Harold Faltermeyer, Komponist und Nahe-Winzer

«Unglaubliches Gefühl»

Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Jens von Zoest

Er ist nicht der Star auf der Leinwand, sondern jemand, der Filmgrössen musikalisch in Szene setzt. Der Bayer Harold Faltermeyer geniesst als Komponist Weltruf, kam in Hollywood in die Erfolgsspur und beweist seit einigen Jahren – eigentlich im Rentenalter – auch Talent als Weinbauer an der Nahe.

Herr Faltermeyer, Sie geben in Ihrer Biographie «Grüss Gott, Hollywood – Mein Leben zwischen Heimat und Rock ’n’ Roll» an, dass Sie das Wein-und-Genuss-Gen offenbar vom Grossvater vererbt bekamen. Aber dass Sie es gleich so weit treiben, selbst Winzer zu werden, ist schon sehr bemerkenswert. Wie kam es dazu?

Zunächst einmal war es so, dass ich trotz aller Ambitionen in der Musik als junger Mann zur Landwirtschaft tendierte. Säen und Ernten, das ist für mich etwas Wunderbares. Mit dem Wein, den ich schon als junger Mann gern genossen habe, begann es inniger vor rund zwölf Jahren, als mich mein Hobby Jagd in die Gegend von Meisenheim an der Nahe führte. Ich lernte im nahen Raumbach Winzer Michael Rohr kennen, fand Gefallen an seinem Riesling und fragte ihn irgendwann, ob er mir nicht ein Stückl von seinen Reben verkaufen will. Er wollte nicht, machte mir aber ein Angebot für eine Rebstock-Pacht und ich schlug ein.

Wie viel Stöcke waren das?

Immerhin sechs Zeilen im Steilhang. Ich habe mitgezupft, wenn es meine Zeit zuliess. Das machte viel Spass und Lust auf mehr. Den Ausbau übernahm die Familie Rohr. 250 bis 300 Flaschen waren das Ergebnis. Der Wein war zwar gut, aber ich hätte gern auch Sauvignon Blanc gehabt, kennengelernt bei Reisen nach Neuseeland und in die Steiermark. Das war aber nicht im Sinn meines Winzers. 

Wie ging es dann weiter?

Ich lernte die Familie Held kennen, die in Odernheim sowie in Meisenheim das Weingut Klostermühle übernommen hatte, dazu ein Hotel einrichtete und zuletzt noch 7,5 Hektar des Weingutes von Racknitz mit der Lage Disibodenberg erwarb. Wir stellten fest, dass es auf beruflicher Ebene eine sympathische Querverbindung gab. Ich fragte bei den Helds nach, ob wir irgendwie zusammenkommen könnten. Und wir fanden eine vernünftige Kooperationslösung.

In welcher Grössenordnung?

Ich bin Geschäftsmann und gehe es in allen Bereichen zunächst einmal vorsichtig an. Aber ich habe doch Zugriff auf 3,5 Hektar in einem steilen Weinberg von einem alten Winzer, mit Schiefer im Boden, noch teilweise in Brache.

Und dort wächst endlich Sauvignon Blanc?

Ja, aber erst seit letztem Jahr. Da haben wir frisch gepflanzt. Auf meinen ersten Sauvignon muss ich wohl noch bis 2022 warten. Auch Chardonnay und Muskateller sind im Werden.

Und was können Sie bis dahin im Weinberg treiben?

Mir wird nicht langweilig als Weinbauer! Wir haben seit Jahrgang 2017 Grauburgunder, der über das jetzt als Disibodenberg firmierende Weingut mit dem Synonym Pinot Gris verkauft wird, immerhin für 18,90 Euro. Er heisst Melody und ist meiner ältesten Tochter Elena gewidmet. Gutskellermeister Thomas Zenz, ein toller Typ, hat den aktuellen 2018er im Stahl und in drei Barriques ausgebaut. Ich bin sehr mit dem Ergebnis zufrieden und habe zu dem Wein gleich ein Klavierstück komponiert.

Danke für den Probeschluck, in der Tat sehr stimmig, mit eleganten Facetten, ein sehr typischer, angenehm schlanker Grauburgunder. Aber Sie haben drei Kinder, werden die beiden anderen nicht eifersüchtig?

Ich glaube, dass ich ein guter Vater bin. Deshalb ist für Florian Rafael der Sauvignon Blanc eingeplant, für Bianca Nadine der Frühburgunder, bei dem ich allerdings 2019 einen typischen Schicksalsschlag eines Winzers miterlebt habe. Da ist fast alles erfroren. Jetzt müssen wir sehen, wie sich die Reben erholen.

Sie tanzen, obwohl eigentlich im Rentenalter, nach wie vor auf einigen beruflichen Hochzeiten, betätigen sich neben der Musik als Maler und verkaufen erfolgreich Gemälde. Wie viel Zeit bleibt denn überhaupt für den Weinbau?

Das mit der Malerei war eher ein Zufall, weil ich für einen erkrankten Profi einsprang und mit Pop-Art-Hirschen als Motiv ein verschüttetes Talent erweckte, das ich aktuell durch Unterricht bei einem Salzburger Kunstprofessor ausfeile. Wenn im Juni «Top Gun Maverick II» in New York Premiere hat, stelle ich meine Gemälde aus. Eigentlich müsste mein Tag 48 Stunden haben. Ich gestehe, dass ich leider nicht immer genügend Zeit für die Arbeit im Weinberg habe. Doch letztes Jahr war ich beim Ausgeizen und der Ernte voll im Einsatz, hier auch mit Hilfe von Freunden sowie der Familie. Es war ein unglaubliches Gefühl, die eigenen Trauben einzubringen und zu sehen, dass sie sehr gesund sind. Meinen 67. Geburtstag habe ich während der Lese gefeiert. Für 2020 habe ich mir vorgenommen, alle anfallenden Arbeiten im Jahresverlauf mitzumachen.

Wirken Sie auch im Keller mit?

Dafür habe ich natürlich einen Spezialisten, Kellermeister Thomas Zenz. Aber den frage ich über alle Werdegänge ein Loch in den Bauch. Und wenn wir aus verschiedenen Gebinden einen Wein zusammenstellen, bin ich natürlich dabei, damit das Ergebnis meinen Vorstellungen entspricht. Der Prozess kann einige Tage dauern. Weil ich immer noch mehr über Wein wissen will, mache ich gerade in München einen Sommelierkurs.

Was sagt Ihre Frau Birgitt Wolff eigentlich zu den Winzer-Ambitionen?

Sie hat nichts dagegen, nur würde sie mich vermutlich lieber in der Steiermark oder der Toskana sehen, weil dort die Landschaft wunderschön ist. Aber das habe ich auch an der Nahe. Und das Gebiet liegt zudem näher.

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