Hammel – Terres de Vins, Rolle

Der Blick aus der Ferne kann oftmals helfen, um heimische Begebenheiten in einem neuen Licht zu sehen, besagt ein Sprichwort. Der heute 64-jährige Charles Rolaz verbrachte als Student und junger Anwalt einige Jahre in London und tauchte dort in die lebendige Weinszene der 1980er Jahre ein. Das gab ihm die Motivation, um später in dem seiner Familie gehörenden, traditionellen Weinhandelshaus Hammel völlig neue Wege zu gehen. So gehörte er im «Weissweinland Waadt» mit dem Chasselas als König zu den Ersten, die lagerfähige Rotweine von internationalem Format in die Flasche brachten. Charles Rolaz realisierte früh, dass besonders der Merlot am Genfersee im Zuge der Klimaerwärmung und neuer, massgeschneiderter Vinifikationskonzepte sein ganzes Potenzial ausspielen kann und pflanzte die Sorte folgerichtig in verschiedenen Domänen im grösseren Umfang an. Starke Akzente setzte er auch mit Assemblagen aus Bordeaux-Sorten in Verbindung mit dem Rhône-Gewächs Syrah, wozu ihn in seiner Londoner Zeit die Crus des legendären Provence-Weingutes Domaine de ­Trévallon inspiriert hatten.

«Die Basis für Topweine am Genfersee aus solchen Sorten ist eine Weinbereitung, die den Gewächsen viel Stoff verleiht, aber keine zu harten Tannine», sagt er. Eine kalte Maischestandzeit vor der Gärung und eine Macération postfermentaire bringen derart hochkarätige Weine wie den ­Domaine du ­Montet Côte Rousse Grand Cru (Bordeaux-Sorten, ergänzt mit Syrah) oder den Domaine de Crochet Cuvée Charles ­August Grand Cru (Syrah, ergänzt mit Bordeaux-Sorten) hervor.

Heute dirigiert Charles Rolaz in den drei Genfersee-Subregionen, nämlich der La Côte, dem Lavaux und dem Chablais, ein äusserst komplexes «Orchester», bestehend aus 16 Domänen (wovon sich acht Domänen im Familienbesitz befinden), in denen nicht weniger als 36 verschiedene Rebsorten wachsen. Ein Drittel der Rebfläche von rund hundert Hektar wird heute biologisch und biodynamisch bewirtschaftet.

Obwohl der Hammel-Patron in den letzten 25 Jahren konsequent neue Wege gegangen ist, hat er auch den Chasselas, der im Waadtland noch immer mit einem Anteil von insgesamt 60 Prozent dominiert, nicht vergessen. «War der Chasselas hier früher eher ein uniformer Wein, so gibt es heute verschiedenste Interpretationen der Sorte, was den Winzern mehr Freiheit gibt, ihren jeweils eigenen Stil zu verfolgen», sagt er.

«Wir lieben lagerfähige Rotweine mit Fülle, aber nicht zu hartem Tannin.»

Charles Rolaz

Seine Chasselas-Interpretation ist ein Ter­roirwein aus Terrassen-Anlagen in Yvorne, wo die Chasselas-Stöcke in einer alpinen Moräne mit viel Kalkstein wurzeln. In grossen Holzfässern auf der Feinhefe ausgebaut, entsteht dabei ein beschwingter Wein mit einer Finesse, die keine Kohlensäure als Frischemittel benötigt. Kein Wunder, denn als Inspiration dienten ihm die Gewächse von der Côte de ­Beaune. Schon seit längerem ist die Maison Hammel ein eigentlicher Thinktank für neue Genuss-Ideen. So wurde in der Kellerei vor kurzem eine ­Mikrobrauerei installiert. Hier wird nun das Château de Vullierens Grape Ale Brut ­Nature produziert. Das erfrischende Bier durchläuft mit einem Anteil von Chasselas-Trauben aus biologischem Anbau eine zweite Gärung in der Flasche.

Charles Rolaz sieht dieses Bier als eine von vielen möglichen Antworten auf die Entwicklung des Marktes, der zunehmend Genuss mit «Low-Alkohol» bevorzugt.