Der Kampf für Rioja Crus: Blends oder Terroir? (Teil-2)

07.11.2015 - arthur.wirtzfeld

SPANIEN (Rioja) - Im ersten Teil haben wir den Grund und den Ursprung der Debatte um eine neue Klassifikation im Rioja erläutert und besprochen. Fahren wir also fort. Die Debatte zieht mittlerweile große Kreise im Rioja. Es geht um die Anerkennung und gleichzeitig um die Übernahme einzelner Bereiche und Weinberge auf den Etiketten. Und es geht um die Frage: Blends oder Terroir?

 

Vorab zur Klassifikation: Die Einfachheit der Klassifikation des Rioja geht zurück auf das 19. Jahrhundert. Historisch haben die Bodegas immer Blends erzeugt mit Trauben aus der ganzen Region. Jede Bodega versuchte dabei, einen eigenen Stil zu entwickeln. Daraus entstand die einfache Einteilung in Crianza (Reifung ein Jahr im Eichenfass, ein Jahr in der Flasche), Reserva (ein Jahr im Eichenfass und zwei Jahre in der Flasche) und Gran Reserva (zwei Jahre im Eichenfass und drei Jahre in der Flasche." Weinbergs oder Dorfnamen als Teil der Appellation auf den Etiketten sind verboten.

Für die meisten Verbraucher ist es unerheblich zu wissen, dass die Trauben des Marqués de Murrieta "Castillo Ygay Gran Reserva Especial" von einem der berühmtesten Lagen des Rioja Alta stammen. "Das System der Klassifizierung greift erst, wenn die Trauben gepresst, der beginnende Wein im Fass oder in der Flasche reift", sagt Vicente Cebrián, Eigner von Marqués de Murrieta. Die Herkunft aus bestimmen Weinbergen oder einzelnen Lagen tritt in den Hintergrund, weil nur wenige Bodegas die Weinberge besitzen, von denen die Trauben kommen."

Der Konsument ist nicht informiert, woher die Bodegas ihre Trauben beziehen - es interessiert ihn auch nicht. Fast alle Bodegas beziehen ihre Trauben, gereift und geerntet in der gesamten Appellation, gekauft von verschiedenen Weinbauern, die nur anbauen und ernten. Diese Trauben stammen in der Regel von kleinen Parzellen mit einer durchschnittlichen Größe von einem Drittel Hektar - traditioneller Standard in der Teilregion Rioja Alavesa. Es gibt nur eine Handvoll Bodegas, die dies nicht tun, sondern die ausschließlich eigene Trauben aus eigenem Anbau verwenden. Zu ihnen gehören die Bodegas Murrieta, Remelluri, Contino und nur noch wenige andere Erzeuger.

"Bei einer Fortführung der Konzentration auf die Blends, können wir Grand Grus vergessen. Ein Terroir ist dann zugunsten der bestehenden Klassifikation verloren", erläutert Telmo Rodríguez von der Bodega Remelluri in Labastida, dessen Ansichten wir im Vorbericht erläutert haben. Seine Weinlage Las Beatas ist ein Paradies mit mittelalterlichen Terrassen und Überresten einer 800 Jahre alten Steinpresse, eingehauen in einen hausgroßen Felsen.  Für Rodríguez, der sich für die Erhaltung solcher alten Parzellen stark macht und die Weinbergsarbeit früherer Zeiten studiert hat, ist es wichtig, den Respekt vor dem Boden, der Landschaft und Natur wieder neu zu entdecken. "Die meisten Winzerkollegen fokussieren die Dualität, also traditionell oder modern. Traditionell bedeutet für sie, die Weine reifen in amerikanischer Eiche - modern bedeutet für sie, die Weine reifen in französischer Eiche. Das war es für sie. Aber es ist weitaus komplizierter", sagt Rodríguez.

Also die Idee, das Rioja sei eine homogene Weinbauzone, löst sich auf, bei einem Besuch der östlichen Appellation Rioja Baja. Dies ist das größte Teilgebiet aber auch das am wenigsten glamouröse der drei Bereiche des Rioja. Der Hauptort Alfaro der Appellation Rioja Baja vereint die größte Rebfläche innerhalb des gesamten Rioja - keine andere Ortschaft reicht an diese Flächen heran. Hier wachsen die Trauben, die alle großen Hersteller des Rioja kaufen.