Unique Wineries of the World

Weingüter Schmidheiny / Höcklistein

Fotos: z.V.g.

The New Spirit of
St. Gallen

Der Unternehmer Thomas Schmidheiny ist im Rheintal gewissermassen mit Wein aufgewachsen. Er kann sich erinnern, wie sein Vater jeweils nach dem Entkorken eines Blauburgunders aus eigenem Anbau mit dem Ausspruch «Isch doch bäumig!» den Wein womöglich ein bisschen besser reden wollte, als er war, doch seine Mutter habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie die heimischen Weine für zu sauer hielt. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass Schmidheiny in der Weinszene zuerst mit seinen Projekten in der Neuen Welt bekannt wurde, etwa mit Cuvaison im Napa Valley oder später mit Decero im argentinischen Mendoza. Doch seit rund 20 Jahren investiert er nun gezielt in seine St. Galler Weinprojekte. Und ist offenbar vom heutigen Qualitätspotenzial der St. Galler Crus überzeugt. Auf der Schmidheiny-Homepage sind heute alle Weingüter gleich gewichtet, Schmidheiny im Rheintal und Höcklistein am st.-gallischen Teil des Zürichsees agieren auf einer Stufe mit Cuvaison und Decero. Das weckt Erwartungen. Und diese werden erfüllt, wie die Topweine der letzten Jahre beweisen. Die treibende Kraft hinter dem Aufschwung in Heerbrugg und Rapperswil-Jona ist der 50-jährige Andreas Stössel, der zuvor in der Toskana in Weingütern wie Villa Trasqua und Fattoria Valtellina tätig war, bevor er 2011 die Leitung der Schmidheiny-Weingüter in St. Gallen übernahm. Inzwischen ist seine Handschrift immer klarer zu erkennen. Nach burgundischem Vorbild vinifiziert er Einzellagen-Selektionen, also eigentliche Grands Crus, bei denen er alle Register zieht. So liegt der Ertrag beim roten Flaggschiffwein von Höcklistein, dem Pinot Noir Paradies, wegen des vertikalen Halbierens der Trauben bei nur gerade 250 Gramm pro Stock. Das Resultat ist einer der besten Pinots der Ostschweiz.

Interessant ist auch, dass sich die Terroirunterschiede der Weine aus Höcklistein und Heerbrugg immer klarer zeigen. Während die Böden vergleichbar sind, hier wie dort dominiert kalkhaltiger Nagelfluh, ist das Mikroklima unterschiedlich. Während am See das Klima sehr ausgeglichen ist, sind die Temperatur-Schwankungen im Rheintal weitaus höher, auch wegen des Föhns. Dies führt dazu, dass sich die Pinots im Rheintal fruchtiger und weicher zeigen gegenüber den würzigeren und temperamentvolleren Crus vom Höcklistein. In beiden St. Galler Domänen gelten Pinot Noir und Chardonnay heute als Leitsorten, Spezialitäten wie Räuschling (bei dem man mit einer Anbaufläche von zwei Hektar heute zu den führenden Produzenten gehört) und Merlot in Höcklistein oder Zweigelt im Rheintal runden das Sortiment ab. Der ozeanübergreifende Kontext im Weinprojekt von Thomas Schmidheiny zeigt sich bei den St. Galler Domänen vor allem bei der Architektur. Der futuristische Kellereibau in Heerbrugg mit seiner Betonfassade, die an Abstraktionen von knorrigen Rebstöcken erinnert, wäre auch im Napa Valley ein Hingucker. Und der scheunenartige Neubau «Wein & Sein» beim Höcklistein-Rebberg ist mit seinem warmen, aber schlichten Ambiente zu einem besonderen Weinkulturzentrum geworden. Ja, der Aufbruch bei den Schmidheiny-Domänen hat dem Kanton St. Gallen nicht nur neue Spitzenweine beschert, sondern auch einen neuen Spirit…

Drei Spitzenweine

Schmidheiny Zweigelt 2015

Einnehmender Duft von Brombeeren und schwarzen Kirschen, dazu florale Noten und edle Röstaromen. Im Gaumen druckvoll, mit viel Beerenfrucht und präsentem, aber feinkörnig weichem Tannin. Saftige Säure. 2019 bis 2023.

Höcklistein Pinot Noir Paradies 2014

Verführerische Aromatik mit frischen roten Beeren, Graphit, Minze und einer Spur Rauch. Dezentes, kernig-harziges Holz. Im Gaumen dicht gewoben, feinfruchtig und temperamentvoll. 2019 bis 2025

Höcklistein Merlot Paradies 2015

Ein verblüffender Zürichsee-Merlot. Aromen von roten, dunklen und blauen Beeren, dazu Pflaumen, Minze und schwarzem Pfeffer. Edle Würze. Druckvoll getragen von einer präsenten, saftigen Säure. 2019 bis 2029.