Die VINUM-Top-Ten der Hotels und Herbergen am oder im Rebberg

Übernachten beim Winzer

Text: Thomas Vaterlaus und Nicole Harreisser, Fotos: gettyimages / ToscaWhi, Switzerland Tourism, Helmuth Scham, Ivo Scholz, z.V.g.

Es gibt nichts Schöneres für Weinfreaks, vor allem im Herbst gegen Ende der Ernte oder auch danach, wenn sich die Blätter der Reben gelb färben: Nach einem guten Essen mit inspirierenden Weinen fällt der Weinreisende in einem der Gästezimmer in tiefen Schlaf und träumt von Winzern und Reben. Und wenn er morgens das Fenster öffnet, wandert sein Blick über sanfte Rebhänge und beschauliche Winzerdörfer. Hier ist sie: die VINUM-Top-Ten der Hotels und Herbergen am oder im Rebberg.

La vie est parfaite!

Domaine de Châteauvieux

Wir sind in Genf, besser gesagt in Peney, einem jener idyllischen Weiler, keine zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, wo es sich besser lebt als Gott in Frankreich. Der ehemalige Bauernhof mit Weinbau liegt auf einer Hügelkuppe, und von der Terrasse und noch mehr von den Zimmern aus wandert der Blick über die sanft abfallenden Weinberge hinunter zur Rhone. Seit inzwischen über 30 Jahren macht hier Patron und Gastgeber Philippe Chevrier seine Gäste glücklich. In den klassisch gehaltenen Zimmern, hochwertig eingerichtet, aber ohne überflüssigen Schnickschnack, fühlt man sich sofort wohl. Das Gleiche gilt für die Terrasse. Zum Anwesen gehören auch eine kleine Zigarren-Bar, ein gepflegter Innenhof und ein Laden mit Gourmet-Produkten und Wein aus der Umgebung. Die hochdekorierte Küche von Philippe Chevrier und Damien Coche ist zum Glück ihrem ursprünglichen Konzept treu geblieben: Beste Produkte werden präzise und raffiniert, aber ohne jegliche «L’art pour l’art» zubereitet. Auf den ersten Seiten der Weinkarte lockt ein Feuerwerk an Top-Crus aus Genf. All dies macht die Domaine de Châteauvieux zum Paradies für Weinfreaks. Übrigens geht die Sonne direkt über den Weinbergen unter. Einziger «Makel»: Die 13 Zimmer sind meistens schnell ausgebucht…

Chemin de Châteauvieux 16
1242 Satigny
Tel. 022 753 15 11
www.chateauvieux.ch

Nicht ganz von dieser Welt

Tremondi Boutique BnB & Restaurant

Quinten ist ein ganz spezielles Weindorf. Der See, das Dörfchen und die Weinberge dahinter fügen sich zu einer ganz besonderen kleinen Idylle, und diese liegt wohltuend fern vom grossen Rest der Welt, denn nach Quinten führen keine Strassen. Das Dorf am Nordufer des Walensees ist einzig zu Fuss und per Schiff zu erreichen. Auf rund fünf Hektar wird hier Wein angebaut. Die Winzer kommen mit dem Boot. Wenn etwa das Team vom Weingut Bosshart + Grimm, das hier auf 1,5 Hektar ausschliesslich widerstandsfähige Sorten anbaut, ihre Ernte auf das Arbeitsboot verlädt, ist das immer ein kleines Spektakel, vor allem, wenn gerade ein Föhnsturm tobt. Vor zwei Jahren hat hier, am oberen Ausgang des 40-Einwohner-Dörfchens, inmitten der Weinberge, das Boutique-BnB & Restaurant Tremondi eröffnet. Mit natürlichen Materialien und viel Sinn für schlichte Ästhetik steht dieses Haus heute für Entschleunigung und Wohlfühlen, hierzu trägt auch das mediterran inspirierte Restaurant bei. Wer hier abends auf der Terrasse sitzt, mit dem animierenden Souvignier Gris von Bosshart + Grimm im Glas, ist ein rundum glücklicher Mensch.

Dörfli 1370, 8878 Quinten
Tel. 081 284 30 00
www.tre-mondi.ch



Das Leben ist kein Traum

Tenuta Castello di Morcote

Lage und Aussicht sind schlicht atemberaubend. In Vico Morcote, am südlichen Ende der Landzunge von Arbostora, hoch über dem Luganersee, und zwar dort, wo er für viele am schönsten ist, hat die Weingutsbesitzerin und Unternehmerin Gaby Gianini etwas geschaffen, was man als Gesamtkunstwerk für Wein-Genuss-Kultur umschreiben kann. Ihr kürzlich renoviertes Kellereigebäude inmitten ihres 172 Hektar umfassenden Weingutes, dessen Rebberge kontrolliert biologisch bewirtschaftet werden, vermittelt mit viel Stein und natürlichen Materialien ein animierendes Wein-Country-Living. Und nur wenige hundert Meter davon entfernt, im verwinkelten Zentrum des Dorfes mit seinen Gassen, Treppen und Durchgängen, hat sie ein Patrizierhaus aus dem 17. Jahrhundert in ein Hotel mit zwölf Zimmern verwandelt. Im sorgfältig restaurierten Haus vereint sich die Ehrwürdigkeit des alten Palazzo mit einem Hauch von entspanntem Zen-Feeling und moderner Kunst. Und um das Weinerlebnis perfekt zu machen, befindet sich im gleichen Haus das mit 15 Gault&Millau-Punkten ausgezeichnete Restaurant «La Sorgente».

