Unique Wineries of the World - Bordeaux 2021

Château Haut-Bailly: die Geschichte

Text und Fotos: Barbara Schroeder und Rolf Bichsel

Wie so oft verliert sich die Entstehung von Haut-Bailly im Halbdunkel der Vergangenheit. Verbrieft ist, dass zwei in Bordeaux lebende Pikarden (aus der Pikardie im Norden Frankreichs) im Jahr 1630 einen Besitz auf einer Anhöhe des heutigen Vorortes Léognan im Süden der Stadt Bordeaux erwerben. Nicolas de Leuvarde und Firmin le Bailly investieren ihr ganzes Kapital in diese Akquisition, offenbar bereits überzeugt davon, dass sich hier an einer der höchsten Erhebungen des Departementes der Gironde ein ganz besonderer Wein erzeugen lasse. Auf die beiden Gründerväter folgen mehrere grosse Bordeleser Familien, die das Gut erfolgreich weiter führen, darunter auch Alcide Bellot des Minières, der in den 1870er Jahren das heutige Schlösschen mit seinen 24 Zimmern erstellen lässt. Alcide bekämpft erfolgreich die Reblausplage, die damals zu wüten beginnt: Er gründet gar eine Fabrik zur Produktion von Kupfersalmiak (gegen Mehltau) und baut auch den Besitz weiter aus. Nach seinem Tod 1906 wechseln erneut mehrmals die Besitzer, bis das Gut 1955 vom belgischen Tuch- und Weinhändler Daniel Sanders gekauft wird, dessen Gattin aus Bordeaux stammt. Zu diesem Zeitpunkt stehen nur mehr 10 Hektar unter Reben. Die Sanders werden zum Motor der Renaissance von Haut-Bailly, das ihnen seinen heutigen Ruf und seine ausserordentliche Qualität verdankt. Daniel wird 1979 von Jean Sanders abgelöst, der zur eigentlichen Identifikationsfigur von Haut-Bailly wird.

Gegenwart und Zukunft

1998 kommt Haut-Bailly in die Hände des amerikanischen Geschäftsmanns Robert Wilmers. Dieser überträgt die Gutsleitung Jeans Enkelin Véronique Sanders, die bereits länger an der Seite ihres Grossvaters arbeitet. Wilmers tätigt beträchtliche Investitionen in Rebgärten (wo immer noch einige hundertjährige Stöcke stehen!), Keller und Schlossgebäude, die nötig sind, das Gut auf höchstem Niveau zu halten. Seit 2006 gehört zu diesem in Stadtnähe liegenden und folglich leicht zu erreichenden klassierten Gut auch ein weintouristischer Teil. Nach dem Tod von Robert Wilmers im Jahr 2017 tritt Sohn Chris Wilmers das Familienerbe an. Auch er engagiert sich voll für das Gut, etwa durch die Initiierung eines futuristischen Kellerneubaus, der ab 2021 neue Massstäbe punkto Bauökologie und Arbeitskomfort setzt, weiter tatkräftig unterstützt von Véronique Sanders und dem tüchtigen Weinmacher Gabriel Vialard. Vom technischen Knowhow der Equipe profitiert auch der ausgezeichnete und preiswertere Zweitwein Haut Bailly II. (früher la Parde) sowie der Wein des zweiten zur Gruppe gehörenden Gutes, Château le Pape.