitt im Château Miraval im Jahr 2014 oder aktuell für David Forbes in Miami.

Auch in Stuttgart und in der Region ist Hooss präsent. Auf dem Waldfriedhof steht ein von ihm gestalteter Engel, in der Feuerbacher Kirche eine Madonna. Für eine Bäckereifiliale entwarf er ein Relief mit Brezeln. Zeichnen und Modellieren lagen ihm schon in der Schulzeit. Die Arbeit mit Gips begeisterte ihn so sehr, dass er seine Architekturpläne aufgab und bei Fachfirmen die 250 Jahre alte Tradition der Rokoko-Stuckbildhauerei erlernte. Später studierte er an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Mit Sorge beobachtet Hooss, dass in der Denkmalpflege zunehmend nur noch der Bestand gesichert, aber kaum noch rekonstruiert wird. Damit droht auch das Wissen um seine Technik zu verschwinden – eine Technik, die er auch in zeitgenössischen Arbeiten gekonnt einsetzt. In seinem Atelier im Stuttgarter Osten formt Jan Hooss größere Arbeiten aus Draht oder Styropor und trägt den Gips Schicht für Schicht auf, bevor er die fertigen Stücke vor Ort installiert. Dort entstehen auch Ornamente, Zeichnungen und winzige Wachsfiguren.

Seine Affinität zu eigenwilligen Formen und übergroßen Objekten zeigt sich auch in Robert, einer zwei Meter hohen Spielzeugpuppe, die er immer wieder in künstlerische Aktionen einbindet. Sie war bereits Teil mehrerer Performances im öffentlichen Raum, etwa in Stuttgart und St. Tropez. Zerlegt reiste sie im VW-Bus mit, was regelmäßig für irritierte Blicke sorgte. Das Atelier von Jan Hooss gleicht einer Wunderkammer. Es ist bis zur Decke gefüllt mit Modellen, Proben, Zeichnungen, Materialien und Fachbüchern. Dazwischen hängt sein blaues Kajak, mit dem er auf Flüssen in der Bourgogne unterwegs ist. Auf dem Château d’Ozenay gibt er seit Kurzem Modellierkurse. Vielleicht, so sagt Jan Hooss, zieht es ihn bald ganz dorthin.