Portich da Sura 18
6921 Vico Morcote
Tel. 091 980 22 52
www.relaiscastellodimorcote.ch

Auf des Kaisers Spuren

Schloss Arenenberg

Nach der endgültigen Verbannung von Napoleon Bonaparte nach St. Helena, zogen Hortense de Beauharnais, seine Stieftochter und Schwägerin zugleich in das spektakulär über dem Untersee thronende Schlösschen Arenenberg in Salenstein. Auch ihr Sohn, Napoleon III., der später Frankreichs letzter Kaiser wurde, verbrachte hier einen Teil seiner Jugend und sprach fliessend Thurgauer Dialekt. Übrigens wurde während der Regentschaft von Napoleon III. die noch heute gültige Bordeaux-Klassifikation eingeführt. Womit wir beim Wein wären. Das Schloss Arenenberg ist heute ein Museum, in dem sich überaus originalgetreu nachvollziehen lässt, wie die Napoleon-Familie hier vor 200 Jahren gelebt hat. Die Rebberge, die das Schloss idyllisch umgeben, werden vom kantonseigenen Schul- und Versuchsbetrieb kontrolliert biologisch bewirtschaftet. Zum Komplex gehören auch ein Hotel mit schlicht und modern ausgestatteten Zimmern, ein Bistro, in dem in Zusammenarbeit mit Slow Food Ostschweiz eine schmackhafte Regionalküche gepflegt wird, sowie grosszügige Gartenanlagen. Für jene, die ganz nah an den Reben nächtigen möchten, steht ein Bubble-Hotel mit einem Zimmer bereit.

Arenenberg 1
8268 Salenstein
Tel. 058 345 80 00
www.arenenberg.ch

Hundert Prozent Lavaux pur

Domaine du Burignon

Dass die Terrassen-Reblandschaft des Lavaux die Aufnahme ins Unesco-Weltkulturerbe mehr als verdient hat, wird jedem Besucher intuitiv sofort klar – auch dem Sänger Prince, der nach seinen Auftritten beim Montreux Jazz Festival durch die Weinberge kurvte und so beeindruckt war, dass er den Song «Lavaux» komponierte. In der Domaine du Burignon haben sich Zisterziensermönche schon im 12. Jahrhundert mit Weinbau beschäftigt. Seit 1803 gehört das Weingut, das einem Fels ähnlich in den Rebbergen über dem See thront, der Stadt Lausanne. Seit kurzem befindet sich im renovierten Hauptgebäude, «Le Vieux Burignon» genannt, auch ein B&B mit drei einfach, aber geschmackvoll eingerichteten Gästezimmern für zwei bis sechs Personen. Der perfekte Platz, um in die einzigartige Lavaux-Weinkultur einzutauchen. Bis zum Winzerdorf Saint-Saphorin mit dem vorzüglichen Restaurant «Auberge de l’Onde», wo einen Sommelier Jérôme Aké Béda weinmässig bestens betreut, dauert der Fussmarsch nur eine schöne halbe Stunde.

Chemin du Burignon 2
1071 Saint-Saphorin
Tel. 078 915 85 20
www.burignon.ch

Fas(s)zinierende Auszeit

WeinFass Hotel Rüedi

Manchmal braucht es einen Tapetenwechsel, um wieder richtig durchatmen zu können. Da kann man es wie der griechische Philosoph Diogenes machen und sich ins Fass zurückziehen. Damit aber keine Langeweile aufkommt, hält die Familie Rüedi im «WeinFass Hotel» im Blauburgunderland weitere Angebote bereit, um die Umgebung zu entdecken. Oder es geht ab in den Weinkeller, um die hauseigenen Weine zu degustieren. Übernachtet werden kann in einem der insgesamt elf neuen Fässer, die wie Original-Weinfässer in einer Reihe angeordnet sind. Diese sind jeweils mit Dusche/WC ausgestattet. Etwas rustikaler und quasi näher an Diogenes dran schlummert man in den 2er-Bettkojen in den alten Fässern. Ganz neu sind die Räbhüüsli. So erholt, startet es sich nach einem wunderbaren Zmorge und herrlichen Erinnerungen an diese originelle Auszeit in den neuen Tag.

