Zukunft gesichert

Gloria Mathern: Nach Schicksalsschlag alles im Griff

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 26. März 2020


DEUTSCHLAND (Niederhausen) – Wie so oft sind es die Frauen, die dem starken Geschlecht das Rückgrat geben. Aber sie können auch ganz alleine die Dinge bewegen und voranbringen, ohne Frage. Hier erzähle ich zuerst die Geschichte von Gloria Mathern aus Niederhausen. In einem weiteren Artikel lesen Sie die Geschichte über Silvi Schmitt aus Leiwen mit dem Titel „Silvi Schmitt: Nach Schicksalsschlag alles im Griff“. Beide Powerfrauen eint, dass Schicksale formen und verbinden.

Gloria Mathern

Ihre Rolle war die Erziehung der beiden Kinder und parallel, dem eigenen Beruf nachzugehen – seine Rolle war die eines erfolgreichen Winzers. Doch dann kam der Schicksalsschlag. Helmut Mathern war die „Entdeckung“ des Jahres 1997 im Wein-Gault Millau, er marschierte geradewegs in Richtung der oberen Ränge in der deutschen Winzerschaft. Gloria hatte ihren Helmut 1992 auf einem Weinfest in Langenlonsheim kennengelernt. Sie war erfolgreiche Innenarchitektin und hatte auch den Journalismus in diesem Fach als zweites Standbein im Auge. Doch Helmut schaffte es, seine Gloria von Bad Kreuznach nach Niederhausen zu „entführen“. Sie gab daraufhin ihre Berufsziele auf, fügte sich in die Dorfgemeinschaft ein. Es folgten die Kinder Lisa (heute 24) und Henning (heute 22). Die Zukunft schien positiv. 

Tiefschlag und Neubeginn

Doch dann plagte Helmut ein Geschwür am Knie. Die Diagnose war niederschmetternd: bösartige Metastasen. Weder Helmut noch Gloria wollten mutlos sein. Sie dachten, dass sie es gemeinsam schaffen. Aber der Tumor war bei der Feststellung schon in einem fortgeschrittenen Stadium. An einem Abend im November 2002 musste sich Gloria von ihrem geliebten Mann verabschieden. Fortan stand die Witwe allein da. Der Sohn war damals fünf, die Tochter sieben Jahre alt. Gloria war zu dieser Zeit keine Weinfachfrau, sie brauchte Hilfe von jetzt auf gleich. Unterstützung fand sie in der Winzermeisterin Sabine Habenicht, die bis 2010 als Betriebsleiterin mit Gloria Mathern das „Frauen-Weingut“ leitete. Zwischenzeitlich übernahm der Geisenheim-Absolvent Felix Eberhard die Verantwortung als Kellermeister.

Gloria (Sternzeichen Löwe) hat sich längst in den Betrieb eingearbeitet. Ihr Gebiet ist die Vermarktung, auf Weinmessen steht sie an vorderster Front. Auch die Betreuung der Stammkunden und die Auslieferung ist ihr Revier, ihr „liebster Beifahrer“, der kleine Terrier Bonny. Viel hat sich getan, seit Helmut Mathern gegangen war. Gloria erwarb zwei Terrassenweinberge und liess diese neu bepflanzen. Neben dem Weingut liess sie ein altes Schulhaus renovieren und zum Ferienhaus ausbauen – für Gloria ein leichtes in Anbetracht ihrer Fachkompetenz als Innenarchitektin. „Ich mache vieles aus dem Bauch heraus“, erzählt die temperamentvolle, quirlige 56-Jährige, die mittlerweile für sich einen Lebensgefährten gefunden hat, der sich aber vom Weingeschäft fernhält.

Henning gehört die Zukunft

Große Hilfe findet Gloria in ihrem Sohn Henning. Begleitet von der Mutter wächst er gerade in die Verantwortung, unterstützt von der im Herbst 2019 eingestellten Kellermeisterin Claudia Steinmetz, die zuvor an der Mosel bei Max Ferdinand Richter wirkte. Der gerade erst 22-jährige Henning hat im Weingut Finkenauer in Bad Kreuznach, dann bei Robert Weil in Kiedrich gelernt. Aktuell studiert er Önologie auf der Wein-Uni Geisenheim. Hennig ist stolz auf die Voraussetzungen, die zuhause auf ihn warten und auch besonders auf die hauseigenen Lagen von rund 11 Hektar, die ausdrucksstarke Rieslinge und würzige Weissburgunder liefern.

Seine schon spürbare Handschrift im Weingut ist die Spontangärung, die er eingeführt hat. Mutter Gloria passt aber auf. Gelegentlich bringt sie Kritik an. „Da wächst ein bisschen viel zwischen den Stöcken“, bekam er kürzlich zu hören. „Hier solltest du für Ordnung sorgen.“ Zukunftspläne hat „Sohnemann“ Henning auch – er will die Rebflächen erweitern, so auf 16 bis 17 Hektar schwebt ihm vor. Nebenbei ist Hennig Mitglied der zehnköpfigen Jungwinzertruppe „Naheweinrebellen“, die seit 2018 unter dem Motto „jung, laut, wild“ für frischen Wind in ihrer Region sorgen will. Wie kam es zum Namen Henning? „Oh, der Name entstammt meiner Erinnerung, als ich noch sportlich unterwegs war“, erzählt Gloria. „Damals war ich Torhüterin unseres Handballteams. Es war die Zeit, als Henning Fritz aus Magdeburg seine Karriere als Nationaltorwart startete."

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