Marktschau: Tawny Port

Mahagoni, Bernstein, Lohfarben

Degustation: Ursula Geiger und Sigi Hiss, Text: Ursula Geiger, Foto:  iStock / vuk8691

Leute, trinkt mehr Portwein! Probiert es einfach einmal aus. Freut euch auf die komplexen Noten von Dörrobst, Nuss- und Mandelkern. Lasst die feine Süsse über die Zunge gleiten, esst einen Schoggikuchen dazu oder schmaucht eine fette Zigarre, während der Tawny lohfarben im Glas schimmert.

Wenn es einen Weintyp gibt, der dringend die Fürsprache der Genussjournalisten braucht, dann ist es Portwein. Besonders die fassgereiften Qualitäten, die im Hype der Vintage-Deklarationen oft (zu Unrecht) in die zweite Reihe gedrängt werden. Vielleicht empfinden moderne Weintrinker den verstärkten Wein als zu altehrwürdig. Schliesslich locken moderne Weinabenteuer wie schwefelfreie Weine oder die wiederauf­erstandenen Pét Nats, deren Aufmachung frisch, unkompliziert und ein wenig verwegen ist. Wer hat dann schon Lust auf dunkle, oder gar satinierte Flaschen mit einem vermeintlich komplizierten Getränk, das nur Kennern vorbehalten scheint. 
Oder man kann sich den Anlass nicht vorstellen, zu dem eine solche gewichtige Bouteille passt, immerhin sind 20 Vol.-% Alkohol und viel Süsse am Gaumen im Spiel. Dabei ist der Genuss von Portwein die einfachste Sache der Welt: Portwein passt immer. Er begleitet reifen Käse, passt zu Nüssen, auch einmal zum Roggenbrot mit Butter und Rohschinken und mundet zum Schokoladen-Lava-Törtchen besser als ein Corretto Grappa. Auch als Feierabendschluck ist fassgereifter Port eine Wucht. Und ergiebig, denn die angebrochene Flasche hält sich bis zu vier Wochen problemlos im Kühlschrank. Auch das Argument, Tawnies und Co. seien nur in der kalten Jahreszeit ein Genuss, stimmt so nicht. Das Glas Tawny macht die Zigarre auf dem Liegestuhl im Schatten erst perfekt. Möglicherweise schreckt der Preis. Tawnies, über Jahrzehnte hingebungsvoll gepflegt, haben ihren Preis. Doch wer das Abenteuer Portwein endlich einmal wagen möchte, kauft eine Demi-Bouteille und zahlt die Hälfte. Hat einen das Virus gepackt, greift man für einen Colheita seines Jahrgangs auch gerne tiefer in die Tasche und geniesst das wohlige Schauern, wenn Nüsse, Dörrobst und Umami die 
Sinne berühren.

Zahlen und Fakten

Der Absatz von Portweinen wird vom «Instituto dos Vinhos do Douro e Porto» statistisch akribisch aufbereitet, und zwar halbjährlich. Der wichtigste Markt für Portwein ist Frankreich, mit neun Millionen Litern im ersten Semester 2018. Fast doppelt so viel wie in Portugal selbst abgesetzt wird. Dafür trinken die Portugiesen in Relation zum Absatz die besseren Qualitäten, nämlich fast eine Million Liter, Tendenz steigend. Das Vereinigte Königreich als «Portweinland» schlechthin rangiert auf Platz 5 hinter den Niederlanden und Belgien.

Reife und Genuss

Tawnies und Colheitas (Tawnies eines bestimmten Jahrgangs) gehören zu den fassgereiften Portweinen. Oxidation ist hier erwünscht und hat viel Einfluss auf Farbe, Aromatik und die Feinheit der Textur am Gaumen. Klassisch lagern Tawnies in der Pipe, dem 550-Liter-Fass. Tawnies und Colheitas reifen in der Flasche kaum mehr nach. In der Regel ist das Abfülljahr auf dem Etikett vermerkt. Die angebrochene Flasche hält sich im
­Kühl­schrank bis zu vier Wochen. Die ideale Trinktemperatur liegt zwischen 12 und 16 Grad Celsius.

Die Verkostung
Bei dieser Verkostung beschränkten wir uns auf aktuell am Markt verfügbare Weine. Die Muster wurden verdeckt verkostet und stammen von Weinhändlern, die dem VINUM WineTradeClub angehören. Mitglieder werden regelmässig über die Themen der Marktschau informiert. 
www.vinum.eu/wine-trade-club

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