Mit Fachkompetenz schwer im Kommen

Starke Frauen im Burgenland

Text: Rudolf Knoll, Fotos: Monika Saulich

Es war ein Meeting der besonderen Art. In der Freistadt Rust trafen sich zehn Frauen aus dem Burgenland mit VINUM, um über die Rolle und den Stellenwert der Winzerinnen zu plaudern. Es kam zu interessanten, spannenden, aufschlussreichen und auch humorvollen Dialogen. Das Fazit: Es gibt starke Wein-Frauen. Und sie sind unverzichtbar und schwer im Kommen!

Als Dr. Helmut Romé 1979 sein damaliges Standardwerk «Die Großen Weine Österreichs» vorlegte, kamen bei den zahlreichen Betriebsporträts auch einige Frauen vor, aber alle in Nebenrollen, keine als selbstständige Winzerin. 41 Jahre später existieren zahlreiche der damals gelobten Güter nicht mehr. Dafür ist inzwischen klar, dass Frauen in der Weinszene mehr sein können als nur Weinköniginnen und Gattinen. Sie sind souverän in der Lage, sich in diesem Berufsstand trotz einer häufigen Mehrfachbelastung zu behaupten. Diese Entwicklung ist, so scheint es, im Burgenland besonders ausgeprägt. «Früher standen die Frauen im Hintergrund, aber von dort aus hielten sie vieles zusammen», weiss Heidi Schröck aus Rust, in deren Weingut sich Kolleginnen aus verschiedenen Regionen einfanden. Sie hat fast 40 Jahre Erfahrung im Weinbau und erkannte damals, dass es von Vorteil sein konnte, wenn man deutlich machte, dass eine Frau hinter den Weinen steckte. «Ich habe dafür gesorgt, dass auch mein Vorname auf den Etiketten stand. Denn es konnte für Weinfreunde interessant sein, dass es in der Branche weibliche Ausnahmen gab.» Irgendwann werden vielleicht drei Namen auf dem Etikett stehen. Denn die beiden Söhne sind inzwischen als Teilhaber eingetragen, die Zukunft des international erfolgreichen Weingutes ist langfristig gesichert.

Mit der Zeit spann Heidi ein kleines internationales Netzwerk, auch mit Hilfe von VINUM. «Wenn ich bei euch eine Geschichte über Weinfrauen in anderen Ländern gelesen habe, habe ich mit ihnen Kontakt aufgenommen und mit etlichen Erfahrungsaustausch betrieben.» Von daher war der Weg nicht mehr weit zur im Jahr 2000 erfolgten österreichweiten Gründung der Vereinigung «11 Frauen und ihre Weine». Drei der vier Aktivistinnen aus dem Burgenland waren in Rust dabei, nur die verreiste Judith Beck aus Gols musste passen. Und eine der Damen musste sich vor Jahren wegen der Betriebsübergabe an den Sohn aus dem Club verabschieden. Was der Weinfrauen-Bund festgelegt hat, liest sich fröhlich: «Wir fahren nicht besser Traktor und pflügen nicht ordentlicher. Wir schneiden die Trauben nicht penibler vom Stock und machen den Wein im Keller weder weniger enthusiastisch noch behutsamer. Aber wenn Frauen Wein machen, kommt Wein dabei heraus, den Männer gern machen würden.»

Das ist schon eine kleine Spitze gegen das angeblich starke Geschlecht. Aber alle Frauen der Ruster Runde können das beweisen mit richtig guten Kollektionen. Selbst wenn sie nicht in voller Verantwortung stehen, mischen sie engagiert mit. Beispiel Heike Heinrich aus Gols: «Ich bin oft im Keller dabei und will wissen, was da abläuft.» Und nebenbei registriert sie ein spezielles Umdenken: «Es freut mich, wenn ich junge Männer sehe, die den Kinderwagen schieben.» Winzertochter Regina Triebaumer, geborene Limbeck, überlässt ihrem Günter in einem Punkt das Rampenlicht: «Er ist halt ein guter Redner.» Der Nachwuchs ist ein   Punkt, der das Winzerinnen-Dasein erschwert. Silvia Heinrich aus Deutschkreutz, einige Jahre alleinerziehend, skizziert das so: «Wenn sich die Grosseltern zurückziehen, bleibt immer weniger Zeit für Präsentationen und Marketing. Mit den Kindern verschieben sich die Wertigkeiten. Es ist immer schwer, die richtige Entscheidung zwischen Beruf und Familie zu treffen.» Oft müssen Frauen sogar mit einer Dreifach- Belastung leben: Die Betriebsführung, die sich nicht in einer 35-Stunden-Woche erschöpft, die Kindererziehung und nicht selten die Betreuung der Eltern.

