Weinlese in der Champagne
Freiheitsstrafen wegen Menschenhandels verhängt

Text: Alice Gundlach | Veröffentlicht: 22.07.2025
Sie hatten rund fünfzig Arbeiter, viele von ihnen ohne Papiere, ausgebeutet und unter unwürdigen Bedingungen untergebracht: Drei Personen sind am Montag (21. Juli) vom Strafgericht Châlons-en-Champagne zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP.
Hauptangeklagte muss sofort ins Gefängnis
Die Hauptangeklagte, Geschäftsführerin des Weinbau-Dienstleisters Anavim, wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, davon zwei ohne Bewährung, und diese mit sofortigem Haftantritt. Sie war wegen Schwarzarbeit, Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis und «nicht vorhandener oder unzureichender Bezahlung» angeklagt.
Zwei weitere Angeklagte, denen vorgeworfen wurde, die Lesehelfer angeworben zu haben, wurden zu einem Jahr Freiheitsstrafe und zwei bzw. einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Die Geschäftsführerin von Anavim hatte während der Verhandlung bestritten, für die Unterbringungsbedingungen der Erntehelfer verantwortlich zu sein, und die Schuld dafür den anderen beiden Angeklagten gegeben.
«Extrem wettbewerbsfähige» Preise
Der Vorsitzende Richter forderte ausserdem die Auflösung des Unternehmens Anavim und verurteilte eine Winzergenossenschaft aus der Marne, die Sarl Cerseuillat de la Gravelle, zu einer Geldstrafe von 75‘000 Euro. Der Staatsanwalt hatte eine Geldstrafe von 200‘000 Euro gefordert. Der Dienstleister hatte mit «extrem wettbewerbsfähigen» Preisen geworben.
Entsetzliche Zustände aufgedeckt
Im September 2023 hatte die Arbeitsaufsichtsbehörde die Unterkünfte in der Nähe von Reims kontrolliert, die Anavim für die Lesehelfer bereitgestellt hatte. Dabei stellten die Kontrolleure fest, dass die Lebensbedingungen «die Sicherheit, Gesundheit und Würde (der Arbeiter) schwerwiegend beeinträchtigten.»
Konkret bemängelten sie neben den «behelfsmässigen Schlafgelegenheiten» auch «den widerwärtigen Zustand der Toiletten, Sanitäranlagen und Gemeinschaftsräume» sowie gefährliche Elektroinstallationen. Diese Unterkunft wurde daraufhin von der Präfektur geschlossen.
«Wie Sklaven» behandelt
«Sie steckten uns in ein verlassenes Gebäude, ohne Essen, ohne Wasser, ohne alles. Und dann bringen sie uns (...) von 5 Uhr morgens bis 6 Uhr abends zur Weinlese», sagte einer der Arbeiter gegenüber AFP. Ein weiteres Opfer antwortete auf die Frage des Gerichts, wie sie behandelt worden seien: «Wie Sklaven.»