Eines der ältesten Médoc-Weingüter

Meyney: Kraft und Klasse

Text & Fotos: Rolf Bichsel

Château Meyney gehört zu den ältesten Médoc-Weingütern überhaupt. Für die Qualität der Weine ist Anne Le Naour zuständig, Exekutiv­direktorin und Önologin der Gruppe CA Grands Crus Vignobles et Services.

Meyney ist ein ganz besonderes Gut. Anne le Naour, die sich auch um Grand Puy Ducasse in Pauillac und Güter in Saint-Émilion oder dem Burgund kümmert, weiss das aus eigener Anschauung. «Mein Ziel ist und war, Technik dazu zu verwenden, Raum zu schaffen für die Besonderheiten jeder einzelnen Weinlage», sagt die erfahrene Weinmacherin. Auf Meyney ist die Herausforderung schon darum gross, weil das Gut, seit vielen Jahrzehnten für tadellose Weinqualität bekannt, trotz seiner langen Geschichte bei der Klassierung von 1855 übergangen wurde.

Die Geschichte von Meyney beginnt im Jahr 1625. Ein vermögender Bordeaux-Bürger namens Pierre Forton vermacht die Hälfte seines Landsitzes in Saint-Estèphe dem Orden der Pères Feuillants. Die Mönche lassen sich auf Meyney nieder und verschulden sich, um die andere Hälfte der Domäne erwerben zu können und eine Kellerei zu errichten, die 1662 eingeweiht wird. Heute ist Meyney rund 75 Hektar gross, mit 50 Hektar einmaliger, für den Weinbau bestimmter Böden, umgeben von Hainen, Büschen, Wiesen und Wald. Die Lehm-Kies-Böden über einem Lehmsockel, der vergleichbar ist mit den besten Böden von Pomerol, ergeben besonders kräftige, vollmundige, langlebige Weine. Auch der hohe Anteil von Petit Verdot (15 Prozent) trägt einiges zum Charakter der Weine bei.

Doch der wohl wichtigste Faktor für die Qualität und den besonderen Charakter der Weine ist die Nähe zum Fluss. «Wenn an einem kühlen Wintermorgen der Nebel sich hebt und ich Richtung Gironde blicke, habe ich schon mal den Eindruck, die Schiffe würden gleich in den Reben stranden. Die Nähe zum Fluss ist unbestreitbar ein Vorteil. Die Wassermassen der Gironde regulieren die Temperatur. Das ist gerade in den Spätfrostjahren, wie sie immer zahlreicher werden, höchst willkommen. Der Fluss schützt uns auch vor exzessiven Temperaturen im Hochsommer.»

Würde es zu einer Revision der Klassierung kommen, gehörte Meyney garantiert zu den ersten Gütern, die diese Hürde nehmen würden. Doch 1855 ist abgehakte, ausgekühlte und zu Lava erstarrte Geschichte – die Klasse von Meyney bleibt im Brennpunkt der Aktualität.