Winzerinnen müssen gelegentlich sogar mit Vorwürfen der Nachbarschaft leben. Birgit Braunstein, alleinerziehende Mutter von Zwillingen, erinnert sich: «Ich wurde sogar als schlechte Mutter angesehen, weil ich Reben geschnitten habe. Manche alten Bauern kommen mit dem Bild nicht klar, dass eine Frau, die Kinder grosszieht, im Weinberg arbeitet.» Andererseits geben nach Erfahrung der dreifachen, alleinerziehenden Mutter Monika Strehn aus Deutschkreutz «die Kinder richtig viel Kraft». Auch für Fälle, bei denen bei Kundenanrufen jemand nach dem Chef fragt: «In solchen Fällen bin ich regelrecht geladen und muss mich von Tochter Pia bremsen lassen.» Elisabeth Gangl aus Gols hat ein Rezept parat, wie man die Denkweise ändern kann: «Durch Marketing, indem auf allen Fotos die verantwortliche Position der Frau deutlich gemacht wird.» Und indem die Frau, die sonst bei Verkostungen gern übersehen wird, Weinproben für Kunden leitet. «Ich bin dafür fachlich gut gerüstet.» Zufrieden stellt sie fest, dass sich doch im Ansehen der Frauen in der Weinszene einiges zum Positiven hin geändert hat. Die vielfach verbesserte Technik trug zur Arbeitserleichterung bei. «Und man traut uns heute mehr zu als früher», weiss Elisabeth Rommer aus Gols nach gut 25 Jahren Winzerinnen-Dasein. Gern erzählt sie eine Drei-Generationen- Geschichte aus ihrem Familien-Alltag: «Letztes Jahr wollte jemand unbedingt am Ostersonntag, dass ich für ihn eine Weinverkostung mache. Ich habe abgesagt. Dann hat mich mein Enkel abgebusselt, weil er mitbekommen hat, dass die Oma für ihn am Feiertag da ist.»

Heike Heinrich

VON 1,5 HEKTAR AUF 100

An der Seite ihres Gatten Gernot (Jahrgang 1964) hat Heike Heinrich einen auch qualitativ steilen Aufschwung ab Ende der 80er Jahre an der Verkaufs- und Organisationsfront mitgestaltet. Die Rebfläche stieg von einem, auf fünf und heute hundert Hektar durch reichlich Zuwachs vom Leithaberg über die Parndorfer Platte bis zum Seewinkel. Sie unterstützte ihn bei der erfolgreichen Umstellung auf biodynamischen Weinbau (Mitglied in der Gruppe «Respect»), brachte die roten Cuvées «Pannobile» (kreiert von neun Golser Individualisten) aus dem Heinrich-Keller gut unter die Leute und vermarktet aktuell erfolgreich die spannende, stimmige Naturwein-Linie «Freyheit». Hilfestellung geben sieben tatkräftige Praktikanten – «alle weiblich!».

100 HEKTAR, 55 JAHRE JUNG, ZWEI TÖCHTER

Weingut Gernot und Heike Heinrich
A-7122 Gols, Neusiedlersee
www.heinrich.at

 

Jacqueline Klein

WEIN AUS DER PUSZTA

Für ihren originellen Slogan genügen drei Worte: «Klein macht Wein». Die Eltern produzierten zuvor Trauben. Aber mit dem Einstieg ihrer temperamentvollen Tochter Jacqueline mit dem Jahrgang 2010 wurde alles anders. Sie machte die sonnenreiche Nationalparkgemeinde Andau in der «burgenländischen Puszta» als Weinort erst richtig bekannt. 80 Prozent ihrer Weine sind rot. Zweigelt, die Hauptsorte, ist auch ihr persönlicher Liebling. Merlot, Cabernet und Syrah werden ebenfalls geschätzt. Zudem versteht sie sich auf elegante, ausgewogene Cuvées wie ihren Star «SK». Sie hat nichts gegen Opulenz im Wein und mag es zudem «tiefgründig und authentisch».

