Waldhornbrennerei

Kampf um schwäbischen Whisky „Glen“

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 17. Mai 2019


DEUTSCHLAND (Hamburg) – Im Rechtsstreit um die Bezeichnung „Glen“ für einen Whisky aus Baden-Württemberg hat der Hersteller, die Waldhornbrennerei, eine Niederlage erlitten. Das Hamburger Landgericht gab nach Angaben eines Sprechers einer Klage der Scotch Whisky Association (SWA) statt und untersagte die Verwendung des Namenszusatzes für ein in Deutschland produziertes Getränk. Zur Begründung verwiesen die Richter auf eine zuvor beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) erbetene Klarstellung. (Az. C-44/17)

Nach Gerichtsangaben folgt aus der EuGH-Entscheidung, dass in dem Fall allein die Bezeichnung „Glen“ zu bewerten und etwaige weitere Hinweise auf der Flasche nicht zu berücksichtigen seien. Das Wort bezeichne typischerweise ausschließlich „Scotch Whisky“, was eine innerhalb der EU geschützte Herkunftsbezeichnung sei. Somit liege auch eine irreführende Herkunftsangabe vor, die zu unterlassen sei.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Der unterlegene Hersteller aus dem schwäbischen Buchenbachtal kann dagegen vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) noch in Berufung gehen. Gegen das Unternehmen war eine Interessenvertretung der schottischen Whisky-Branche vorgegangen. Nach deren Auffassung weckt die Verwendung des von vielen Produzenten genutzten gälischen Worts „Glen“ (schmales Tal) eindeutige Assoziationen mit Schottland und seinem Nationalgetränk.

Das Hamburger Landgericht hatte den Fall zunächst dem EuGH vorgelegt und um eine grundsätzliche europarechtliche Klärung gebeten. Die Richter in Luxemburg entschieden im Juni vorigen Jahres, dass ihre deutschen Kollegen prüfen müssen, ob Verbraucher aufgrund des umstrittenen Zusatzes im Namen des Produkts der Brennerei aus der Gemeinde Berglen-Oppelsbohm „unmittelbar“ an „Scotch Whisky“ denken.

Soweit die Betrachtung der bisherigen Geschehnisse und Angaben des Gerichts. Um mehr über die Hintergründe zu erfahren, sprach ich mit Jürgen Klotz von der Waldhornbrennerei:

Im Gespräch mit Jürgen Klotz

Vorab: Wie kamen Sie zum Begriff „Glen“ und welche Bedeutung hat er für Sie?

Wir leben in der Gemeinde Berglen im Buchenbachtal. Der Wortteil GLEN aus Berglen, englisch kleines schmales Tal, und der Wortteil BUCHENBACH aus Buchenbachtal, in dem wir wohnen und produzieren, lag auf der Hand und somit symbolisiert die Marke Glen Buchenbach für uns ein Stück Heimat. Außerdem gibt es beispielsweise den deutschen Whisky Glen Els sowie den kanadischen Whisky Glen Breton und den irischen Whiskey Glendalough. Alle sind mir bekannt und alle haben eine tolle Qualität.

Wie kam es ursprünglich zu dem Disput?

Wir haben uns die Marke Glen Buchenbach beim Deutschen Patent und Markenamt eintragen lassen. Dadurch wurde die Gegenseite auf uns aufmerksam und behauptet seitdem in unzähligen Schriftsätzen, dass Glen nur für Scotch Whiskys geführt werden dürfe, weil der Begriff Glen typisch schottisch sei.

Hat die Gegenseite im Vorfeld des Gerichtsverfahren mit Ihnen Kontakt aufgenommen?

Ja. Die SWA hat uns drei Schriftsätze zugesandt, in denen sie gedroht haben, uns zu verklagen.

Was hat die Gegenseite für Argumente aufgeführt?

Glen sei typisch schottisch; Glen käme aus dem Gälischen; jeder Whisky mit Glen im Namen sei ein Scotch Whisky; das Buchenbachtal existiere nicht; der Verbraucher wisse nicht, wenn er zu einem Whisky greift, dass es ein Deutscher Whisky sei, wenn Glen draufsteht.

Was waren Ihre Gegenargumente?

Der Name Glen entstammt dem Irish-Gälischen, der Amtssprache von Irland – vielfach erwiesen und begründet beispielsweise durch das Trinity College in Dublin und verschiedene Sprachgelehrte. Glen ist demnach die anglisierte Form von Gleann – Irish-Gälisch für kleines schmales Tal, auch nachzulesen im Oxford Dictionary, Ausgabe von 1971. Außerdem gibt es unzählige Whiskys mit Glen im Namen, die nicht aus Schottland stammen, beispielsweise Glen Els, Glen Rhine, Glen Fargo, Glen Thunder, Glendalough, Glen Breton. Letztgenannte Whiskymarke hat sich neun Jahre mit der SWA gezofft und dann gewonnen. Wenn andere Whiskys so heißen dürfen, warum dann der Glen Buchenbach nicht?

