Zeitreise im Etschtal

Kellerei Terlan 2019 bis 1955

Das Dörfchen Terlan im Etschtal westlich von Bozen ist ein Weissweinrefugium Südtirols. Vulkanische Böden sorgen dafür, dass hier vor allem Weissburgunder, aber auch Chardonnay und Sauvignon Blanc hervorragend reifen. Gemeinsam bilden diese drei Sorten den Terlaner.

Traditionell setzt daher auch die alteingesessene Winzergenossenschaft auf das Reifepotenzial der Terlaner Weissweine. Seit der Fusion mit der Kellerei Andrian vor einigen Jahren können die Genossen aus Terlan aber auch auf zwei grundsätzlich unterschiedliche Anbauzonen setzen: «Während auf der Nordostseite des Tales – bei Terlan -  mineralische Porphyrböden auf einem Substrat von Sand und Lehm mit viel Quartz und Kalkstein bis in eine Höhe von 700 Meter dominieren, sind es im Südwesten, auf der gegenüberliegenden Talseite bei Andrian, Kalkböden und auch Dolomit in bis zu 350 Meter Meereshöhe», erklärt Kellermeister Rudi Kofler, «Andrian wird durch die Morgensonne beschienen, während in Terlan die Abendsonne dominiert. Dadurch haben die Weine eine unterschiedliche Expression.» Gerade auch die Höhenlage  der Reberge trage viel zum Charakter der Weine bei, fügt Marketingdirektor Klaus Gasser hinzu: «Unsere besten Weissburgunderlagen in Terlan  liegen zum Teil zwischen 550 und 650 Metern Meereshöhe. Dazu wird das Tal noch durch die Alpen im Norden vor der Kälte geschützt und erhält die Winde vom Gardasee aus dem Süden. Dadurch sind die Lagen gut ventiliert und haben auch merkliche Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, was der Frische, Finesse und Eleganz der Weine gut tut.»

Das Aushängeschild der Kellerei ist seit 2011 die Terlaner I Grand Cuvée: Dieser «Supersüdtiroler» wird nur in ausgewählten Jahrgängen produziert und sollte das Beste der Weinkultur Terlans ausdrücken, sagt Rudi Kofler. Ab 2005 bis 2006 hat der Önologe begonnen, das Beste aus den Parzellen für die kleine feine Auswahl an Reben für den Terlaner I zusammenzusuchen. Verwendet wird immer der klassische Blend des Terlaners aus drei Rebsorten: «Weissburgunder ist das Rückgrad, Chardonnay die Schultern und der Sauvignon Blanc sorgt für die aromatische Komplexität.» Die Trauben stammen aus Lagen in 500 bis 700 Meter Meereshöhe. Rund 3000 Flaschen werden davon produziert.

Welches Alterungspotenzial die Weine aus Terlan haben, bewies eine Verkostung, die im Juli 2022 in Terlan stattfand. Rudi Kofler und Klaus Gasser gingen in der Weisswein-Historie bis ins Jahr 1955 zurück. Ausgeschenkt wurden Weine der Wine Library, in der Terlan einen 100 000 Flaschen umfassenden historischen Fundus hat, und Weine der Rarity-Linie: Dabei werden spezielle Jahrgänge im 2500-hl-Stahltank mindestens zehn Jahre auf den Hefen bleiben;18 Jahrgänge warten noch auf die Veröffentlichung, der älteste ist 1979. Und auch der Terlaner Primo Grand Cuvée wurde erstmals in einer Vertikale aller acht seit 2011 produzierten Jahrgänge vorgestellt.

Kleine Auswahl an grossen Weinen:

Alto Adige DOC Terlaner I Grand Cuvée 2019

19 Punkte/2026 bis 2034

Eine Vegetationszeit bis Mitte Oktober sorgt für die wohl zeitlose Balance dieser jüngsten Ausgabe des Weines: Mit der Belüftung immer verführerischer werdende Blume nach Kernobst, Trockenblumen und Grapefruit; eleganter Schnitt mit rassiger Säure, viel Schliff, ellenlang, salzig-mineralisch. Muss noch reifen.