40 HEKTAR, 34 JAHRE JUNG

Weingut Jacqueline Klein
A-7163 Andau, Neusiedlersee
www.wein-klein.at

 

Regina Trie-baumer

DIE GEIGENSPIELERIN

Sie ist zwar nicht die Winzerin im Haus, das ist der Part von Ehemann Günter. «Ich spiele die zweite Geige», lacht Regina Triebaumer, die im Hintergrund die geschäftlichen Fäden zieht und dabei viel Erfahrung aus der früheren auch internationalen Tätigkeit im Weinhandel einbringt. Sie stammt aus einer Golser Weinbaufamilie, war am Aufbau der Österreichischen Weinakademie beteiligt und half Alois Kracher einst bei der Gründung seines Weinhandels. Seit 2003 führt sie mit ihrem Günter das von seinen Eltern übernommene Weingut, das einen steilen Aufstieg erlebte. Blaufränkisch ist die Hauptsorte, der Rote aus der Riede Plachen der besondere Liebling. Ruster Ausbruch, Furmint und Muskateller zählt das Paar ebenfalls zur «Ruster Kernkompetenz».

26 HEKTAR, 52 JAHRE JUNG, ZWEI TÖCHTER

Weingut Günter
und Regina Triebaumer

A-7071 Rust, Neusiedlersee
www.triebaumer.at

 

Heidi Schröck

PIONIER-STATUS

Sie nennt sich bewusst «Weinbäuerin», weil sie sich am liebsten in den Reben aufhält. Als sie 1983 in das elterliche Weingut einstieg, hatte sie Pionier-Status als eine der wenigen Frauen in Österreichs Weinwirtschaft. Die Weinkönigin des Jahres 1981 absolvierte damals noch diverse, auch internationale Praktika. Aber sie lernte überall schnell und setzte einige Akzente als Gründerin des Netzwerkes «11 Frauen und ihre Weine» sowie als Vorsitzende des «Cercle Ruster Ausbruchs». Letztere edelsüsse Spezialität ist eine ihrer Stärken. Geschickt wirbt sie für sie als Essensbegleiter. Sie trug ausserdem dazu bei, dass der Furmint wieder in Rust heimisch wurde.

10 HEKTAR, 59 JAHRE JUNG, ZWEI SÖHNE (ZWILLINGE)

Weingut Heidi Schröck
A-7071 Rust, Neusiedlersee
www.heidi-schroeck.com

 

Claudia Giefing

POTENZIAL GEKÜSST

Erich Giefing war bis vor gut 25 Jahren Haubenkoch im Restaurant «Backstube», ehe er sich mit seiner Powerfrau Claudia entschloss, das Hobby Wein zum Hauptberuf zu machen. Sie konnten damals alte Anlagen erwerben, die teilweise gerodet werden sollten. Ihr Potenzial küsste vor allem die Gattin wach, die aus der Gastronomie kam, aber schnell das Winzerinnen-Handwerk lernte. Mit radikaler Ertragsbeschränkung und sorgfältigem Ausbau in Barriques katapultierten sich die Giefings in wenigen Jahren in die österreichische Rotwein-Elite und wurden 2014 Mitglied der Renommierten Weingüter Burgenland (RWB). Stars im Sortiment: Blaufränkisch und rote Cuvées (Cardinal).

15 HEKTAR, 49 JAHRE JUNG, EINE TOCHTER

Weingut Giefing
A-7071 Rust, Neusiedlersee
www.wein-rust.at

 

Monika Strehn

3 KINDER UND 50 HEKTAR

Sie war die Jüngste von vier Geschwistern und wuchs in der elterlichen Landwirtschaft auf. Dann wurde geheiratet und drei Kinder kamen zur Welt. Aber der Gatte verabschiedete sich und Monika stand plötzlich mit dem Betrieb und knapp 50 Hektar Reben allein da. Irgendwie schaffte sie es, alles zu bewältigen und das Nachwuchs- Trio auf den Wein-Weg zu bringen. Heute sind Patrick und Andy im Betrieb involviert und akzeptieren, dass Schwester Pia das Weingut ideenreich und mit vielen Marketing-Ideen dirigiert und aktuell Furore mit pfiffigem Rosé macht. «Sie hat einfach Talent», lobt die Mutter, die sich vor allem um die Reben (überwiegend Blaufränkisch) kümmert und sich eine Leidenschaft bewahrt hat: umgestalten und umbauen.

