40 Jahre VINUM

Highlights aus 40 Jahren VINUM

Die 80er Jahre

Michail Gorbatschow leitet die Perestroika ein (1987), IBM präsentiert den ersten Personal Computer (1981), die Indiana-Jones-Abenteuerfilme erobern die Kinosäle (ab 1981) und Madonna gelingt mit «Like a Virgin» (1984) der internationale Durchbruch. In Zürich sitzt derweil das erste VINUM-Team hinter seinen «Oldschool»-Schreibmaschinen und kämpft gegen das Informationsmanko in der aufstrebenden Weinszene.

Januar 1980

Achtung, fertig, los!

VINUM-Gründer Rolf Kriesi und seine Mitstreiter führten 1980 eine Agentur für Werbeplanung und Gestaltung in Zürich, die auch Kundenzeitschriften produzierte. In flauen Zeiten tüftelten sie an eigenen Heftideen mit zumeist verschwindend kleinen Realisierungschancen und tranken dabei reichlich Wein. Irgendwann beschlossen sie, ihren Treibstoff selbst zum Thema zu machen, und trafen damit den Nerv der Zeit. Zwar mutet das damalige Layout im Rückblick reichlich altbacken an und bei den ersten Porträts von weinaffinen Promis wählte man nicht etwa «Junge Wilde» wie beispielsweise Dieter «Yellow» Meier, der seine Karriere gleichzeitig mit VINUM begann, sondern lieber altbekannte TV-Orchester-Dinosaurier wie Hazy Osterwald, doch viel wichtiger war: Die VINUM-Autoren brillierten von Anfang an mit Fachkompetenz, Engagement und einer klaren Meinung…


«Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! VINUM bedeutet echtes Lesevergnügen – für «Weineinsteiger» und önologische Professionals gleichermassen. Und vielleicht geht es VINUM wie dem Wein: je gereifter, desto besser...»

Günther Jauch, Fernsehmoderator und Winzer an der Saar


März 1986

Sauschwänzel und nackte Mädels

Das Jahr 1986 läutete VINUM mit einem Paukenschlag ein. Nach fünf Jahren mit eher biederen Covers (Ampelografien, Ofenkacheln, Stiche aus mittelalterlichen Weinbüchern) katapultierte der Zürich Künstler Willi Rieser (1936 bis 2016) das Heft mit seinen akribisch-detailversessenen, vor allem aber auch provokativen Cover-Illus in die Neuzeit. Mit Karikaturen zu Lagennamen aus der Pfalz wie «Venusbuckel» oder «Sauschwänzel» (3/1986) oder mit nackten Mädels im Pariser Art-Deco-Stil der 20er Jahre zum Artikel «Die Verführung des Champagners» (7/1986) scheuchte er die VINUM-Leser aus ihren Fauteuils. Zwar sollte die Cover-Kunst-Phase von VINUM bis 1994 dauern, doch so explosiv wie im ersten Jahr gerieten die Illus danach nicht mehr.


Die Geschichte von VINUM ist eine Abfolge von Erfolgen – wie alle Geschichten, die Frucht einer grossen Passion sind: in diesem Fall die ihres Gründers Rolf Kriesi für Italien. Wir waren immer voller Respekt für VINUM, die uns bei unseren wichtigsten Etappen stets begleitet hat: von der Geburt des Luce, der in diesem Jahr 25 Jahre feiert, bis zu unserer Entscheidung, die verschiedenen Terroirs von Frescobaldi separat zu interpretieren. Saison um Saison war die Zeitschrift eine Stimulans für viele Winzer, immer besser zu arbeiten; uns hat sie angespornt, uns Jahr für Jahr selbst zu überbieten.

Lamberto Frescobaldi, Marchesi de Frescobaldi/Toskana


März 1987

Gelobter Dreck

Die vermeintlich dreckigen Fingernägel eines Winzers aus Rheinhessen auf dem Titel eines Wein-Lifestyle-Magazins, das gefiel einigen Lesern ganz und gar nicht. Doch VINUM-Gründer Rolf Kriesi fand für die Kritiker klare Worte: «Nein, wir schämen uns dieses Titelfotos nicht. Im Gegenteil: Erde ist etwas Kostbares, für das wir Sorge tragen sollten. Ohne Erdverbundenheit gibt es keinen Wein. Und ohne arbeitende Hände ebenso wenig», schrieb er. Und liess auch wissen, dass all jene, die lieber synthetischen Wein aus Fabriken hätten, dargereicht von perfekt manikürten Werbehändchen, bei VINUM an der falschen Adresse seien.


