Capbern (37 Hektar) und Calon (55 Hektar) werden von der gleichen Equipe betreut

Capbern & Calon Ségur: Ode an den Unterschied

Text & Fotos: Rolf Bichsel

Als Vincent Millet 2006 die Weinbereitung auf Calon Ségur übernahm, erbte er auch die Aufsicht über das unklassierte Château Capbern. ­Gerade der Respekt vor ihren Unterschieden liegt ihm am Herzen.

«Es gibt mindestens einen klaren Vorteil, wenn man mehrere Güter verwaltet: Man wird doppelt mit dem Einfluss eines bestimmten Terroirs, einer Lage, eines Ortes konfrontiert», sagt Vincent Millet. «Gemeinsam mit unserer Equipe setze ich daher heute alles daran, diese Unterschiede zu beachten und im besten Fall sogar noch herauszuarbeiten, zu sublimieren.» Auch für den erfahrenen Weintechniker geschieht die grundlegende Arbeit erst einmal im Rebberg. Die Kellerarbeit begleitet die erzielten Resultate möglichst diskret, etwa mittels präzise gewähltem Erntedatum, sanfter Extraktion oder auf den Jahrgang und Wein abgestimmtem, langen Ausbau in erstklassiger Eiche. Im Rebberg gilt das Prinzip, die Arbeit auf jede Parzelle oder gar Teile derselben abzustimmen. Weichen werden bereits bei der Neupflanzung gestellt: Wahl der Unterlagsrebe, der Sorte, massale Vermehrung ausgesuchter guts­eigener Reben. «Wir sind uns darüber bewusst, dass wir gerade auf einem historischen Monument und klassierten Gut wie Calon Ségur, aber auch auf Capbern nicht nur für unsere Generation arbeiten, sondern auch für die Generationen, die auf uns folgen werden. Das verpflichtet. Legendäre Güter stampft man nicht aus dem Boden, und ein grosses Terroir kann man nicht erschaffen. Es ist ein Geschenk der Natur. Wir schulden ihm Respekt.» Dazu gehört, sich immer wieder in Frage zu stellen. «Noch vor 10, 15 Jahren waren wir zufrieden, wenn wir Cabernet Sauvignon mit elf Prozent Alkohol einbringen konnten und Merlot mit 13. Heute kämpfen wir gegen zu hohen Alkoholgehalt. Unsere einmaligen Böden helfen uns glücklicherweise dabei. Der lehmhaltige Untergrund und die Nähe des Flusses sorgen dafür, dass unsere Weine immer auch Frische besitzen.»

Capbern (37 Hektar) und Calon (55 Hektar) werden von der gleichen Equipe betreut, doch Rebberge und Keller sind klar getrennt. Auf Calon mit seinen leichten Böden reift die Rebe früher, auf den kühleren und etwas schwereren Böden von Capbern etwas später. Das führt zu einem sehr unterschiedlichen Weinstil. Knackig-fruchtig für Capbern, wohlig opulent, seidig und elegant für Calon Ségur.