Unique Wineries of the World – Deutschland

Weingut Deutzerhof

Text: Rudi Knoll, Fotos: z.V.g.

Zuhause in steilen Fluren an der Ahr

Im Jahr 1977 entschloss sich ein angehender Steuerberater zu einem radikalen Berufswechsel. Wolfgang Hehle heiratete Hella Cossmann, Winzertochter in einem alteingesessenen Betrieb in Mayschoss. Er gab seinen Beruf auf und wurde Winzer. Als engagierter Seiteneinsteiger krempelte er einiges um und erkannte sehr schnell das auf Schieferböden reifende Potenzial des Spätburgunders an der Ahr. Wolfgang Hehle wechselte die Stilrichtung hin zu betont herben und trockenen Rotweinen. Im Weinberg arbeitete er naturnah und errichtete 1980 am Ortsrand von Mayschoss, direkt am Mönchberg gelegen, ein neues Weingut: den Deutzerhof. Bald wurde dieser Name allseits gut bekannt, auch durch einen Erfolg beim Deutschen Rotweinpreis von VINUM im Jahr 1992. 1994 wurde das Weingut Mitglied im VDP.

2001 lernte Hehle den Sommelier Hans- Jörg Lüchau kennen, der zur Weiterbildung ein Jahr Praktikum im Deutzerhof machte und anschliessend nicht wieder in seinen alten Beruf wechselte. Die Faszination des Winzerberufs lies Lüchau nicht mehr los. So wurde er zum wichtigen Partner für Hehle, absolvierte die Winzergesellenprüfung und vollendete 2014 die Ausbildung zum Winzermeister. Nach dem Tod von Wolfgang Hehle im Jahr 2013 machte die Witwe Hella mit Hans-Jörg Lüchau als Betriebsleiter und Kellermeister weiter.

«Wir wollen Spätburgunder mit Eleganz und Finesse, aber auch mit Frucht und feiner Mineralität.»

Jürgen Doetsch

Der neue Weinmacher veränderte die Stilistik nur wenig, hin zu mehr Frucht und eleganteren Facetten. Die Spontangärung wurde beibehalten, ebenso die schonende Behandlung der Jungweine im Keller und der gezielte Ausbau im Stahl, klassischen Holzfass oder in Barriques. 2015 holte sich Lüchau den Weinbautechniker Christoph Hoffman ins Team, um mit dessen Hilfe die arbeitsintensiven 6,5 Hektar Steillagen optimaler und naturnäher zu bearbeiten.

Im Januar 2020 hat Hella Hehle das Weingut an einen langjährigen Freund der Familie, den Weinliebhaber Jürgen Doetsch aus dem nahen Andernach verkauft. Der erfolgreiche Unternehmer ist mit spürbarer Begeisterung und Leidenschaft jetzt auch Chef eines Weingutes und hat gleich nach seinem Einstieg in neue Weinbergsmaschinen und in die Kellertechnik investiert. Anfang November 2020 wurde der Bau einer neuen Vinothek mit Blick auf den Mönchberg in Angriff genommen.

Jürgen Doetsch sieht das Weingut mit seinen alten Rebstöcken in besten Lagen auf einem guten Weg. «Wir wollen Spätburgunder mit Eleganz und Finesse, aber auch mit Frucht, die sich mit der feinen Mineralität der Ahrböden verbinden. Der Einsatz unserer Barriquefässer soll die Weine in ihrer Entwicklung unterstützen », zeigt er sich überzeugt.

Diese Devise gilt übrigens auch für alle anderen roten Rebsorten des Weingutes sowie den erstklassigen, geschliffenen Chardonnay aus Heimersheim, bei dem die Anbaufläche 2021 etwas erweitert werden soll. Aber mit 85 Prozent Flächenanteil des Burgunders, davon 13 Prozent Früh- und 72 Prozent Spätburgunder, bleiben diese Rotweinsorten, die natürliche DNA der Ahr, auch beim Deutzerhof im Mittelpunkt aller Anstrengungen.

Drei Spitzenweine

2018 Spätburgunder

Der Einstiegs-Burgunder, der mit diesem Niveau in vielen Betrieben das Aushängeschild wäre. Er kommt nach dem Ausbau im grossen Holzfass erst im April auf den Markt. Delikate Frucht mit zarter Mineralik; geschmeidig, saftig, viel Spiel und ein beachtlich langer Abgang.

2018 Ahrweiler Caspar Spätburgunder Alte Reben

Bindeglied zwischen dem Gutswein und den Gewächsen aus den Grossen Lagen. Klassische, kühle Cassis im Aroma; feiner Schliff, ungemein würzig, mit raffinierten Elementen und einer feinen Säure. Von über 50 Jahre alte Reben.

2018 Altenahrer Eck Spätburgunder VDP.Grosses Gewächs

Das Sahnehäubchen der Weine aus den Grossen Lagen. Cassis pur im Duft; feiner Schliff und viel mineralische Elemente von der Schiefer-Unterlage in extrem steilen Terrassen, zudem sehr geschmeidig, ausdauernd. Hat ein Riesenpotenzial für die nächsten Jahrzehnte.