VINUM fährt treu die Linie seines Gründers Rolf Kriesi, den ich noch persönlich kennengelernt habe. VINUM bedeutet für mich Präzision, Objektivität, Offenheit, auch Originalität. Ich finde dort die pure Luft des schönen Landes wieder.

Christian Moueix, Établissements Jean-Pierre Moueix, Libourne


Juli 1987

Eine Pfütze als Neuanfang…

Das umgekippte Glas und die Pfütze aus wässrig hellrotem Rebensaft auf dem Cover haben die älteren Südtiroler Winzer bis heute nicht vergessen. Rudi Knoll las in seinem damaligen Artikel der Südtiroler Weinbranche wegen ihrer Überproduktion von ausdrucks- und seelenlosen Weinen kräftig die Leviten. Heute gilt der Artikel als eines der Puzzleteilchen, das schliesslich zur Qualitätsrevolution in den folgenden Jahren führte. Eine ähnliche Rolle spielte VINUM auch beim Umbruch im Tessin. Die Redaktion kritisierte die Dominanz der nichtssagenden «Boccalino-Weinchen» und hob einige junge Winzer aus der Deutschschweiz wie Werner Stucky, Christian Zündel, Daniel Huber oder Adriano Kaufmann auf den Schild, die mit anspruchsvollen Crus nach Bordeaux-Manier zu den Vorreitern der neuen Tessiner Spitzenweine avancierten. Mit solchen Artikeln etablierte sich VINUM ab 1987 zunehmend als Anwalt des qualitätsorientierten Terroir-Weins. Übrigens: Die jungen Wilden von damals sind heute schon mehrheitlich in Rente…


Die 90er Jahre

Das Mobiltelefon und das World Wide Web erobern die Welt, Prinzessin Diana wird zu Grabe getragen, die Jugend hört Grunge und Britpop und Pete Sampras sitzt auf dem Tennis-Thron. Auch VINUM tritt ins digitale Zeitalter ein und positioniert sich kritisch gegenüber den von US-Kritikern wie Robert Parker propagierten Power-Weinen.

Mai 1990

Bye-bye, Weinland DDR

Deutschland war noch nicht wiedervereint, als Rudi Knoll die Frage stellte: «Ist der 1989er vielleicht der letzte DDR-Jahrgang? Er sollte Recht behalten. Übrigens: Viele Weinfreaks merkten erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, dass Wein auch in der DDR angebaut wurde. Rudi Knoll freilich hatte die DDR-Weinszene schon 1984 für VINUM erkundet. Nach dem Fall der Mauer war die Zeit reif für eine Neuauflage dieser Visite.

Mai 1992

Schwein gehabt

«Der Musketiere aus Madiran» mit dem Schwarz-Weiss-Bild des ansonsten von Robert Dieth farbig fotografierten Artikels über Alain Brumont als Schweineschlachter führte letztlich dazu, dass die Schweiz (gemeinsam mit Kanada) eine Zeitlang zum wichtigsten Exportmarkt dieses unbequemen Winzers wurde. Off-Kommentar Brumont: «Da versuchten wir, das Image eines Château-Weins aufzubauen, und wollten mit Bordeaux-Machern verglichen werden, und dann kam da dieser langhaarige Journalist und machte ein Bild, das mich als bodenständigen Bauern outete. Doch ausgerechnet dieses Bild wurde zur Basis unseres Erfolgs auf dem deutschsprachigen Markt.»

Juni 1994

20 Seiten über nichts?

Vor 25 Jahren lag das Languedoc für die deutschschreibende Weinpresse noch weiter entfernt als der Mond. Das grösste Weingebiet der Welt, ja – aber gab es da wirklich Winzer, die man kennen sollte? Ja, meinte der damalige, in Frankreich lebende VINUM-Chefredakteur Rolf Bichsel, doch VINUM-Herausgeber Rolf Kriesi war skeptisch. Schliesslich publizierte VINUM ein 20-seitiges Languedoc-Special und präsentierte rund ein Dutzend Charakterköpfe und ihre Crus. Und siehe da: Kurze Zeit später waren diese Languedoc-Winzer-Persönlichkeiten auch im Handel präsent.