Gab es Versuche der Gegenseite Ihre Argumente zu zerstreuen?

Ja, die gab es. Realistisch gesehen waren es unglückliche Versuche. Durch Verbraucherumfragen der Gegenseite wurde nachgewiesen, dass null Prozent der befragten Konsumenten in Europa den Bezug zwischen Glen und Scotch Whisky herstellen können. Im selben Gutachten haben von den befragten Whiskytrinkern lediglich ein Prozent etwas irisches vermutet. Dieser Versuch der SWA ging also nach hinten los.

Diese Zahlen sind weit entfernt von rund einem Viertel Bekanntheit, die im allgemeinen Rechtsgebrauch vonnöten ist, um eine Verwirrung zu begründen beziehungsweise um eine eindeutige Affinität der Verbrauchers zu einer Marke nachzuweisen …

… ja, das sehen wir auch so. Eine solche Markenaffinität ließe sich verhandeln, aber nicht bei einem Prozent. Das ist marginal. Diese Umfragen der SWA hätte eigentlich ein Desaster für die Gegenseite bedeuten sollen.

Haben Sie mal bei der IWSR recherchiert?(Anm.: Die IWSR ist die führende Marktinformationsquelle für die internationale Spirituosen-, Wein- und Bierindustrie und bietet Entscheidungsträgern der weltweit größten Getränkeunternehmen wichtige Analysen und Marktinformationen. Die lokale Marktkenntnis der IWSR ist konkurrenzlos und deren Daten gelten weltweit als Industriestandard.)

Ja, haben wir und das Ergebnis ist eindeutig: Whiskys mit Glen im Namen spielen laut der IWSR in den Verkaufszahlen für Whisky in Europa überhaupt keine Rolle. Ein weiterer Fakt ist: Scotch Whisky und schottische Whiskys sind nicht das Gleiche.

Niemals aufgeben!

Wie lief die Gerichtsverhandlung aus Ihrer Sicht?

Seltsam. Das Gericht hat in der ersten Verhandlung klar gemacht, dass Verbraucher schon etwas schottisches vermuten könnten und lies danach andere Argumente nicht mehr gelten. Selbst das deutliche Urteil des EUGh, das zu unseren Gunsten ausfiel und auch die Begründung des Generalanwalts am EUGh wurde in der Urteilsfindung nicht ausreichend gewürdigt. Auch die Umfrage des Allensbach Instituts, welche klar hervorhebt, dass es für den europäischen Durchschnittsverbraucher keinen Zusammenhang zwischen Glen und Scotch Whisky gibt, wurde vom Gericht nicht betrachtet.

Das Gericht hat also versäumt …

… die Fakten zu bewerten. Besser hat es da das Deutsche Patent- und Markenamt gemacht, indem sie die Löschung unseres Markennamens abgelehnt haben.

Haben Sie hinsichtlich der SWA recherchiert?

Ja, und dabei kam heraus, dass die SWA alles und jeden bekämpft, der oder die irgendetwas mit Whisky zu tun haben und wo man vermuten könnte, es wäre schottisch. Aktuell wehren sie sich gegen die Marken Glendranostra, Mackmyra und Finch Highland Whisky.

Was ist Ihr Ziel bei der Berufung?

Ganz klar, wir wollen den Prozess zu unseren Gunsten gestalten und gewinnen.

Was haben Sie bisher bei dem Procedere gelernt und was würden Sie anderen deutschen Produzenten raten, wenn diese in eine ähnliche Situation geraten?

Niemals aufgeben!

Vorläufiges Fazit

Dies ist offensichtlich: Die SWA argumentiert aggressiv und scheut sich nicht, eine Umfrage vorzutragen, die nach normalem Ermessen von vorne herein dem Prozessgegner in die Hand spielt – zudem ist die Argumentation des Klägers gegen harte Fakten nicht verständlich. Und dass das Gericht eindeutige Tatsachen ignoriert, dürfte den Lesern dieses Artikels nicht verborgen bleiben. Dem gegenüber stehen die bezeichnenden Argumentationen der Waldhornbrennerei, die beste Voraussetzungen für eine Berufungsverhandlung bieten. Ich bleibe am Thema dran und werde berichten …

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