Ein Jahrgang für Vignerons

Wineguide: Barolo 2018

Degustation & Text: Christian Eder

Das Jahr 2018 begann kühl und endete heiss, und immer wieder sorgte dazwischen ein Mix aus Regen und Sonne dafür, dass den Winzern nicht langweilig wurde. «Ein Jahrgang für Vignerons» nannte es der Önologe Stefano Chiarlo vom Weingut Michele Chiarlo in Calamandrana.

Der Witterungsverlauf war durch einen langen Winter gekennzeichnet, in dem Niederschläge die 2017 geleerten Wasserreservoirs im Boden wieder auffüllten. Bis Anfang März lagen die Temperaturen unter dem historischen Durchschnitt, was einen langsamen vegetativen Neustart begünstigte. Sowohl der Frühling als auch der erste Teil des Sommers setzten sich mit häufigen Regenfällen und einem kühlen Klima fort. Ab Mitte Juli stiegen die Temperaturen deutlich: Eine stabile Schönwetterperiode begünstigte die langsame und regelmässige Reifung der Trauben. Die Ernte begann Anfang Oktober.

Die terroirempfindliche Rebsorte Nebbiolo benötigte das ganze Jahr über viel Aufmerksamkeit der Produzenten, und das in jeder der elf Gemeinden des Anbaugebietes. Die Ergebnisse sind von Ort zu Ort verschieden: Barolo aus der Gemeinde Barolo sind 2018 etwas filigraner, die aus Serralunga, Castiglione und Monforte zeichnen sich durch solides Tannin aus, die Weine aus La Morra gefallen mit ihrer Fruchtigkeit. Aufgrund der unausgewogenen Witterung wurden nicht alle Spitzenweine produziert: Manche Winzer verzichteten auf ihre MGA (die Weine mit geografischer Zusatzbezeichnung), um einen generischen Barolo zu keltern. Das hatte 2018 den Vorteil, dass man das beste Traubenmaterial zu einem kompletten Barolo assemblieren konnte. Seit kurzem ist übrigens auch die Ortsbezeichnung als Zusatz erlaubt: Weine können den Namen Barolo del Comune di ... tragen, wenn die Trauben ausschliesslich aus dem Gemeindegebiet stammen.

Resultate, Analysen, Statements

«Ein Mix aus Regen und Sonne sorgte dafür, dass den Winzern 2018 nicht langweilig wurde.»

Christian Eder VINUM-Autor

2018 sei ein «traditioneller» Jahrgang meinen manche Winzer. Nach dem etwas enttäuschenden trockenen Jahrgang 2017 bereiten in diesem Jahr Weine Vergnügen, die man zwar auch in den Keller schliessen und reifen lassen kann, aber nicht muss: Manche der Barolo 2018 kann man durchaus schon jetzt servieren und mit Genuss trinken. Alkoholbomben findet man wenige, sondern meist schlanke oder mittelstrukturierte Kreszenzen, die für eine der Kerneigenschaften grosser Nebbioli stehen: Finesse. Die Traubenreife und der Vegetationszyklus der Reben sind heute anders als noch vor 20 Jahren, Erträge werden strikt begrenzt, der Winzer achtet auf die Harmonie der Pflanzen und dünnt nicht mehr auf Teufel komm raus aus. Dem Klimawandel trotzen die Produzenten der Langhe mit ihrem Wissen und kreieren trotzdem eine breite Vielfalt an unterschiedlichen Weinen. Neben sehr guten MGA-Barolo und Einzellagenweinen (mit der Bezeichnung Vigna im Namen) zählen einige der klassischen Weine ohne MGA- oder Gemeindebezeichnung in diesem Jahr zu den besten.

Zu den Preisen: Mit 2100 Hektar ist die Produktionsfläche für Barolo begrenzt. Dadurch ist Barolo nach wie vor einer der attraktivsten italienischen Weine für die internationalen Märkte - nicht nur für Sammler. Die grosse Nachfrage sieht man auch an den Preisen für Rebflächen, mehrere Millionen Euro pro Hektar sind in den Toplagen keine Seltenheit. Das macht natürlich einerseits kleinen Winzern, die sich vergrössern wollen, das Leben nicht leichter, andererseits schlägt sich das auf die Preise von Cerequio, Cannubi und Co. nieder, die zum Teil schon an die hundert Euro kosten. Auch 2018 bildet da keine Ausnahme.

Top 5 der verkosteten Weine

RangBeschreibung
1
18,5/ 20
Punkte
Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien
Vietti
2
18,5/ 20
Punkte
Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien
Mauro Molino
3
18,0/ 20
Punkte
Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien
Parusso
4
18,0/ 20
Punkte
Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien
Conterno Fantino
5
18,0/ 20
Punkte
Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien
E. Pira & Figli

Die Verkostung

Die Verkostung durch Christian Eder fand im Rahmen der Jahrgangsverkostung Nebbiolo Prima im Januar 2022 in Alba (Piemont) statt. Die Weine liegen zum Teil noch im Keller der Produzenten und kommen erst im Laufe des Jahres auf den Markt.