Alto Adige DOC Terlaner I Grand Cuvée 2018

18.5 Punkte/2025 bis 2032

Cuvée aus 65 Prozent Pinot Bianco, 32 Prozent Chardonnay und dem Rest Sauvignon Blanc mit geringerer Erntemenge (wegen Hagels Ende Juni) überzeugt  mit seinen Noten von tropischen Früchten, Äpfeln, Zitrus; im Mund frisch, knackige Säure, mineralisch-salzige Evolution. Präziser Wein.

Alto Adige DOC Terlaner I Grand Cuvée 2016

18.5 Punkte/2024 bis 2031

Der Weissburgunder- wird durch einen starken Chardonnay-Anteil ausbalanziert, was ihm abgesehen von einer fruchtig-balsamischen Nase auch viel Harmonie und Geschmeidigkeit bringt; die Säure trotzdem krokant, das Finale auf reifen Äpfeln, Minze und Teenoten. Komplex, mit viel Schliff und einem schönen Finish, elegant und lang.

Alto Adige DOC Terlaner I Grand Cuvée 2013

17.5 Punkte/2023 bis 2028

Facettenreicher Auftritt mit Noten von exotischen Früchten und Blüten, Zitronen, auch balsamisehe Noten; am Gaumen saftig, schöner Schliff, feine Tannine, Bittermandelfinale. Verbindet Charakter und Finesse.

Alto Adige DOC Terlaner I Grand Cuvée 2011

18 Punkte/2023 biss 2026

Der erste Terlaner I: Viel Pinot Bianco mit etwas Chardonnay und Sauvignon Blanc wurde ein Jahr in grossem  Holz gereift:  Delikate Aromen von Bananen,  Kernobst und Minze; mineralisch-salzig im Mund und dabei doch sehr cremig und ausgewogen, krokante Säure, frische Zitrus- und Apfelnoten.

Alto Adige DOC Terlaner Rarity 2008

17.5 Punkte/2024 bis 2030

85 Prozent Pinot Bianco, 10 Chardonnay und 5 Sauvignon Blanc ein Jahr in grossem Holz ausgebaut, dann 10 Jahre auf den Hefen in Stahl belassen: Verführerische Apfel- und Pfirsichnoten, auch Zitrus und Feuerstein; frisch und elegant, rassig, jung, noch voller Elan und Schliff bis ins Minz- und Mandelfinale. 

Alto Adige DOC Terlaner Rarity 1991

18.5 Punkte/2023 bis 2032

Drei Önologen haben an diesem Wein gearbeitet; nach sechs Jahren in der Flasche und zuvor 25 Jahren auf den Hefen, verführt er mit grossem Kino, mit Zitrusnoten, Kräuternoten, Tee, Minze; im Mund sehr elegant und saftig, vereint lebendige Säure, Frische, Mineralität und Länge.

Alto Adige DOC Terlaner 1971

19 Punkte/2023 bis 2030

Auch nach 50 Jahren in der Flasche betört dieser Wein aus dem grossen Jahrgang ´71 mit einem komplexen Auftakt in der Nase, überraschend frischer Frucht, aber auch Nuancen von Nüssen, Honig und Tee; die Textur saftig mit viel Schliff, Länge und vor allem Eleganz.

Alto Adige DOC Terlaner 1966

18.5 Punkte/2023 bis 2028

Goldfarben, mit Noten von Rosinen, exotischen Früchten, auch Brotkruste im Bouquet; die Textur charaktervoll, rassig, prägnante Säure, grosser Länge. Ein Nektar, den man vor dem Kamin geniessen sollte.

Alto Adige DOC Terlaner 1955

17.5 Punkte/2023 bis 2028

Überraschend jugendliche Blume nach Zitrusfrüchten, Honig und Teenoten; im Mund saftig, schöner Schliff, perfekt eingebaute Säure, die Frucht und auch die feinen balsamischen Aromen werden mit der Belüftung immer präsenter.