Seitensprung Guide Wermut

Wein, Kräuter & Co.

Degustation: Nicole Harreisser, Kaspar Fenkart, Text: Nicole Harreisser

Mit Kräutern versetzte Weine wie der Wermut blicken auf eine sehr lange Tradition zurück. So war es bei den Römern schon gang und gäbe, Weine zu aromatisieren, wenn auch auf etwas rustikalere Weise. Jetzt zeichnet sich ein neuer Trend ab, der auf die Ansprüche der Konsumenten eingeht, die eine neue Leichtigkeit mit erhöhtem Genussfaktor erwarten.

Bitter ist angesagt: Die Ursprünge des «modernen» Wermut, im englischen Sprachraum Vermouth, finden sich in Italien, als Antonio Benedetto Carpano im Jahr 1786 auf der Suche nach einer anspruchsvollen, aber leichten Alternative für Frauen zu dem damals sehr herben Rotwein suchte und Wein mit Zucker, verschiedenen Kräutern und Karamell versetzte. Sein Rezept nennt sich Antica Formula, das auch heute noch unverändert in der Produktion angewendet wird. Auch in Frankreich stehen gespritete Weine hoch im Kurs und haben ihren Weg in den Alltag gefunden. Eine Unterscheidung gibt es hinsichtlich der beiden Länder: Italienischer Wermut ist süsser als sein französisches Pendant. Derzeit rückt der Wermut immer mehr in den Fokus, als Cocktailzutat und immer mehr pur.

Bitter ist (wieder) angesagt

Nach den goldenen Zeiten um die Jahrhundertwende folgten immer wieder karge Zeiten für Wermut, sei es aufgrund anderer Prioritäten nach dem Zweiten Weltkrieg oder der protestierenden Abwendung der Hippie-Bewegung von den Getränkender Eltern. Gegenwärtig kommt es zu einer Renaissance. Nicht mehr nur die traditionellen, klassischen Marken drängen nach vorne, immer mehr artisanale Wermuts landen in den Bars.

Dem Wein als Basis werden mit Gewürzen, Kräutern und Früchten neue Geschmacksnoten verliehen, und das Spannungsfeld für Cocktails ist nahezu unbegrenzt. Die klassischen Wermut-Cocktails bekommen mit der neuen Geschmacksvielfalt einen modernen Impuls. Der Alkoholgehalt spielt nur eine untergeordnete Rolle, vielmehr ist die Komposition von Süsse, Bitteraroma und auch Säure entscheidend. Feine, ganz leichte, fast nicht aufgespritete Wermuts sind perfekt für den sommerlichen Aperitif, aber auch höhere Alkoholgrade treten bei gelungener Harmonie der einzelnen Komponenten in den Hintergrund. Das Spektrum reicht von spritzig-mineralisch über intensive Fruchtnoten bis hin zum animierenden Bitteraroma. Süffig, leicht und manchmal voll und schwer, eine grosse Vielschichtigkeit zeichnet den Wermut aus. Längst ist der Trend von den angesagten Bars in New York und London in die Bars Deutschlands, Österreichs und der Schweiz geschwappt. Ähnlich dem Craft Bier werden neue Marken positioniert. Längst nicht in dem Umfang wie Gin, aber immer mehr neue Produzenten kommen auf den Markt. Teils haben Weingüter selbst diese Nische für sich entdeckt, aber auch Wermut-Liebhaber haben sich der Produktion ihres eigenen Getränks verschrieben und tüfteln am Abend am besten Rezept. Spannend ist es auf jeden Fall, wie unser Verkostung gezeigt hat.

Die Verkostung

Die Muster forderten wir direkt bei den Produzenten an. Alle Wermuts wurden in der Redaktion in Zürich verdeckt verkostet. Dafür wurden die Produkte in neutrale Glasflaschen umgefüllt. Verkoster Kaspar Fenkart ist Gastronom und Barprofi. Als Mitinhaber der Central Bar, Zürich steht er auch hinter dem Tresen. Auch in zwei weiteren
Betrieben ist er vertreten, die Sport Bar und ganz neu das WERMUT.

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