Trotz oder wegen Klimawandel

Weinerntebilanz – Traumhafter Jahrgang

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 5. Oktober 2018


DEUTSCHLAND (Würzburg) – Den deutschen Winzern brachte der Hitze-Sommer eine deutlich größere Ernte. Sie produzieren in diesem Jahr rund eine Million Hektoliter mehr als üblich. „Beim roten Wein wird mit Sicherheit in unserer Region ein Jahrhundertjahrgang herauskommen“, sagt der Präsident des Weinbauverbands Rheinhessen, Ingo Steitz. "Die diesjährige Weinlese hat die Winzer im Südwesten für die zahlreichen Frostschäden im vergangenen Jahr entschädigt", sagt der Präsident des Weinbauverbandes Württemberg, Hermann Hohl. So ähnlich ist der Tenor durch alle deutschen Anbaugebiete: rundum Zufriedenheit, hohe Erträge, besondere Qualitäten. Lange hat man Kellermeister nicht mehr mit so breitem Grinsen gesehen, denn ihnen stehen in diesem Jahr außerdem noch alle Möglichkeiten für Experimente zu Verfügung.

Der fränkische Weinbauverband bilanziert die Lese so: "entspannt, unaufgeregt, schnell". Schauen wir in Franken mal genauer hin. Knapp vier Wochen nach der offiziellen Eröffnung der fränkischen Weinlese lud der Fränkische Weinbauverband in die Würzburger Sektkellerei Höfer ein. Versammelt hatten sich dort Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands, der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Dr. Hermann Kolesch und Hermann Mengler, Leiter der Kellereifachberatung beim Bezirk Unterfranken. Präsentiert wurden Zahlen und Fakten zum Weinjahr 2018 und begleitend schon die ersten Jungweine.

Problemlose Vegetationsperiode

"Nach einem ungewöhnlich langen und nasskalten Winter folgte ein extrem früher Vegetationsbeginn mit einem ansatzlosen Übergang in den Sommer“, berichtete LWG-Präsident Dr. Kolesch bei der diesjährigen Weinerntebilanz. Durch den fehlenden Frühling bestand in diesem Jahr keine Spätfrostgefahr für die Trauben im April und Mai. Die ab Pfingsten einsetzende Hitzephase liess die Weinexperten immer wieder Parallelen mit dem Weinjahrgang 2003 ziehen. „2003 war noch heißer als 2018. Allerdings war die Hitze in diesem Jahr langanhaltender als damals“, so Dr. Kolesch. 

Dank der anhaltenden Hitze und Trockenheit gab es dieses Jahr keine nennenswerten Probleme mit Schädlingen und Krankheiten. Allerdings hat die Hitzephase die Winzer vor extreme Herausforderungen gestellt. Tag und Nacht mussten die Weinberge bewässert werden. „Ein Thema, das uns auch künftig beschäftigen wird“, betonte Weinbaupräsident Artur Steinmann. Eine mögliche Lösung für dieses Problem sieht er in einer konsequenten Tröpfchenbewässerung. Künftig werde kein Weg mehr daran vorbeiführen, bei der Neuanlage von Rebflächen automatisch auch gleich die Bewässerung mit einzuplanen, sind sich die Weinexperten einig. 

Alte Reben im Vorteil

"Wir werden ab jetzt unser Augenmerk auch verstärkt auf alte Reben richten, die mit Hitze und Wassermangel besser zurechtkommen", konstatiert Hermann Kolesch. "Heute im Rückblick auf dieses Jahr sind wir erleichtert. Wir haben es mit einem qualitativ und quantitativ sehr guten Jahrgang zu tun. Die Gewinner sind die roten Sorten und insbesondere der Silvaner."

Hermann Mengler, Chefoenologe beim Bezirk Unterfranken, der zur Weinerntebilanz die ersten Weine mitgebracht hatte, zeigte sich mit dem neuen Jahrgang äußerst zufrieden. Bei der Verkostung der Jungweine lobte Mengler den neuen Jahrgang als geschmeidig, verträglich, mit frecher Säure und aromatisch sehr ausgeprägt. Dem stimmte auch Weinbaupräsident Artur Steinmann zu: „Es ist ein wahrhaft traumhafter Jahrgang geworden, der vielleicht sogar Eingang in die Geschichtsbücher finden wird!“

Franken in Zahlen

Die aktuell bestockte Rebfläche Frankens, der Silvaner Heimat seit 1659, beläuft sich auf 6.078 ha (Stand: 31.08.2018). Anfang Oktober gehen die Experten von einer Weinernte in Höhe von durchschnittlich ca. 86 hl/ha (insgesamt ca. 520.000 hl) aus. Bei einem durchschnittlichen Mostgewicht von 89 Grad Öchsle sind rund 80 Prozent der geernteten Menge prädikatsweingeeignet. Das endgültige Ergebnis steht dann nach Auswertung der Weinerzeugungsmeldung fest.

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