Ein Champagner erfordert ein gewisses Maß an Wissen und Respekt

Leitfaden Champagner – Teil I

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 21. November 2018


FRANKREICH (Champagne) – Es kommt bald die „Hoch-Zeit“ der Prickler. Schaumweine aller Couleur, allen voran Champagner, finden gerade zum Jahreswechsel hohen Zuspruch. Mal abgesehen davon, dass es zum Champagner feine Alternativen gibt, angefangen vom geschmacklich ebenso edlen Sekten, beispielsweise von Erzeugern aus Deutschland oder Österreich, sowie auch der edlen Prickler aus der Lombardei, der Franchiacorta, leisten sich doch viele gerade zu Festtagen einen „echten“ Champagner. Sollten Sie sich also für den französischen Klassiker entscheiden, dann sind meine Empfehlungen für den Kauf dieses Schaumweins vielleicht eine Hilfe für Sie.

Champagner muss aus Champagne kommen

Echte Champagner müssen aus der Region Champagne, einem traditionellen Weinbaugebiet im Nordosten Frankreichs stammen. Obwohl Schaumweine weltweit produziert werden, dürfen nur die in der Champagne produzierten Weine den Namen Champagne auf dem Etikett verwenden und werden als authentisch anerkannt – der Name Champagne ist durch EU-Recht geschützt.

Top Marken und Nischenhersteller

Bei der Auswahl sind Top-Marken die erste Wahl. Aber auch Nischenhersteller bieten beste Qualitäten. Die erste Wahl und damit die teuersten Champagner sind „Prestige-Cuvées“, die unter anderen Namen wie Krug Clos du Mesnil, Clos d'Ambonnay, Louis Roederers Cristal, Dom Pérignon und Salon Le Mesnil tragen. In den letzten fünf bis zehn Jahren haben gerade kleinere Erzeuger eine wachsende Beliebtheit erlebt – insbesondere bei erfahrenen Sammlern, die die Szene der Erzeuger verfolgen. Einer der Vorreiter unabhängiger Produzenten ist Jacques Selosse, der nicht zu den Traubenlieferanten der großen Namen zählt, sondern an der Spitze der hoffnungsvollen Bewegung steht. Verfolgen Sie insbesondere einschlägige Fachzeitschriften und Weinführer. Dort finden Sie u.a. Newcomer aus der Champagne und entsprechende Bewertungen.

Champagner ohne Jahrgang vs. Prestige Cuvée

Viele Produzenten bringen einen Spitzen-Champagner heraus, der als Prestige Cuvée bekannt ist. Diese besonderen Champagner werden nur nach einer außergewöhnlichen Ernte hergestellt und sind daher in viel kleineren Mengen und zu viel höheren Preisen erhältlich. Salon Le Mesnil beispielsweise hat seit seiner ersten Produktion im Jahr 1905 nur 39 Jahrgänge (Prestige Cuvées) veröffentlicht.

Die Prestige Cuvéeeines Champagnerhauses hat oft einen eigenen Namen: Louis Roederer nennt seine Prestige Cuvée „Cristal“, während Pol Roger „Sir Winston Churchill“ produziert – einen Vintage-Champagner, der den robusten Körper des berühmten Politikers imitieren soll. Vintage Champagner haben das Potenzial, sich in der Flasche zu entwickeln und insbesondere eine Komplexität an Aromen wie Honig und Crème Brulée zu entwickeln.

Die überwiegende Mehrheit aller Champagner hat jedoch keinen Jahrgang, sind also undatiert. Diese Art von Champagner wird nicht aus einer einzigen Ernte hergestellt, sondern aus einer mehrjährigen Mischung von Grundweinen, die zusammen mit einer standardisierten Dosage dann zu einem einheitlichen Hausstil führt. Moët & Chandon ist einer der bekanntesten Champagner ohne Jahrgang.

Lohnt sich eine Prestige Cuvée?

