Wer Samt und Seide sucht

Das Beste vom Markt: Lagrein Riserva aus Südtirol über 20 Franken

Degustation und Text: Sigi Hiss

Lagrein ist zusammen mit Vernatsch und Gewürztraminer einer der autochthonen Eckpfeiler Südtirols. Dabei war Lagrein Ende des letzten Jahrtausends kurz davor, sich von der Bühne Südtirols zu verabschieden – 1998 standen noch 255 Hektar. Das war Tief- und Wendepunkt in einem, denn von da an ging es wieder aufwärts. Heute sind wir bei konstanten knapp über 500 Hektar; die Anerkennung und Reputation des Lagrein ist seither stetig gestiegen.

Was die Elternschaft betrifft, sind sich die Wissenschaftler nicht ganz einig: Dr. José Vouillamoz, Rebenspezialist, fand eine Kreuzung zwischen «unbekannter Sorte x Teroldego». Der Ampelograph Thierry Lacombe stiess auf «Schiava Gentile x Teroldego». In jedem Fall bringt Lagrein tiefdunkle, recht dichte Weine mit dezenter Säure und nur wenig Tannin auf die Flasche. Durch den gekonnten Ausbau in der Barrique verleiht man dem grundsätzlich seidig-samtigen Stil etwas mehr an Kanten und Rückgrat. Die Sorte bevorzugt warme und sonnige Standorte mit Böden, die sich leicht erwärmen; kühlere Zonen mit kalten Winden sind weniger ideal. Das ist der Grund, warum man in Südtirol mit dem Lagrein selten über 300 Meter geht und vor allem auf Geröll-, Porphyr- und Kiesböden in Tallagen setzt. Bozen-Gries ist eine der bevorzugten Zonen, ebenso wie die schottrigen und kiesigen Lagen im Südtiroler Unterland, wie man sie in Auer und Kurtatsch findet. Erstaunlich waren die teils grundlegend verschiedenen Stile, und das bei eher wenigen angestellten Weinen: von plakativ fruchtig über enorm konzentriert bis hin zu kaum Frucht, dafür mit Kühle, guter Säurefrische und noch schmeckbarer Barrique. Es scheint, Südtirol sucht noch seinen Lagrein, oder aber, man geht bewusst den Weg des grösstmöglichen Fächers an Stilen. Keines von beiden ist besser oder schlechter – nur eben anders.



Die Verkostung

Alle Muster werden verdeckt verkostet und stammen von Händlern, die dem VINUM Wine Trade Club angehören und so regelmässig über Marktschau-Themen informiert werden. Infos zum Club finden Sie hier.

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