Winzer und Präsident des Consorzio di Tutela del Roero

Francesco Monchiero im Interview

Der Winzer Franceso Monchie­ro ist bereits in der dritten Periode Präsident des Consor­zio di Tutela del Roero, in dem die 233 Weinbaubetriebe der Region zusammengeschlossen sind. Unter seiner Ägide wurde das Konsortium gegründet (2013) und eine Karte mit 135 MGAs erstellt (2017), den geografischen Zusatzbezeich­nungen, die den Besonder­heiten jeder einzelnen Lage des grossen Ursprungsgebietes Rechnung tragen.

Francesco Monchiero, was unterscheidet das Anbaugebiet des Roero – die linke Seite des Flusses Tanaro – von den ande­ren grossen Ursprungsbezeichnungen des Piemont?

Wir haben ein einzigartiges Gebiet, das sich auch stark von den anderen renommierten Anbauzonen des Piemont absetzt. Vor allem sind wir geologisch jünger: Während die Lang­he vor rund neun bis zwölf Millionen Jahren entstanden sind, sind wir erst vor zwei bis drei Millionen Jahren aus dem Urmeer aufge­taucht. Daher sind unsere Böden nicht nur von Mergel geprägt, sondern auch von Sand. Das ist einmalig im Süd-Piemont und sorgt für den speziellen – oft mineralischen – Charakter unserer Weine, allen voran Arneis und Neb­biolo. Im Roero gedeihen aber dank einer grossen Biodiversität nicht nur Trauben, son­dern auch Gemüse und Obst: Erdbeeren und Pfirsiche oder auch der Spargel des Roero sind über die Region hinaus berühmt.

Stichwort Arneis: Mit dieser autochtho­nen weissen Traube besitzt das Roero einen Tausendsassa, der gleichermassen für frische Jahrgangsweine wie für lager­fähige Riservas geeignet ist...

95 Prozent des Arneis weltweit wachsen bei uns im Roero. Die Rebsorte findet hier einer­seits ein ausgezeichnetes Mikroklima und andererseits perfekt geeignete Böden vor. Die sandigen Komponenten sorgen bei den Trau­ben für einen besonderen Ausdruck.

Arneis zeichnet sich auch durch eine grosse Alterungsfähigkeit aus...

Arneis zeigt schon seit langem ein gutes Reife­potenzial. Daher haben wir 2017 die Roero Arneis Riserva geschaffen. Dabei sehen wir nur ein Minimum von 16 Monaten Lagerung vor, bevor der Wein auf den Markt kommt. Er­fahrene Konsumenten schätzen gerade diese Qualität eines Weissweines. Ich bin mir sicher: In Zukunft werden die Arneis Riservas noch viel Aufsehen erregen. Wir selbst haben diese Rebsorte – obwohl es sie seit dem Mittelalter hier gibt – erst vor etwa 30 Jahren entdeckt. Viele Reben sind noch jung, und hier gibt es noch viele Möglichkeiten.

Das Roero ist momentan mehr für seine weisse Variante bekannt, aber auch die rote aus Nebbiolo hat grosses Potenzial...

Insgesamt sind wir als DOCG für Nebbiolo die Nummer drei im Piemont – nach Barolo und Barbaresco –, aber unser Roero DOCG unter­scheidet sich deutlich von den Nebbiolo der Nachbarn. Dank des Sandes lebt der Roero Rosso von seinen Primäraromen, nicht von den Reifenoten. Darüber hinaus hat er einen eleganten Zugang am Gaumen, er ist dank der süssen Tannine nicht aggressiv. Immer mehr Kellereien produzieren heute Roero Rosso, dabei ist die Durchschnittsqualität hoch: Ein Roero Rosso oder auch eine Riserva wird nur mit den besten Trauben produziert.

Gewinnt auch der Önotourismus zuneh­mend an Bedeutung?

Ja, und zwar aufgrund der Vielfalt des Roero, die immer mehr Natur- und Weinliebhaber entdecken: Unsere Rebberge, unsere Dörfer, unsere Rocche sind einzigartig, wir haben her­vorragende Kellereien, aber auch grossartige Küchenchefs, dazu kommen 105 Strukturen, die Übernachtungen für jeden Geschmack an­bieten. Ein neues Projekt sind demzufolge die Percorsi tra i Cru del Roero. Unter diesem Na­men sind bisher vier Touren entstanden, die man zu Fuss oder mit dem Rad bewältigen kann, panorame stupende – beeindruckende Ausblicke – inklusive. Dazu gibt es eine Gratis-App, die einen begleitet und einem auch das Roero und seine Trauben und Weine erklärt. Wir wollen damit das Roero in seiner ganzen Pracht – als Region der Weine, der Natur und des Tourismus – bekannt machen. Das Roero könnte das Burgund Italiens sein.

Wie sieht die Zukunft aus?

Unser Ziel ist es, das Roero in seiner Ganzheit mit all seinen Facetten rüberzubringen, und da ziehen wir im Konsortium an einem Strang. Natürlich haben die historischen Kel­lereien massgeblich zur Entwicklung beige­tragen, aber inzwischen sind die Jungen und damit die neue Generation am Ruder, und diese hat ein ganz neues Selbstverständnis. Sie sieht die Einzigartigkeit und Schönheit unserer Region.