Yin & Yang

Weinkampf in der südlichen Hemisphäre

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 28. Februar 2019


AUSTRALIEN (Adelaide) – Es war ein mühsamer Kampf gegen die Hitze, die Weinbauern in Australien ausgefochten haben, um die gestressten Reben und deren Trauben zu schützen, die jetzt nach und nach in die Keller gebracht werden. Dem trockenen Winter und einem kühlen Frühling geschuldet hat sich die Weinlese in vielen Teilen Südaustraliens um bis zu zwei Wochen verzögert, aber dies wurde von einigen Winzern als Segen empfunden – hofften sie doch noch zum Jahreswechsel, dass sich die Temperaturen normalisieren würden, bevor die Trauben in die entscheidenden Endstadien der Reifung eintreten würden.

Diese Hoffnung ging nicht überall auf. Nach der Rekordernte in 2017 fallen die Prognosen für die Ernte in 2018 durchschnittlich um zehn Prozent geringer aus. Wine Australia beziffert die aktuelle Ernte auf knapp 1,8 Millionen Tonnen, dass sind rund zwei Prozent weniger als im Langzeitdurchschnitt. Gerade steht die Ernte bevor, die in einigen Regionen erst vor einer Woche angefangen hat und sich noch bis Ende April hinziehen wird. Schauen wir uns mal die einzelnen Regionen an und fragen die Verantwortlichen nach Ihrer Einschätzung. 

Riverland

Im Riverland herrschten in der letzten Reifephase Temperaturen bis zu 46 Grad Celsius. „Die Trauben sind trotz des Hitzestresses in einem bemerkenswerten Zustand“, sagt Chris Byrne, Geschäftsführer von Riverland Wine. „Wir sind in der glücklichen Lage, in diesem Jahr ausreichend Wasser zu haben. Außerdem haben wir auch jahrelange Erfahrung im Umgang mit Reben bei heißem Wetter, was uns einen Vorteil gegenüber anderen Regionen verschafft. Aktuell geht die Hitze zurück. Ideal wäre es, wenn es sich über den März bis April noch weiter abkühlen würde.“ Byrne ist zuversichtlich keine allzu großen Einbußen im Ertrag zu haben und hofft auf eine gute Qualität.

Barossa Valley

Ein trockener Winter und Fröste im Frühling sind Gründe dafür, dass im Barossa Valley weniger Trauben am Stock gebildet wurden. Auch hier müssen die Winzer mit einer späten Ernte umgehen. „Es gibt einfach nicht so viele Trauben, sodass wir mit einer Ernte unter dem 10-Jahres-Durchschnitt rechnen“, erläutert Nicki Robins von der Barossa Valley Wine & Grape Association. „Wir haben die Ernte der weißen Trauben erst Mitte Februar begonnen und der Shiraz kommt erst jetzt dran. Wir hatten keine nennenswerten Regenfälle, somit auch keinen Stress mit Mehltau. Unsere Trauben sind frei von jeglicher Krankheit.“

Clare Valley

Die etwas höhere Lage der Weinregion Clare Valley hat einige kühlere Sommernächte gebracht, dies half den Reben, sich von den heißen Tagen zu erholen. Der Schlüssel für diese Region war eine intelligente Bewässerung. Trotz des trockenen Winters und eines normalen Verlaufs im Frühling, sollte es ein solider Jahrgang dieser Region werden. „Wir werden einen durchschnittlichen Jahrgang haben, wenn nicht sogar ein bisschen besser in Bezug auf die Ausbeute, aber noch ist die Ernte nicht zu Ende. Wir werden sehen“, beschreibt Andrew Pike, Vorstandsmitglied der Clare Valley Wine & Grape Association, die Situation.

McLaren Vale

Obwohl im McLaren Vale mit dem gleichen Volumen an Trauben wie in 2017 gerechnet wird, ist die Größe der Beeren im Erntejahr 2018 doch merklich reduziert, was eine um 20 Prozent geringere Ernte zur Folge haben wird, so die aktuelle Prognose. „Unser Winter war trocken, das Frühjahr war kühl, der Sommer heiß und trocken – ganz ähnlich wie im Erntejahr 2006/07, was uns auf eine hervorragende Qualität hoffen lässt“, sagt Jock Harvey, einer der führenden Erzeuger des McLaren Vale und Vorsitzender des McLaren Vale Irrigators Council. „Wir haben gerade angefangen zu ernten. Klar, die geringere Größe der Beeren führt zu einer Reduzierung der Ausbeute. Dennoch sind wir rundum zufrieden.“

