Interview mit Michael Herzog von Württemberg

Im Keller darf gelacht werden

Text: Rudolf Knoll, Fotos: Werner Kuhnle, z.V.g.

Er ist mit seinem Titel der Ranghöchste unter den deutschen Weinadeligen. Michael Herzog von Württemberg bekam erst im Januar von seinem Vater Carl, 83, dem Chef des Hauses Württemberg, die Verantwortung für das gesamte Unternehmen der Familie übertragen. Dazu gehören neben dem Weingut in Ludwigsburg und der Zentrale in Friedrichshafen noch das Schlosshotel «Monrepos» in Nachbarschaft des Weingutes, eine Projektentwicklungsgesellschaft, Land- und Forstwirtschaft und Unternehmensbeteiligungen im In- und Ausland. Er plauderte mit Rudolf Knoll über die Situation des Adels in Deutschland.

Ändert sich durch den Auftrag Ihres Vaters etwas an Ihrer Präsenz in Württemberg?
Ich bin sicherlich jetzt häufiger unterwegs. Aber nachdem ich 20 Jahre lang zunächst weniger gute und dann sehr gute Zeiten mit dem Weingut erlebt habe, bleibt Ludwigsburg mein persönlicher Standort.

Sie stellen sich mit «Württemberg», gewissermassen Ihrem Familiennamen, vor. Man könnte Sie auch als Königliche Hoheit ansprechen. Welche Anrede ist Ihnen am liebsten?
Zunächst: Ich sehe mich nicht als etwas Besonderes und stehe beim Bäcker genauso in der Schlange wie andere. Herzog Michael ist im normalen Geschäft die beste Version. Von älteren Leuten kommt schon noch mal das Wort Hoheit. Aber in meinem Bekanntenkreis gibt es viele Nichtadelige. Meine Frau, eine Juristin, ist nicht von Adel, und ich war der Erste in der Familie, der hier aus der Reihe tanzte.

Eigentlich ist der Adel in Deutschland ja abgeschafft…
Indirekt ja, weil vielfach die Zeichen der Zeit nicht erkannt wurden. Aber nicht so radikal wie in Frankreich, wo die Guillotine viele Adelige abservierte.

Was muss der Weinadel tun, um sich zu behaupten?
Unsere Familie hat eine fast tausendjährige Geschichte, darunter fast 350 Jahre Weinbau. Das schafft man nur mit stetigen Innovationen. Wir haben früher die Qualität vernachlässigt und die Menge bevorzugt. Aber diese Zeit ist vorbei, wir sind auf einem guten Weg. Und trotz Adel, bei uns im Keller wird auch oft herzhaft gelacht. 

Weckt der Adel manchmal bei Bürgerlichen besondere Begehrlichkeiten, wird abgekupfert?
Es gibt natürlich in der Weinbranche Schein-Adel. Wir hatten sogar mal ein Angebot einer grossen Kellerei, die unseren Namen als Marke nutzen wollte. Das wäre für uns schnelles Geld gewesen, aber wir haben abgelehnt.

Was ist die aktuell grösste Herausforderung des deutschen Weinadels?
Natürlich der Erhalt oft historischer Bauten. Aber noch mehr drückt nicht nur uns der Schuh beim Waldbesitz. Wir haben 5000 Hektar, andere sogar noch mehr. Die Trockenheit, die Stürme und der Borkenkäfer machen uns zu schaffen. Manche Baumarten passen nicht mehr in die Zeit, dabei müssen wir langfristig denken. Denn Holz wird immer ein wichtiger Stoff sein.

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