Kochen und Essen zu Weinen aus Neuseeland

Neuseeland: Lamm, Austern, Meat Pies…und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann / Fotos: gettyimages / Andres Jacobi / Elio Ruscettai / asab974 / Dora Dalton 

 

Neuseeland: zwei abgelegene Inseln im südlichen Pazifik am entgegengesetzten Ende der Welt, mit üppigem Grün, aber auch Wüsten und Vulkanen, die die Erde blubbern und rauchen lassen – und einer ebenso fulminanten Weingeschichte, die im Vergleich zur europäischen Epik wie ein Haiku anmutet.

Neuseeland – oder Aotearoa, wie es auf Maori heisst – gilt vielen als touristischer Sehnsuchtsort. Die Nordinsel bietet majestätische Berge, vulkanische Mondlandschaften, geothermale Naturschauspiele, Wüste und satte Wälder; die Südinsel lockt mit filmreifen Buchten und Stränden, immergrünen Regenwäldern, Gletschern, Fjorden und gewaltigen Alpenzügen. Dazu kommen Albatrosse, Robben, Delfine, Wale, Kiwi-Vögel – und Wein! Aber genauso wie diese Inseln zu den jüngsten der Erdgeschichte gehören und als Letztes von Menschen besiedelt wurden, ist auch die Weinrebe hier ein echter Newcomer.

Denn lange Zeit gab es auf den erdbebengewohnten, von Urwald überwachsenen Inseln, die eigentlich nur der oberste Teil einer wesentlich grösseren, unter Wasser liegenden Landmasse sind, weder Menschen noch Reben, sondern auffallend viele Vögel aller Art, vor allem aber der laufenden. Erst im 13. Jahrhundert landeten Einwanderer aus Polynesien an der Küste Neuseelands, dem mythischen Land der langen weissen Wolke, Aotearoa: Dies ist der Ursprung der Maori-Kultur. Im 17. und 18. Jahrhundert folgten ihnen erst holländische, dann britische Seefahrer, was zu teils heftigen Konflikten führte. Missionare und Kolonialisten versuchten sich am Weinan- und ausbau in der britischen Kolonie. Doch eine ausgeprägte Vorliebe für Bier und Schnaps sowie Abstinenzbewegungen wirkten lange Zeit als Hürden. Erst Anfang der 1970er Jahre kam Schwung in die Weinbranche des seit 1947 unabhängigen kleinen Staates.

Doch dann ging es richtig ab. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Farmer in Marlborough für ihre eigenen Bedürfnisse Schafe gehalten, Tabak, Knoblauch und Obst angebaut, doch mit dem ersten kommerziell vermarkteten Sauvignon Blanc 1979 sollte sich dies auf rasante Weise ändern: In den 1990ern galt Wein vielen als die Zukunftschance schlechthin, die schneidend grünen Kräuter- und Stachelbeeraromen wurden Kult, schnell verdrängten Weinberge Weiden, Felder und Obstplantagen. Heute wogt in Marlborough ein einziges, grünes Rebenmeer, in dem Schafe nur noch gelegentlich die Begrünung kurzhalten.

Längst haben andere Regionen nachgezogen. Über 1100 Kilometer erstrecken sich die Weinberge heute vom subtropischen Northland über Auckland, Waikato, Gisborne, Hawke’s Bay bis nach Wairarapa auf der Nordinsel und von Marlborough und Nelson über North Canterbury, Waitaki Valley und North Otago bis zum kühlen, trockenen Central Otago auf der Südinsel, das sind die südlichsten Weinberge der Welt. Innerhalb von nur 50 Jahren hat sich Wein zu einem festen Teil der neuseeländischen Kultur entwickelt, lockt die weisse Wolke längst auch uns Vinophile unwiderstehlich an.

Geschichte zur Weinregion: Klimawandel

2022 litt die Südinsel unter extremen Überschwemmungen, 2023 wurde Hawke‘s Bay auf der Nordinsel nach Rekordregenfällen und Überschwemmungen durch einen Tropensturm verwüstet: In Neuseeland bebt und raucht nicht nur die Erde, der Klimawandel macht sich auch extrem bemerkbar. Ganze Weinberge wurden in Hawke’s Bay von den bis zu elf Meter hohen Wellen des Zyklons Gabrielle ins Meer gespült. Kurz vor dem Beginn der Lese standen Weinberge vollständig unter Wasser, waren Kellereien überflu-tet und drohten Erdrutsche. Das alte Bild vom «grünen» Neuseeland mit reiner, intakter Natur gerät immer mehr ins Wanken.



Klassische Mariage: Lammbraten

Lamm gehört zu Neuseeland wie Kiwis als Vogel und Frucht; mit Rosmarin aromatisiert, grünen Erbsen und Kürbis ist es der klassische Sonntags-braten in Neuseeland.

Ebenso klassisch dazu im Glas harmonieren Bordeaux-Cuvées aus Merlot und Cabernet Sauvignon, typischerweise von der Nord–insel, zugänglich und voller Frucht. Elegant und etwas schlanker, an die nördliche Rhône erinnernd, ergänzt Syrah den Braten um schwarze Pfeffer- und Pflaumennoten. Aussergewöhnlich und eindrücklich hingegen tritt an Birnen und Geissblatt erinnernder Pinot Gris von der Nordinsel zum Lamm auf.

Bordeaux-Cuvées begleiten den Lammbraten ganz klassisch, wirken zugänglich und fruchtbetont

Syrah sorgt mit schwarzen Pfeffer- und schlanken Pflaumennoten für Eleganz

Pinot Gris bringt aussergewöhnliche, überraschend helle, duftige Töne ins Spiel

Neue Mariage: Süsskartoffel-Wedges mit Guacamole

Süsskartoffeln sind wichtiger Bestandteil der Maori-Küche. Im Ofen gebacken und mit Knoblauch, Paprika, Chili und Olivenöl gewürzt ergänzen sie als Wedges mit dem ebenso würzigen, frischen Avocado-Dipklassiker jedes Barbecue.

Rosé in seinen vielen Varianten, aus Pinot Noir, Merlot oder Syrah, ganz trocken oder mit leichter Restsüsse, passt in jedem Fall dazu. Mit viel Zitrusfrucht und deutlich lebhafterer Säure tanzt Riesling von der Südinsel mit den Knollen (und braucht ebenfalls nicht ganz knochentrocken zu sein). Gewürztraminer ist in Neuseeland eine wichtige Rarität, er ergänzt Wedges und Dip mit Litschiduft und weicher Säure.

Rosé darf trocken oder auch ein wenig süss sein; er passt hier auf alle Fälle

Riesling tanzt mit Chili und Knoblauch und belebt alles mit seiner Zitrussäure

Gewürztraminer fügt den Wedges eine duftende, würzige Komponente hinzu

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