Ein grosses Bravo!

Wettbewerb Bester Schweizer Sommelier 2025

Text: Anick Goumaz, Fotos: Jérome Favre

Am 4. April waren noch 15 Kandidaten im Rennen. Die vier Finalisten traten dann am 5. April in der Hochschule für Weinbau und Önologie in Changins vor Publikum gegeneinander an. Nach vier Jahren Wartezeit konnte die Schweizer Sommelierszene endlich ihr Know-how feiern ­– und zwar mit grossem Pomp.

In den Gängen der Hochschule für Weinbau und Önologie in Changins ist die Anspannung spürbar. Die 15 Kandidaten für den Wettbewerb Bester Sommelier der Schweiz sind erleichtert, dass der Tag X gekommen ist. 

Yanna Delière, die Präsidentin der Welschschweizer Sektion des Schweizer Verbands der Berufssommeliers (Association Suisse des Sommeliers Professionnels (ASSP)), ist ebenso angespannt wie die Teilnehmer, freut sich aber, dass der Wettbewerb Gestalt annimmt, und spielt perfekt ihre Rolle als Dirigentin zwischen Teilnehmern, Medien, Sponsoren und Jury. Dazu gehören auch Präsident Paolo Basso, 2013 zum besten Sommelier der Welt gekürt, Réza Nahaboo, der die Schweiz 2023 bei der Weltmeisterschaft in Paris vertreten hat, sowie Fabien Mène. Als letzter Titelträger gewann er den Wettbewerb im Jahr 2021. Sowohl Corona als auch der enorme Aufwand für einen solchen Concours sorgten für einen Einschnitt in den sonst üblichen Zwei-Jahres-Rhythmus. Für die diesjährige Ausgabe hat sich die Branche etwas Besonderes einfallen lassen müssen.

Erstmals findet das Finale vor Publikum statt und wird live auf YouTube übertragen. Die ganze Welt kann mitverfolgen, welche «Fallen» für die drei Finalisten aufgestellt wurden. Ein Wein, der am Morgen analysiert wurde, wird am Nachmittag in einer Blindverkostung von sechs Proben wieder aufgegriffen. Nicht leicht zu erkennen, um welchen es sich handelt... «Ich kann ihre Überraschung verstehen», gesteht Paolo Basso. «Wenn man einen Sommelier bittet, einen Wein zu analysieren, wird er nicht unbedingt versuchen, sich den Wein einzuprägen. Das sind zwei unterschiedliche, aber sich ergänzende Vorgehensweisen.» Schweizer Weine standen in den meisten Wettbewerben im Vordergrund. 

Ziel ist es, die Kandidaten zwar herauszufordern, ihnen aber keine Fallen zu stellen, wie es bei anderen nationalen Wettbewerben oft der Fall ist. Fabien Mène, Mitglied des technischen Komitees und der Jury, erinnert sich jedoch an Prüfungen, die auch ihn 2021 ins Schwitzen gebracht haben. Etwa Weine nach ihrem Zuckergehalt zu klassifizieren, vom niedrigsten bis zum höchsten, auf zwei Gramm genau. Oder unter fünf Pinot Noir den Pirat – einen Nerello Mascalese – zu finden. Glaubt Fabien Mène, ­Leiter der «Épicerie de Châteauvieux» von Philippe ­Chevriers, dass er das Beste aus seinem Titel gemacht hat? «Ich muss zugeben, dass ich von Natur aus nicht viel kommuniziere. Aber ich rate dazu, es zu tun. Heute haben soziale Netzwerke und andere Blogs eine phänomenale Kraft, die es ermöglicht, von diesem renommierten Titel zu profitieren.» Das Feedback zum diesjährigen Sieg wird erst in einigen Monaten ausgewertet werden können, die Emotionen hingegen liessen nicht auf sich warten.


