Ein Revoluzzer mit Experimentierfreude

Prix Ami du Vin

Text: Charlotte Pauk, Fotos: z.V.g., Men Clalüna

Er war der Erste in der Schweiz, der Pinot Noir in Barriques füllte, Chardonnay anpflanzte, einen Schaumwein kreierte und die Sorte Completer wieder neu selektionierte. Deshalb erhält Thomas Donatsch den Prix Ami du Vin der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde.

«Ich finde es toll, dass die Schweiz mich nun entdeckt hat», findet Thomas Donatsch schmunzelnd, «obwohl ich inzwischen eigentlich ein Pensionär bin.» Dank seinen zahlreichen Kontakten mit der Weinwelt und der reibungslosen Zusammenarbeit mit Sohn Martin, der im Weingut das Zepter übernommen hat, habe er immer noch täglich mit Wein zu tun.

So klar war das nicht. 1977 stellte sich die Frage, ob er die Verantwortung für das Weingut samt dem Restaurant «Zum Ochsen» übernimmt oder lieber mit Pepe Lienhard als Musiker durch die Welt touren will. «Boden und Reben in einem der besten Gebiete für Pinot Noir zu haben, ist ein Geschenk. Dann ist es auch schlau, daraus etwas zu machen», fasst er den Entschluss zusammen. «Und man sollte das tun, was man gerne macht.» Bereut hat er es nie.

Immer aus der Reihe getanzt

Schon damals, als Donatsch mit der Arbeit auf dem heimischen Gut begann, war er ein Vorreiter in der Region. Den gemischten Landwirtschaftsbetrieb samt Vieh wandelte er in einen reinen Weinbaubetrieb um.

Und Donatsch blickte über die Bündner Herrschaft hinaus: Mit einigen Flaschen Pinot Noir im Gepäck reiste er 1971 ins Burgund, knüpfte Kontakte – besonders mit dem Kellermeister André Noblet von Romanée Conti – und erbat ein Urteil für die Weine. Das Fazit von Noblet: Die Schweizer haben fantastische Trauben, aber sie machen nichts Gescheites draus. Worauf Donatsch mit den zwei geschenkten Barriques aus dem Burgund zu experimentieren begann und die Erfahrungen und den Wein immer wieder mit den Winzern im Burgund austauschte.

1975 pflanzte Donatsch Chardonnay an. Diese Traubensorte war im Bündnerland nicht erlaubt. Dem Churer Regierungsrat, der die Botschaft von Bundesbern überbrachte, Donatsch müsse diese Rebstöcke ausreissen, setzte er einen ebensolchen Chardonnay vor und beschied ihm, die Beamten könnten die Stöcke selbst ausreissen. Die Beamten kamen – allerdings nur bis in die Gaststube «Zum Ochsen», liessen es sich dort gut gehen und bezahlten mit ihrer Rechnung häppchenweise die Busse, die Donatsch für die widerrechtliche Traubensorte aufgebrummt wurde.

Gesetze überschreiten für die Entwicklung

Er sei schon etwas ein Revoluzzer gewesen, gibt Donatsch zu. «Hätten wir das Unerlaubte nicht gemacht, wären wir nicht weitergekommen», meint er rückblickend. Dank seinem Ausbrechen aus dem bisher Üblichen hat sich die Weinbereitung in der Bündner Herrschaft und in der ganzen Schweiz entwickelt.

Der Chardonnay war es auch, der bei einer internationalen Degustation so viel Aufsehen erregte, dass sich darauf die Topwinzer die Türklinke in die Hand gaben. Donatsch hat viele Angebote als Berater oder Betriebsleiter im Ausland erhalten, das erste bei Beringer in den USA. «Das Leben wäre anders gewesen, aber nicht unbedingt besser», sagt Donatsch. «Hier können wir alles selbst machen, und die Arbeit ist vielfältig. Mancher Leiter grosser Weingüter hat mich darum beneidet.» Auf dem eigenen Weingut hatte Donatsch auch alle Freiheiten zum Experimentieren. «Den Bio-Hype von heute haben wir in den 70ern bereits ausprobiert», erinnert er sich. Der Boden sollte so bewahrt werden, dass er noch weitere tausend Jahre Lebensgrundlage für die Reben sein könne. Für ihn ist deshalb klar, dass auch der Mehltau nur mit Mitteln bekämpft werden sollte, die nach einigen Wochen im Boden nicht mehr nachweisbar sind, was einer Absage an Kupfer gleichkommt.

Er hält auch nicht viel von Design-Kellern. Ein Weinkeller müsse funktional sein, Tanks in verschiedenen Grössen haben und erlauben, dass der Wein zwar kontrolliert, aber möglichst in Ruhe gelassen werde. Denn er ist überzeugt: «Einen guten Wein kann man nicht machen, man muss ihn entstehen lassen».