Weingut Pichler-Krutzler, Wachau

Machtwort vom Schwiegervater

Text: Rudolf Knoll

Vor knapp zehn Jahren tauchte ein neuer Name unter den Weingütern in der Wachau auf, der mit seiner Kombination schnell Aufmerksamkeit erregte. Pichler kannte man vom berühmten «F.X.», im Südburgenland war Krutzler ein Qualitätsgarant. Daraus wurde Pichler-Krutzler mit Sitz in Dürnstein-Oberloiben.

 

Irgendwann sprach der Schwiegervater ein Machtwort, als er der Meinung war, dass seine Tochter Elisabeth und ihr Mann Erich allzu lange hin und her überlegten, wo sie denn sesshaft werden sollten. Denn der gebürtige Südburgenländer hatte beruflich eine gute Beziehung zu Slowenien geknüpft, war aber immer noch etwas in der Heimat verwurzelt und dachte über eine Betriebsgründung oder Partnerschaft mit einem Winzerfreund in der Region Eisenberg nach. Dann tendierte er mit seiner Frau etwas zu Krems, fand aber hier keine passenden Weinlagen. «Is’ doch a Blödsinn, dass ihr net in die Wachau geht!», wetterte Franz Xaver Pichler, die prominente Winzerlegende aus Oberloiben bei Dürnstein. Gesagt, getan. Es fand sich für Erich Krutzler und Gattin Elisabeth Pichler-Krutzler nicht nur eine Bleibe mit Möglichkeit für den Weinausbau im Altersruhesitz von «Effix» und seiner Gattin Rudolfine (nur einen Steinwurf ortseinwärts vom Weingut F.X. Pichler entfernt, das seit etlichen Jahren von Junior Lucas geführt wird). Der Schwiegerpapa half damals, vor zehn Jahren, auch finanziell ein bisschen, so dass das Weingut Pichler-Krutzler als Neuling in der Wachau recht gut gestartet ist.

Langsam kam etwas Rebfläche zusammen, mal durch Kauf, mal durch Pacht. Inzwischen ist das Paar bei 10,5 Hektar angelangt. Besucht man die beiden, wird man schnell freundlich vom Nachwuchs begrüsst. Drei Kinder (Luise, Xaver, Corvin) sind es inzwischen, sehr zur Freude der stolzen Oma Rudolfine Pichler, die in den letzten Jahren ausserdem – so Erich Krutzler – «unsere wichtigste Arbeitskraft in den Weinbergen ist. Sensationell, was sie leistet.»

Turbulente Jahre

Der 48-Jährige denkt an turbulente Jahre zurück. Sie begannen genau genommen schon in der Jugend, als Vater Hermann Krutzler (Jahrgang 1938) in Deutsch Schützen neben etwas Weinbau Landwirtschaft betrieb und Schweine im Stall hütete. «Ich war aber immer gern im Weinkeller und habe schon 1984 als 16-Jähriger mein erstes Fasserl Blaufränkisch ausgebaut.» Es war die Zeit, in der sich der Vater auf Rotwein gehobener Qualität konzentrierte und bald darauf die Verantwortung im Keller den Söhnen Reinhold (Weinbaumeister) und Erich (studierter Gärungstechniker) übergab. Erich galt damals schon als Tüftler, der einen eigenen Versuchsweingarten anlegte, um eine Spielwiese für Experimente zu haben.

Seine Elisabeth registrierte er 2011 das erste Mal, als er in Wien den Titel «Rotwein des Jahres» für die 1999er Cuvée Perwolff (alte Ortsbezeichnung von Deutsch Schützen, hauptsächlich Blaufränkisch, etwas Cabernet Sauvignon) entgegennahm und eine fröhliche junge Dame erblickte, die einige Pokale für ihren Vater F.X. Pichler abschleppte. Vorher hatte sie Rechtswissenschaft studiert, war in England im Weinhandel tätig und jobbte dann bei der Weinmarketing Österreich, wo man es schätzte, dass sie zwei Fremdsprachen (Englisch, Französisch) beherrschte. Kontakte zwischen den beiden gab es immer wieder, irgendwann funkte es dann entscheidend. Da aber hatte Erich, einer von drei Buben, bereits im elterlichen Betrieb die Regie seinem Bruder überlassen. «Es fiel mir nicht ganz leicht, es dauerte einige Jahre, bis ich mich loslösen konnte», erzählt er im Rückblick.

«Nur mit gesundem, nicht zu hochgradigem Traubenmaterial lassen sich tolle Weine mit viel Trinkfluss erzeugen.»