52 HEKTAR, 59 JAHRE JUNG, EINE TOCHTER, ZWEI SÖHNE

Weingut Strehn
A-7301 Deutschkreutz,
Mittelburgenland
www.strehn.at

 

Birgit Braun-stein

SPAGAT GESCHAFFT

Sie war als angehende Winzerin noch blutjung, als Nachwuchs unterwegs war. Die Zwillinge standen nach der Geburt ohne Vater da und Birgit zog die Kinder alleine gross. Die junge Winzerin liess sich nicht unterkriegen, schaffte den Spagat und stellt auf biodynamischen Weinbau um, was ihr zusätzlich Kraft und Inspiration gab («es bringt mir einen innerlichen Frieden, wenn ich meine gesunden, lebendigen Weingärten sehe»). Auf ihrer Rebfläche sind Blaufränkisch, Zweigelt und Pinot Noir die roten Hauptsorten, bei Weiss sind Pinot Blanc und Chardonnay die wichtigsten Reben. Unter «Birgit Pur» wird eine spezielle Linie mit Naturalweinen (teilweise aus Amphoren) offeriert.

22 HEKTAR, 51 JAHRE JUNG, ZWEI SÖHNE (ZWILLINGE)

Weingut Birgit Braunstein
A-7083 Purbach, Leithaberg
www.weingut-braunstein.at

 

Elisabeth Rommer

WERMUT FÜR DIE CHEFIN

Der Onkel hatte Elisabeth Rommer den Betrieb in den 90er Jahren vererbt. Sie hatte von Anfang an das Sagen im Keller, war die unangefochtene Chefin. Ihr Mann Michael kümmerte sich um den Verkauf. Die sorgfältige, schonende Arbeit im Weinberg und Keller mündete in ausgezeichneten Kollektionen. Besonders die kraftvollen, ausgewogenen Zweigelt, Blaufränkisch, Merlot und diverse Cuvées fielen positiv auf. Aktuell muss ein Wermutstropfen verkraftet werden, der Nachwuchs will nicht übernehmen. Die tatkräftige Elisabeth hat jetzt verpachtet, verkauft noch die letzten Jahrgänge selbst. «Und danach suche ich nach einem interessanten Job.»

7 HEKTAR, 60 JAHRE JUNG, EINE TOCHTER, EIN SOHN

Weingut Rommer
A-7122 Gols, Neusiedlersee
www.weingut-rommer.at

 

Silvia Heinrich

KONZENTRATION AUF ROT

Früher hiess das Gut J. Heinrich. Das «J» stand für Vater Johann, der eine gute Basis geschaffen hatte, als Tochter Silvia 2002 nach einer gründlichen internationalen Ausbildung ins Weingut einstieg, 2010 die volle Verantwortung übernahm und Weisswein-Sorten eliminierte. Sie bezeichnet Winzerin als «schönsten Beruf der Welt» und schulterte die Doppelbelastung mit Kindererziehung und Weinbau souverän. Bewirtschaftet werden Toplagen wie Goldberg, Siglos, Hochberg, vielfach mit alten Reben. Hauptsorte ist mit 70 Prozent Flächenanteil Blaufränkisch. Er ist auch Hauptdarsteller der neuen «Silvia Heinrich Edition». Gestartet wurde hier mit einem exzellenten 2015er von Reben aus dem Goldberg, die 1947 gepflanzt wurden. Geheimtipp: der exzellente Rosé-Sekt Magic.

38 HEKTAR, 46 JAHRE JUNG, ZWEI SÖHNE

Weingut Silvia Heinrich
A-7301 Deutschkreutz,
Mittelburgenland
www.weingut-heinrich.at

 

Elisabeth Gangl

ECHTE WEIN-FAMILIE

Sie sieht sich als Teil eines echten Familienbetriebes. Elisabeth hat Gatte Christian Gangl mit eingespannt und freut sich, dass die Eltern Helmut Wendelin und Mutter Elisabeth sowie Schwester Manuela an Bord sind. Unter Führung von Elisabeth betreibt man souverän elf Hektar in bekannten Lagen wie Salzberg, Gabarinza, Ungerberg, Goldberg und Heideboden und bietet ein vielfältiges Sortiment an. Bei den roten Sorten dominiert der Zweigelt. Merlot und Blaufränkisch «Elisa» sind harte Konkurrenten. Bei Weiss schätzt man den spritzig-herzhaften Welschriesling und Grünen Veltliner und liebt Chardonnay. Der 2017er aus Barriques ist vergnügungssteuerpflichtig!

10 HEKTAR, 34 JAHRE JUNG, EIN SOHN, EINE TOCHTER

Weingut Helmut und
Elisabeth Wendelin

A-7122 Gols, Neusiedlersee
www.weingut-wendelin.at