Top-Champagner haben das richtige Gleichgewicht zwischen Säure und Intensität des Geschmacks. Prestige-Cuvées von Louis Roederer oder Krug sind wirklich unglaublich, bieten eine erstaunliche Harmonie und eine sehr lange Ausdauer mit einhergehender animierender Lebendigkeit (gemeint ist die Zeit, die der Geschmack im Mund verbleibt). Darüber hinaus verfügen diese Champagner über eine Agilität, die es ihnen ermöglicht, sich mit dem zunehmenden Alter zu entwickeln. Eine gute Prestige Cuvée ist wirklich außergewöhnlich – Sie können den Unterschied durchaus schmecken.

Magnum oder Miniatur? Im Zweifel stets große Volumen!

Mit 1,5 Litern ist eine Magnum doppelt so groß wie eine 75-ml-Standardflasche und halb so groß wie der 3-Liter-Jeroboam. Obwohl diese teurer sind, haben größere Flaschen den Vorteil, dass in ihnen der Champagner langsamer altert, weniger zur Oxidation neigt und mehr Frische aufrechterhält. In der Summe bietet das Volumen dem Champagner einen günstigeren Verlauf der Reife. Alles dreht sich dabei um die Ullage, also der Abstand vom Korkboden zur Flüssigkeit. Dieses Verhältnis von Sauerstoff in der Flasche im Verhältnis zur Menge der Flüssigkeit, das nicht vermeidbar ist, ist das Geheimnis, denn in einer größeren Flasche ist das Verhältnis proportional geringer – rund die Hälfte im Vergleich zu einer Standardflasche.

Ein weiterer subjektiver Vorteil von größeren Flaschen ist natürlich, dass sie nicht nur was hermachen und allein durch ihre Füllmenge für eine größere Runde geeigneter sind.

Schlüsselfaktoren für Sammler

Das Champagnerhaus und der Jahrgang sollten Ihren Einkauf leiten. Ich empfehle Einsteigern zuerst verschiedene Champagner auszuprobieren, um herauszufinden, was das eigene Gusto bedient. Versuchen Sie es zum Beispiel mit einem Pol Roger, einem Krug, einem Bollinger oder einem Louis Roederer.

Sobald Sie sich für Ihr bevorzugtes Haus entschieden haben, wenden Sie sich den Prestige-Cuvées zu. Obwohl Top-Champagner nur in außergewöhnlichen Jahren produziert werden, gibt es auch unter diesen Jahrgängen teils markante Unterschiede. Im Jahr 2003 führte beispielsweise ein atypisches heißes Wetter dazu, dass nur wenige Häuser einen Jahrgang veröffentlichten. Prestige-Cuvées aus diesem Jahr können allein durch begrenzte Menge wertvoll sein. Im Jahr 2002 hatte dagegen fast jedes Haus einen Prestige Cuvéeim Programm – zwar ein deutlicher Hinweis auf ein außergewöhnliches Jahr, macht aber auch die Auswahl für eine Sammlung schwieriger. Tipp: 1996 war ein tolles Jahr für Vintage-Champagner.

Je länger die Reifephase, desto komplexer der Champagner

Die Mindestanforderung für Champagner ohne Jahrgang beträgt zwölf Monate auf der Hefe und für Champagner mit Jahrgang drei Jahre auf der Hefe. In der Praxis werden die Top-Champagner jedoch viel länger gealtert. Dies hat Auswirkungen auf die Geschmacksprofile mit Düften nach frischen Croissants, Sauerteig, Karamellbonbon sowie einhergehend komplexen Obertönen von Hefe und Toast – bedingt aus der autolytischen Zersetzung der Hefen über die Jahre.

Verschiedene Häuser lassen ihre Champagner für unterschiedliche Zeiträume auf den Hefen reifen, die vor allem durch die zweite Gärung in der Flasche dann den Charakter und Komplexität ihrer Champagner auszeichnen.

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