November 1995

Vier Fäuste für ein Halleluja!

Es war eines der hochkarätigsten Weinpakete, welche jene VINUM-Leser, die auch Mitglied des Club les Domaines waren, bekommen haben. Und zwar aus der damals noch weitestgehend unbekannten spanischen Region Priorat. José Luis Pérez (Mas Martinet), Carles Pastrana (Clos de l‘Obac), Alvaro Palacios (Clos Dofi) und René Barbier (Clos Mogador) traten in diesem Degupaket gemeinsam auf und verhalfen so ihrer Region gemeinsam zum Durchbruch im deutschsprachigen Markt.

Mai 1997

Terroir forever

Einige Themen ziehen sich durch die VINUM-Historie wie ein roter Faden: etwa die Frauen, welche die Weinwelt erobern, das richtige Mass Holz im Wein, die Rettung der Steillagen und vor allem: Terroir, das letzte Weingeheimnis. Im grossen Terroir-Dossier von VINUM-Herausgeber Rolf Kriesi provozierte der französische Mikrobiologe Claude Bourguignon mit der Aussage, dass in manchen Rebbergsböden des Burgund nicht mehr mikrobiologische Aktivität festzustellen sei als im Sahara-Sand. Der Artikel provozierte mehr als 50 Leserbriefe. Ohne Frage tragen die Winzer für ihre Böden heute mehr Sorge als damals. Trotzdem hat das Terroir bis heute seine letzten Geheimnisse nicht verraten… Zum Glück!


«VINUM begleitet unser Weingut schon über mehrere Generationen. Ich bin praktisch damit aufgewachsen. Da gab es viel Entwicklung, Höhen und Tiefen, und noch immer behauptet sich VINUM als eine der besten Wein-Zeitschriften im deutschen Sprachraum. Ein Kompliment für diese 40 Jahre dauernde Leistung auf höchstem Niveau.»

Clemens Lageder, Winzer in Magreid im Südtirol


Juni 1998

Ein Heft wird grün

Schon 1983 widmete VINUM dem damals noch sehr «zarten Pflänzchen» Biowein einen Hauptartikel. 1998 folgte dann ein eigentliches Bio-Sonderheft. VINUM organisierte dafür eigens ein Symposium mit rund 25 Bio-Winzern in der Provence, von dem das Schweizer Radio täglich berichtete. Zudem wurde ein erster Biowein-Einkaufsführer lanciert. Die geballte Kommunikations-Ladung stärkte den einsetzenden Aufschwung des ökologischen Weinbaus.

Juli 1998

Sonne, Schinken, Sherry

Von Beginn an engagierte sich VINUM für eigenständige Wein-Stilistiken und Spezialitäten, selbst wenn der Umfang der Berichterstattung umgekehrt proportional zur wirtschaftlichen Bedeutung dieser Weine stand. Ein Beispiel war das 33-seitige Spezial über das andalusische Abenteuer Sherry.


Die 00er Jahre

Der Fantasy-Boom erreicht mit «Harry Potter» und «Der Herr der Ringe» seinen Höhepunkt, Facebook definiert das Wort Freundschaft neu und im Tennis beginnt die Ära von Roger Federer. VINUM setzt sich mit der Internationalisierung der Wein-Szene auseinander, die in dieser Dekade ihren Höhepunkt erreicht.

Juli 2000

Hinfahren, schauen, berichten!

Gut zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs beschlagnahmten VINUM-Journalist Thomas Vaterlaus und der Fotograf Daniel Höhn das VINUM-Auto und erkundeten den neuen Weinbau in Slowenien, der Slowakei, Ungarn, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Nach zwei Wochen und 4000 Fahrkilometer war klar: Eine neue Winzergeneration hatte die Lethargie des Sozialismus bereits wieder überwunden und knüpfte an das Erbe ihrer einst privatwirtschaftlich organisierten Grossväter an: als selbstkelternde Winzer von Qualitätsweinen.

