Power mit mehr Balance

Amarone! Nur wenige Weine trennen Weintrinker und Weinkritiker so vehement in zwei Lager. Weinfreaks lieben seine enorme aromatische Fülle und diese so beeindruckende Kraft. Exakt die Punkte, die von den Weinjournalisten oft als massiv und überbordend kritisiert werden. Amarone bietet in jeder Hinsicht unendlich viel, nicht umsonst ist er einer der erfolgreichsten und beliebtesten Rotweine Italiens. Ein samtiger Schmeichler durch nur zartes Tannin unterstützt mit immenser Fülle und Opulenz. Immer wieder Gaumen und Nase aufs Neue beeindruckend. Doch gibt es nicht nur die 17-Ender, bei immer noch kräftigen 15 geht es los. Da die Säure beim Trocknen der Beeren mit konzentriert wird, sorgt sie im Idealfall für eine perfekte Balance. Dazu baut man den Amarone in letzter Zeit etwas mehr in neuen Barriques aus, was ebenfalls die Kraft abfedern und dem Wein mehr Ausgewogenheit verleihen soll.

Das Schielen auf Alkoholangaben mögen manche als albern abtun. Fakt ist, der Markt verlangt immer mehr Weine mit moderater Power. Diese VINUM-Marktschau zeigt, dass der extrem mächtige Stil an Boden verliert – gleichermassen, dass Qualität beim Amarone keinesfalls mit aufsteigenden Prozenten korreliert. Schon eher ist da ein Mehr an Frische und weniger mächtige Opulenz, dafür stehen oft vielschichtigere Amarone auf dem Tisch. Es drängt sich die Frage auf, ob das dann auf Kosten von Identität und Herkunft geht. Nein. Und wer weiss, vielleicht verliert der eine oder andere Weinliebhaber die Scheu und findet wieder Zugang zum Amarone. Um nicht missverstanden zu werden – Amarone ist Kraft und Saft, ist Konzentration und Fülle und eine Ikone in zweierlei Hinsicht. Weinkultur des Veneto inbegriffen. Schon gar nicht darf er nur aufgrund seines Alkoholgehalts abgestraft werden, was diese Marktschau fraglos belegt. Wir waren uns über zwei Dinge einig: Amarone geht auch frisch und elegant und das auf hohem Niveau.