Erich Krutzler Winzer

Doch er fand als anerkannter Weinmacher schnell eine neue, reizvolle Aufgabe und wurde 2001 Betriebsleiter im slowenischen Weingut Dveri-Pax, das zum Unternehmens-Imperium des österreichischen Benediktinerstiftes Admont gehört. «Das war für mich damals eigentlich ein Job für das ganze Leben», erinnert er sich. Er brachte das Weingut sehr gut voran und hörte zudem 2005 mit Elisabeth Hochzeitsglocken läuten. Aber 2006 gab es eine Neuorganisation, mit der er sich nicht abfinden konnte. Erich warf das Handtuch und stieg beim jungen slowenischen Weingut Marof ein, dem er ebenfalls schnell Profil gab. «Es war eine verrückte Zeit», erzählt Erich Krutzler. «Ich wollte so oft wie möglich bei meiner Frau und den Kindern sein, hatte aber meinen Arbeitsplatz in Slowenien. Oft bin ich um drei Uhr morgens in der Wachau losgefahren und am Abend wieder zurück. Das waren im Jahr 80 000 Kilometer und jede Menge Strafzettel.»

In der slowenischen Endphase hörte er dann auf Schwiegervater Franz und begann neben seinem Auslandsjob mit dem Aufbau eines eigenen Weingutes. 2007 war der erste Jahrgang. Da er in Slowenien viel mit Weisswein gearbeitet hatte, bereitete dem einstigen Rotweinmacher die Vinifikation von Riesling, Grünem Veltliner und etwas Weissburgunder keine Schwierigkeiten. Die Sehnsucht nach Rot kann er nach wie vor befriedigen mit dem Ertrag einer kleinen Blaufränkisch-Flur in Eisenberg. Die geschliffenen, ungekünstelten, mineralischen und betont herben Weissweine fanden schnell ihre Freunde, auch im Ausland und im Handel.

Im Weinberg arbeitet Krutzler eher konventionell. Aber er betreibt viel Bodenbearbeitung und achtet auf eine geringe Verdichtung des Bodens. Auch beim Ausbau gibt es keine Geheimnisse. Wichtig ist ihm vorsortiertes, gesundes, nicht zu hochgradiges Traubenmaterial. Ausgebaut wird im Stahltank (hier mit Reinzuchthefe), ansonsten meist mit Spontangärung im grossen Holzfass. Wichtig ist ihm der Trinkfluss. Das «Pichler» im Weingutsnamen war keine Hilfestellung. «Es gibt ja mehrere Pichlers in der Wachau», weiss der hochgewachsene Winzer mit dem Dreitagebart. Eine gewisse Neugierde mag eine Rolle gespielt haben. «Aber wir müssen schon auf eigenen Beinen stehen», macht er deutlich. Aktuell tut er das mit einem prächtigen Jahrgang 2015, bei dem schon die Basisweine entzücken und die jetzt bereits tiefgründigen, vielschichtigen Fassproben der Lagenweine Grosses erwarten lassen.

Weine des Winzers

 

Riesling Wunderburg 2012

100% Riesling | 2016 bis 2025

Klassischer, erst Anfang November geernteter Riesling aus einer Flur in der Toplage Dürnsteiner Kellerberg. Bezaubernde Aromatik mit delikater Aprikose; zarte Mineralik im Geschmack, vielschichtig und elegant, fast cremige Anmutung.

Mariage: Rahmschnitzel, Vitellotonnato, Hummer, Krebs, Zander mit sahniger Sauce

 

Grüner Veltliner Supperin 2013

100% Grüner Veltliner | 2016 bis 2025

Prototyp eines klassischen «Grünen», enorme, aber feine pfeffrige Würze im Duft; komplex, mit jugendlichem Temperament und langem Abgang. Stammt aus einer kleinen, wenig bekannten Riede, deren Potenzial mit diesem Wein erkennbar wird.

Mariage: Wiener Schnitzel, Fischgerichte, Spargel, würziger Käse

 

Blaufränkisch Weinberg 2013

100% Blaufränkisch | 2017 bis 2025

Natürlich kein Wein aus der Wachau, sondern aus Erich Krutzlers südburgenländischer Heimat, wo er auch abgefüllt wird. In der Nase typische Brombeere; im Geschmack straff, sanfter Druck, reife Gerbstoffe, lang im Abgang. Unfiltriert gefüllt.

Mariage: Wildgerichte, Gans, herzhaftes Gulasch