Mai 2002

Johnson gegen Parker

Eigentlich befasst sich VINUM nicht mit Mitbewerbern im Weinjournalismus. Das Parallelinterview mit Hugh Johnson und Robert M. Parker war die Ausnahme. Dass der Vermittler Johnson und der Bewerter Parker das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben, wurde schnell klar. Immerhin verriet der damals als Sphinx geltende Parker auch Persönliches. «Als Anhänger von Neil Young seit seinen ersten Auftritten mit Buffalo Springfield Ende der 60er Jahre könnte ich sicherlich all seine Alben und wahrscheinlich auch seine Livekonzerte – wenn ich denn alle gesehen hätte – auf einer 50-bis-100-Punkte-Skala bewerten. Einige seiner Alben sind eindeutig besser als andere. Dasselbe gilt für Wein», sagte er.

April 2005

Die Läuterung des Brunello

Allerweltswein oder Authentizität? VINUM sah Montalcino am Scheideweg und manche Winzer nahmen gegenüber Autor Christian Eder kein Blatt vor den Mund, kritisierten das Anpflanzen an ungeeigneten Lagen und den Verlust von Typizität. Das führte zu heissen Diskussionen am VINUMStand an der Vinitaly. Zwei Jahre später berichtete die italienische Wochenzeitung «Espresso» von Panschereien in verschiedenen italienischen Regionen und prangerte dabei auch Unregelmässigkeiten in Montalcino an. Der Skandal führte zu einer Läuterung in Montalcino und schliesslich zu einer Entwicklung hin zu mehr Authentizität.


Die 10er Jahre

Das Thema Klimawandel gewinnt an Bedeutung. Auch Geniesser ernähren sich zunehmend vegetarisch oder vegan. Das bis heute höchste Bauwerk der Welt, der Buri Khalifa in Dubai, wird eingeweiht und Bob Dylan erhält den Nobelpreis für Literatur. VINUM begleitet nun eine Weinszene, in welcher der biologische Anbau und ein Minimum an Interventionen im Ausbau die Diskussionen prägen.

März 2013

Helden von gestern!

Als einschlägige Weinhändler im Redaktionsprogramm 2013 das Thema Supertoskaner entdeckten, wurden wir mit Spott eingedeckt. «Was wollt ihr denn mit dieser uralten Geschichte?», fragen sie. Was sie nicht wussten: Wir planten den Abgesang dieser komplett abgedroschenen Bezeichnung, welche US-Kritiker um Robert M. Parker gepusht hatten, weil die Amerikaner ja alles lieben, was super ist: Die Superbowl, die Superstars, die Supermodels und weiss der Geier was noch alles. Das Cover mit dem abgehalfterten Held sagte fast schon alles…

Dezember 2013

Voodoo oder nur reiner Wein?

Noch bevor die Diskussionen um maischevergorene Weissweine und ungeschwefelte Crus die ganze Weinszene erdbebenähnlich erfassten, ohne aber bis heute eine wirtschaftlich signifikante Bedeutung zu erlangen, behandelte VINUM die Thematik in einem 18-seitigen Dossier. Das VINUM-Team zeigte dabei durchaus Sympathien für einen An- und Ausbau nach dem Reinheitsgebot, forderte aber für die Konsumenten klar nachvollziehbare Standards. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

September 2014 und Oktober 2019

Raumland schlägt Champagne

Seit der Einführung im Jahr 2013 gehören die regelmässig stattfindenden Profipanel-Blindverkostungen zu den meistbeachtetsten VINUM-Artikeln. Denn die Wahrheit im Glas schlägt so manches Vorurteil. So auch beim Zéro Dosage-Panel vom September 2014, in dem der Blanc de Noirs Brut 2007 vom Sekthaus Raumland die Prestige-Champagner von Veuve Fourny, Vouette et Sorbée, Egly-Ouriet oder Jacques Selosse schlug. Oder im Rhône-Blend-Panel vom Oktober 2019, wo sich Tinata 2014 von Monteverro aus der Toskana vor den Crus aus Châteauneuf-du-Pape, Barossa Valley oder dem Priorat klassierte.