Die Finalisten

Jennifer Badino

Jennifer Badino, die bei der letzten Ausgabe des MSS-Wettbewerbs den dritten Platz belegte, zählte auch heuer zu den Favoriten. Inzwischen Mutter geworden, sei für sie die Herausforderung grösser geworden. Sie ist den Fans des «Chedi Andermatt» bekannt, wo sie seit 2018 arbeitet, und hat in ihrem Heimatland Italien Hotel- und Gaststättengewerbe studiert. Als Saisonnière in der Schweiz pendelt sie von Luzern über St. Moritz bis nach Arosa. Sie entdeckte die Sommellerie in der Schweiz und liess sich an der Schule in Bellinzona zum Profi ausbilden. 2016 erlangte sie den eidgenössischen Fachausweis als Sommelière. Ihre erste Erfahrung mit dem MSS-Wettbewerb machte sie im Jahr 2018. Sie meldete sich an, «um sich das mal anzuschauen». Ihre Kenntnisse im Weinbau vertiefte sie im Cru de l’Hôpital in Vully. Sie gesteht, dass ihr Favoritenstatus sie unter Druck gesetzt habe, aber dass bei einem Wettbewerb immer auch ein bisschen Glück dabei sei.

Mikaël Grou

Nachdem Mikaël Grou ausgewählt worden war, die Schweiz beim Wettbewerb Bester Sommelier Europas im November 2024 in Belgrad zu vertreten, galt er als Favorit beim MSS-Wettbewerb. Im französischen Rennes geboren, absolvierte er seine Matura und die Zusatzqualifikation als Sommelier am Lycée Hôtelier in Dinard. Während seines Studiums beschloss er, etwas von der Welt zu sehen, und verantwortete eine Weinbar in Phnom Penh. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich machte er sechs Jahre Karriere im «George V» in Paris. Danach arbeitete er ein Jahr lang in Australien, wo er den Titel des besten jungen Sommeliers in Australien gewann. Seine Karriere setzte er in England im renommierten «The Dorchester» in London fort, wo er mehr als zwei Jahre lang blieb. Von 2019 bis 2025 war er Chef-Sommelier im Restaurant «Chat-Botté» im Hotel «Beau-Rivage» in Genf. Während dieser Zeit wurde er Vater und vertiefte seine Vorliebe für Wettbewerbe, bis er 2022 einen Platz im Finale des Wettbewerbs Bester Sommelier Frankreichs errang.

Tony Lécuroux

Der ambitionierte Tony Lécuroux gehörte eindeutig zu den Favoriten bei diesem Wettbewerb. Er wuchs im Rhône-Tal auf und absolvierte seine gesamte Ausbildung zum Restaurantfachmann und Sommelier in seiner Heimatregion. Dank der parallel absolvierten WSET-Level 2 und 3 öff-nete sich für ihn die Welt der Weine. Seine Karriere begann in England, zunächst als Sommelier in Sternerestaurants und später als Assistent des Chef-Sommeliers. Währenddessen lernte er die Welt der Wettbewerbe sowie den renommierten Court of Master Sommelier kennen. 2025 will er parallel zum MSS-Wettbewerb die letzte Stufe erklimmen und in den exklusiven Club der «Master Sommeliers» aufgenommen werden. Tony zog 2021 in die Schweiz, um im Restaurant «Njørden» in Aubonne als Chef-Sommelier und rechte Hand von Küchenchef Philippe Deslarzes zu wirken. Eine schöne Erfahrung, die er 2024 beendete, um eine neue Herausforderung anzunehmen: die Wiedereröffnung des von der Genfer Gruppe Gourmet Brothers übernommenen «Port Gitana».

Domenico Quatela

Nach zehn Jahren Bartending verliebte sich Domenico Quatela in die Sommellerie und speziell in Schweizer Weine. Als Barkeeper zunächst in Ligurien, Apulien und dann im Fünf-Sterne-Hotel «Il Pellicano» in Porto Ercole in der Toskana tätig, setzte er seine Karriere in der Schweiz weiterhin im Luxussektor fort, etwa im «Gstaad Palace», dem «Beau-Rivage Palace» und dem Hotel «Royal Savoy» in Lausanne. Dort übernahm er mehr Verantwortung und näherte sich mehr und mehr der Welt der Weine, bis er 2020 Sommelier in der «Auberge de l’Abbaye de Montheron» wurde. 2022 erhielt er den eidgenössischen Fachausweis als Sommelier und startete einen Podcast über Schweizer Weine mit dem Titel «Le Vin dans le Verre». Während heute Podcasts über Sommellerie in Mode sind, nahm er damals noch eine Vorreiterrolle ein. Im selben Jahr verliess er Montheron, um Sommelier im «Stamm» im QoQa-Hauptquartier in Lausanne zu werden, wo er auch das Einkäuferteam von QoQa Vins unterstützt. Seit einem Jahr ist er Weinhändler bei Manor Vevey.