Schatzkammer für Weissweine

Weinbau in Portugal: frische Welle in Weiss

Fotos: z.V.g.

Selbst in den Jahren nach der Jahrtausendwende, als die portugiesischen Rotweine zunehmend mit Kraft, Fülle und Würze punkteten, zeigten sich die weissen Crus aus Portugal überraschend frisch und lebendig. So entstanden etwa im Dourotal aus alteingesessenen Sorten wie Códega do Lainho, Rabigato, Malvasia Fina, Viosinho oder Gouveio, oft angebaut in Höhenlagen bis 900 Meter über Meer, höchst elegante Weine mit Finesse und Mineralität. Dieser Trend hat sich bis heute stetig akzentuiert. Und so ist das klassische Rotwein-Land Portugal - 66 Prozent der angebauten Weine sind hier rot - zu einer eigentlichen Schatzkammer für temperamentvolle Weissweine geworden. Und dieses weisse Wunder findet quer durchs Land statt. Das Vinho Verde-Gebiet im nördlichsten Zipfel des Landes spielt dabei eine besondere Rolle, ist es doch die einzige der grossen Weinbauregionen in Portugal, in welcher die weissen Sorten klar dominieren.

Das weisse Wunder beruht auf verschiedenen Faktoren. Eine entscheidende Rolle spielt aber die Vielfalt an Rebsorten. Es gibt in Portugal schätzungsweise 300 weisse Sorten, allesamt alteingesessenen Gewächse, die ein interessantes Qualitätspotential aufweisen, rund ein Dutzend dieser Sorten spielen dabei mehr als nur eine Statistenrolle. Dabei hat jede Region ihre eigenen bevorzugten Sorten, welche sich über Jahrhunderte bestmöglich an die spezifischen Bedingungen bezüglich Bodenbeschaffenheit und Mikroklima angepasst haben. Die portugiesischen Winzer haben zum Glück diesen autochthonen Gewächsen stets die Treue gehalten und sind der Versuchung widerstanden, auf internationale Sorten zu setzen. Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Viognier spielen deshalb in Portugal nur eine Nebenrolle. Und das ist gut so.

Mit jedem Jahrgang widerlegen die portugiesischen Topwinzer heute das Vorurteil, dass es in Portugal zu heiss sei, um elegante Weissweine zu produzieren. Im Dourotal, aber auch in der Alentejo-Subregion Portalegre sind Höhenlagen von bis zu 900 Meter beste Garanten für frische Weine. Von weitaus grösserer Bedeutung ist aber die kühle Atlantikküste. Überall dort, wo die frischfeuchte Meeresbrise, durch die von Westen nach Osten verlaufenden Flusstäler ins Landesinnere, vorstossen kann, herrschen ideale Verhältnisse zum Anbau animierender Weissweine. Die Böden, vom sandigen Granit (Vinho Verde-Gebiet) über kalkhaltigen Lehm (Alentejo) bis zum puren Schiefer (Douro) verleihen den Crus derweil einen eigenständig tiefgründigen Charakter.

Alvarinho, Arinto, Antão Vaz

Zu den Highlights in der vielfältigen portugiesischen Weisswein-Szene gehören die reinsortigen Alvarinhos, die in den Vinho Verde-Subzonen Monção und Melgaco am Minho-Fluss reifen, der im Norden die Grenze zu Spanien bildet. Auch die Sorte Loureiro ist hier ein Garant für elegante Weisse. Im Douro-Tal sind es vor allem Assemblagen aus bis zu fünf Sorten, welche Terroir-Weine mit Charakter und Schmelz hervorbringen. Die im Dâo kultivierte Sorte Encruzado gewinnt an Klasse und Charakter durch den Barrique-Ausbau. In Colares, an der wilden Atlantikküste unweit der Hauptstadt Lissabon, wachsen Malvasia-Reben wurzelecht im Sand und ergeben mineralisch-salzige Weine. Selbst im Alentejo setzen die weissen Crus zunehmend starke Akzente. So liegt die Subregion Vidigueira zwar im Landesinnern aber eben doch immer noch im Einflussgebiet des kühlen Atlantiks, so dass hier aus der lokalen Sorte Antão Vaz geradezu knackige Weine in die Flasche kommen. Eine Klasse für sich sind jene weissen Crus aus Portugals Süden, in denen die Sorte Arinto, die heute in ganz Portugal als weisses Leitgewächs gilt, den Antão Vaz ergänzt.