Zinggen 1
8219 Trasadingen
Tel. 052 681 43 77
www.rueedi-ferien.ch

Im weiten Herz der La Côte

La Clef d’Or / Hôtel & Restaurant

Zugegeben: In den weit geschwungenen Abhängen der La Côte erscheint der Weinbau nicht ganz so spektakulär wie im Lavaux. Doch gerade im Unspektakulären liegt der Charme von Weinbaudörfern wie Bursinel, das auf halbem Weg zwischen Genf und Lausanne liegt. Die «herausgeputzten» Häuser an der Dorfstrasse verraten, dass wir uns in einer begehrten Wohnlage befinden. Sympathisch schlicht wirkt auch das typische Waadtländer-Haus mit der Aufschrift «Auberge Communale», in dem Gastgeber Sylvie und Pierre Puget ihre Gäste empfangen und beherbergen. Wer zuvor ein paar Winzer besucht hat, ist hier bestens aufgehoben. Nach einem Spaziergang durch die Reben hinunter zum See kann man auf der Terrasse oder in der Gaststube präzise zubereitete Klassiker geniessen: «Filet de Perches Dorés» natürlich, verfeinert mit einer Emulsion aus Butter und Zitrone oder, sehr zu empfehlen, ein klassisches Côte de Bœuf. Die Weinkarte vereint Gutes aus der Umgebung. Ja, was will man mehr. Die acht Gästezimmer sind schlicht, aber komfortabel eingerichtet. Und wenn man am Morgen das Fenster öffnet, lachen einem der See und die Reben entgegen. Fazit: unspektakulär spektakulär!

Route du Village 26
1195 Bursinel
Tel. 021 824 11 06
www.laclefdor.ch

Krafttanken im Thurgau

Kartause Ittingen

Ein Ort der Entschleunigung und zugleich ein Kraftort ist die Kartause Ittingen in der wundervollen Thurlandschaft. Die Anlage des ehemaligen Kartäuserklosters verleitet zum Verweilen und Entdecken. Nach einem Spaziergang durch die weitläufigen Gärten lädt die lauschige Gartenwirtschaft des Restaurants «Mühle» zu lukullischen Genüssen ein. Neben den vielen Produkten, die im Sinne der klösterlichen Tradition selbst hergestellt werden, finden sich bevorzugt solche aus der Region auf der Karte. Ganz besonderes Augenmerk gilt den hauseigenen Weinen. So viel Genuss lässt einen innehalten.

Kartause Ittingen
8532 Warth
Tel. 052 748 44 11
www.kartause.ch

360° Wein im Tessin

Conca Bella Boutique Hotel

Ganz und gar in Wein eintauchen – sinnbildlich gesprochen – kann man in Tessins erstem Weinhotel, dem «Conca Bella» in Vacallo. Seit März diesen Jahres erstrahlt das Haus in neuem Glanz. Ruth und Sohn Michele Montereale haben dem Haus, das seit 37 Jahren im Familienbesitz ist, ein neues Kleid gegeben. Das Leitmotiv ist der Wein, der in der Ausstattung und Einrichtung das zentrale Thema ist. Die Zimmer sind stimmungsvoll eingerichtet, seine Gute-Nacht-Lektüre kann man neben dem Bett auf einem kleinen Weinfass ablegen und auch farblich hat man sich dem Wein angenähert. Das «Conca Bella» ist ein guter Ausgangspunkt, um die umliegenden Winzer zu besuchen oder auch einen Ausflug an den Comer See zu unternehmen. Nach einem Tagesausflug kann man sich hervorragend in der Weinlounge entspannen, bevor man die Köstlichkeiten der regionalen Küche mit feiner Weinbegleitung im «Ristorante Conca Bella» geniesst. Im Weinkeller finden sich mehr als 4000 Flaschen von 1100 Etiketten.

Via Concabella 2
6833 Vacallo/Chiasso
Tel. 091 697 50 40
www.concabella.ch

Im Turmzimmer über den Reben wohnen

Colline de Daval

Ganz aussergewöhnlich wohnt es sich im Castel de Daval, einem ehemaligen Wasserturm, der 1949 erbaut als Wasserreservoir für die umliegenden Rebberge diente und auch als Unterschlupf für die Winzer. Seit 2009 bieten insgesamt fünf liebevoll eingerichtete Zimmer Weingourmets eine ganz besondere Unterkunft. Inmitten der Rebberge gelegen, ist das Castel das perfekte Ausgangszentrum für kulinarische, lokale Genüsse. Und derer gibt es einige im Hause «Colline de Daval». Neben den ausgezeichneten Weinen werden auch Spargel und Früchte wie Äpfel, Birnen, Himbeeren und Aprikosen angebaut und zu Konfitüren, Säften, Cidre und Bränden verarbeitet. Die Familie Caloz-Evequoz bewirtschaftet in fünfter Generation mit grosser Leidenschaft und Engagement den Betrieb. Gerne teilen sie ihre Begeisterung für das Land und die vielfältigen Produkte mit ihren Gästen: bei einer Weinprobe im Fasskeller oder einem genussvollen Frühstück mit lokalen Produkten. Man fühlt sich fast wie ein Turmfräulein...

Colline de Daval 5
3960 Sierre
Tel. 027 458 45 15
www.collinededaval.ch

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