Naturnaher Weinbau in Bordeaux

Grünes Licht auf lange Sicht

Text und Fotos: Rolf Bichsel

Für die einen reine Folklore, für die anderen gehört es zum Team: Das Pferd hat den einstigen Zugochsen bei der Ernte abgelöst.

Weiterlesen?

Dieser Artikel ist exklusiv für
unsere Abonnenten.

Ich bin bereits VINUM-
Abonnent/in

Ich möchte von exklusiven Vorteilen profitieren

Diese Reportage finden Sie in der
Ausgabe 10 | 2015

Label oder nicht?

Grün ist hip – zertifizierter Weinbau hingegen square. Auch wenn ich die Argumente der Zertifikatgegner verstehen kann (Wein ist eine individuelle Sache, ich will keiner Religion angehören, ich will meine Freiheit, Weingesetze gibt es schon genug): So wenig, wie man ein bisschen schwanger sein kann, kann man ein bisschen biodynamisch sein. Wer nicht zertifiziert ist, soll offen dazu stehen – und umgekehrt. Wenn Anne-Claude Leflaive trotzig monierte, nicht Biodynamiker müssten sich auf dem Etikett als solche outen, sondern die, die es nicht seien, hatte sie zwar nicht ganz unrecht. Doch die Zeit ist nicht reif dafür. Erstes Kriterium bei der Wahl eines nach gesamtheitlichen Prinzipien produzierten Weins: Er muss schmecken. Zweites Kriterium: Er muss ein Label tragen.

Und der Wein bei alledem?

Schmecken Bio-Bordeaux (Bio hier vereinfachend als Oberbegriff verwendet für alles, was mit Umweltbewusstsein zu tun hat) besser als konventionell hergestellte Weine? Objektiv gesehen wohl kaum. Subjektiv gesehen auf jeden Fall. Will heissen: Ein Wein von gesund gepäppelten und gehätschelten Reben, die wie Hors-Sol-Tomaten auf biologisch totem Grund wachsen, in denen das Wurzelsystem nur mehr önotouristischen Werbezwecken dient («Meine Rebe fusst fünf Meter tief und ernährt sich tief in der Erde»), beziehungsweise deren im Stadium der Überreife geernteten Trauben, der mittels önologischer Tricks auf Extrakt getrimmt wird, schmeckt überall gleich, egal woher er kommt. Eine Traube von Reben, die in einem mehr oder weniger funktionierenden Ökosystem wachsen, wo die Bodenbiologie greift und dafür sorgt, dass die Wurzeln Nährstoffe auch wirklich assimilieren können, im Stadium guter Reife geerntet, wird Weine ergeben, die den Standort weit besser reflektieren. Es sind Weine, die Persönlichkeit und Charakter besitzen und damit gefallen – oder nicht. Es ist so gut wie unmöglich, Weine ähnlicher Güteklasse aus den 1990er Jahren auseinander zuhalten: Sie schmecken alle gut und alle gleich. In den letzten Jahren hat sich dies geändert. Die grossen Bordeaux, deren objektive Qualität unbestritten ist, haben auch subjektiv zu mehr Charakter gefunden und unterscheiden sich mehr und mehr voneinander, nicht aufgrund der unterschiedlichen Holzwahl, sondern wegen des unterschiedlichen Baus, des Schnitts der Tannine. Das entspricht einer Notwendigkeit. Vor 20 Jahren gab es vielleicht 50 Weine, die der Bezeichnung Grand Cru nicht nur auf dem Etikett entsprachen. Heute sind es 500. Individualität ist angesagt, will man nicht in der Masse untergehen.

Naturnaher Weinbau in Bordeaux

Grünes Licht auf lange Sicht

vinum+

Weiterlesen?

Das könnte Sie auch interessieren

Mourvèdre vom Mittelmeer

Fabelhaftes Bandol

Auf dem Rücken des roten Drachen

Interview mit Lenz Moser

Drei Tage, drei Länder

Weine

Am Knotenpunkt

Interview

Gut gelauntes Ventoux

Südliches Rhônetal

Die Wein-Rebellen vom Mont Vully

Neue Weine aus Vully