Harte Entscheidung

Eklat bei der Prüfung zum Master-Sommelier

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 27. Oktober 2018


USA (Napa) – Die Zertifizierung zum Master-Sommelier, die ein Symbol für hohe Leistung in der Gastronomie und Hotellerie geworden ist, wurde jüngst in einen Eklat verwickelt. Offensichtlich hat ein Master-Sommelier, Mitarbeiter des «Court of Master Sommeliers America», missbräuchlich Informationen zur wichtigsten Prüfung, der Blindverkostung, durchsickern lassen. Daraufhin hat der Vorstand der Institution die Abschlussprüfung von 2018 für ungültig erklärt.

Harte Entscheidung

Die Entscheidung des Vorstands fiel einstimmig und unterstützt von einem externen Rechtsbeistand. Alle 23 aktuellen Anwärter auf das begehrte und sehr schwer zu erhaltende Diplom sind davon betroffen. «Wir haben diese Entscheidung nach vielen Stunden sorgfältiger Prüfung der Beweise, Beratung und Diskussion über die damit einhergehenden Auswirkungen getroffen», wird David Broglie, Vorsitzender der Vereinigung in der kalifornischen Presse zitiert. «Ausserdem haben wir ein Verfahren eingeleitet, um die Mitgliedschaft des beschuldigten Master-Sommelier letztlich zu streichen und ihn somit auch von allen Tätigkeiten in unserer Organisation auszuschliessen.»

Bei allen Anwärtern, die an der Prüfung im September teilgenommen haben und diese auch bestanden haben, herrscht blankes Entsetzen. «Ich kann die Enttäuschung und die Wut der Teilnehmer, die wir spüren können, nachvollziehen und auch verstehen», wird Broglie weiter zitiert. «Es ist für die Teilnehmer sehr schwer zu ertragen, dass etwas, für das sie extreme Anstrengungen vollbracht haben, durch die Handlungen eines einzelnen Menschen verdorben wurde.»

Um den im wahrsten Sinne des Wortes Unschuldigen entgegenzukommen, hat der Court of Master Sommeliers America entschieden, dass alle Anwärter die Prüfung wiederholen dürfen und Ihnen die komplette Prüfungsgebühr in Höhe von 995 US-Dollar dabei erlassen wird. Aber das tröstet offensichtlich niemanden und die eigentliche Entscheidung erzeugt Wellen in der gesamten Wein-, Sommelier- und Restaurantbranche. Dort ist der Tenor geprägt von Wut, Enttäuschung, Traurigkeit und Unverständnis.

Schock und Frustration

«Die Kandidaten, deren Abschlüsse jetzt für ungültig erklärt wurden, haben in den meisten Fällen Jahre bis zur Zertifizierung gebraucht und viel Zeit und Geld investiert», reflektiert Christopher Ramelb, einer der Kandidaten und Mitarbeiter bei Southern Glazers Wine & Spirits, im Online-Forum von GuildSomm, einer Organisation für Weiterbildung im Weinbereich, die Entscheidung der Institution. Er schreibt weiter sinngemäss: «Was jetzt? Was sage ich meinem Arbeitgeber, der sich durch meinen Titel weitere Verantwortlichkeiten und Vorteile erhofft hat. Ich fühle mich beschmutzt, verloren und als ob die Jahre der Vorbereitung, die harte Disziplin, der Stress und der erhoffte Jubel, dies erreicht zu haben, umsonst gewesen ist.»

«Mein Herz fühlt mit allen Kandidaten, die von irgendwelchen unethischen Handlungen im Zusammenhang mit diesem bedauerlichen Vorfall negativ betroffen sind», wird Master-Sommelier Andy Myers von der «ThinkFoodGroup» beim berühmten Küchenchef José Andrés, zitiert.

«Es ist schockierend, dass ein Master-Sommelier, also einer aus unseren Reihen, sowas getan hat», wird Master-Sommelier Alex LaPratt, Partner und Weindirektor von Wine Spectator Best of Award, zitiert.

«Ich denke, jetzt muss der Court einen transparenten Prozess starten, um den Vorfall lückenlos und für uns alle verständlich aufzulösen», wird Max Coane, Weindirektor von Prime Cellars in San Francisco und ehemaliger Chef-Sommelier beim Grand-Award-Gewinner Saison, zitiert.

Morgan Harris im Glück

Der 24. Kandidat und Empfänger des Titels Master-Sommelier, Morgan Harris aus San Francisco, hatte im Vorfeld der Hauptprüfung, diese bereits absolviert, bestanden und darf als einzigster sein Diplom behalten. Er wird zitiert mit den Worten: "Ich verstehe die Frustration meiner Kollegen. Es tut richtig weh, dass all jene, die ehrlich die Prüfung absolviert haben, jetzt ins Leere sehen. Und es ist herzzerreißend und verheerend auf vielen Ebenen, weil nur ein einziger unehrlicher Mensch, die Zukunft so vieler Hoffnungsträger unserer Branche aufs Spiel gesetzt und womöglich ruiniert hat."

Schlusswort von Broglie

"Ich bin zuversichtlich, dass wir einen transparenten Prozess integrieren werden, um die Integrität und die Strenge des Prüfungsverfahrens zu erhalten. Und wir werden dadurch eine noch stärkere Organisation sein", schließt Broglie die Befragung von Journalisten ab.

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