Langhorne Creek

In der angrenzenden Region Langhorne Creek herrschen im Allgemeinen geringere Temperaturen als im McLaren Vale, was auf die kühle Brise aus dem südlichen Ozean und den Winden vom Alexandrina-See kommend zurückzuführen ist. Der Zugang zum Wasser des River Murray ist auch für die Weinbauern des Langhorne Creek in heißen und trockenen Jahren von großem Vorteil. Hier hofft man, dass das Wetter während der Lese ausgleichend bleibt. „Wir drücken die Daumen, dass es so bleibt wie es jetzt ist“, sagt Greg Follett, Winzer und Vorsitzender der Langhorne Creek Grape & Wine. „Viele von uns sind glücklich, dass wir vor übermäßiger Hitze verschont wurden und erwarten eine durchschnittliche Ernte. Ja okay, einige Dinge sind zu ertragen dafür sind anderswo einige Dinge besser. Also sind wir ein wenig glücklicher, als unsere Kollegen in anderen Regionen.“

Adelaide Hills

Die Niederschläge in Teilen der kühlen Klimaregion Adelaide Hills lagen im vergangenen Jahr um 200 mm unter dem Durchschnitt und führten in Verbindung mit einem kalten Frühling zu Vorhersagen über verminderte Erträge und eine etwas spätere als übliche Ernte. Beeinträchtigt wird die Ernte durch weniger oder garnicht entwickelte Beeren, bedingt durch die Kälte während der Blütezeit. Auch hier wird die Ernte rund zwei Wochen später als üblich beginnen. „Kühle Nächte sind entscheidend für die Entwicklung wirklich guter Aromen. Wir hoffen daher, dass es so bleibt wie es gerade ist. Wichtig war, dass im Weinberg in den letzten Wochen über Nacht bewässert wurde und das Blattwerk nicht zu viel ausgedünnt wurde, um die Beeren vor allzu starker Sonneneinstrahlung zu schützen. Wir haben schon ordentlich Druck gehabt, aber es sieht jetzt vielversprechend aus“, erläutert Richard Hamilton, Koordinator bei der Adelaide Hills Wine Region Grape and Environment Committee, die momentane Lage.

Coonawarra

Die südöstliche Region Coonawarra hatte im Vergleich zu den anderen großen südaustralischen Regionen etwas weniger zu leiden und freute sich über das allgemein wärmere Wetter nach einem dritten Jahr in Folge mit überdurchschnittlichen Winterregenfällen. Coonawarra Vignerons Präsident Pete Balnaves erläutert, dass eine milde Vegetationsperiode die Traubenernte etwa eine Woche bis zehn Tage hinter dem längerfristigen Durchschnitt starten lässt, wobei in Coonawarra die Ernte erst diese Woche beginnen und bis Ende April andauern wird. „Es ist schon seltsam, wenn man alle Weinregionen miteinander vergleicht, dabei ist es erleichternd, dass wir in diesem Jahr weniger Stress hatten“‚ resümiert Pete Balnaves. „Wenn es weiterhin warm und trocken bleibt, werden wir zu einem normalen Timing zurückkehren, die Erträge halten und eine gute Traubenqualität in die Keller bringen können. Es sollte nur nicht mehr übermäßig regnen, ansonsten ist alles gut.“

Neuseeland und Südafrika

Wenn wir soweit im Süden sind, dann riskieren wir auch noch einen Blick nach Neuseeland (schwieriges Jahr) und Südafrika (alle sind glücklich). 

In Neuseeland kämpften die Winzer während der Vegetationsperiode mit überdurchschnittlichen Regenfällen und letztlich während der Reifephase mit zu hohen Temperaturen über die Nächte. Dies lies die Trauben weniger Säure und Zucker bilden. Und um die Misere noch zu toppen, stieg die Gefahr von Mehltau, Botrytis und Pilzerkrankungen wegen der anhaltenden Nässe. Die Winzer standen regelrecht unter Strom und waren in diesem Jahr extrem gefordert. Frühe und schnelle Ernte waren angesagt. Allgemein wird die Erntemenge und Qualität der Trauben von New Zealand Wine als „zufriedenstellend“ eingestuft.

Das aktuelle Weinjahr in Südafrika ließe sich gleichermaßen als „schwarz" wie „weiss", als „gut“ wie „böse“ oder als „yin“ und „yang“ bezeichnen. Fröste und extremer Wassermangel führten in einigen Zonen zu spannungsgeladenen Situationen. Durch allgemeine Trockenheit war ein Befall der Trauben an Krankheiten so gut wie ausgeschlossen. Die überwiegend kleinbeerigen Trauben reduzierten zwar die Menge der Säfte liefern aber konzentrierte Moste, die aromatische, stoffige Weine mit hohem Entwicklungspotential aus diesem Weinjahr erwarten lässt.

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