Würfelspiele

Harter Champagner-Disput in Frankreich

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 17. August 2020


FRANKREICH (Paris) – Die Corona-Krise macht auch vor der französischen Champagner-Industrie nicht halt. Frankreichs Medien machen gerade daraus ein großes Thema: Während die Pandemie zu einem herben Absatzeinbruch führt, ringen Winzer und Produzenten erbittert um die Erntemengen für dieses Jahr. Ein Ende des Streits um den legendären Schaumwein aus der ostfranzösischen Region Champagne ist trotz des immer näher rückenden Erntebeginns noch nicht in Sicht. 

Die großen Produzenten mit Marken wie Veuve Clicquot oder Pommery pochen dabei auf eine deutliche Reduzierung der Menge der geernteten Trauben, die für das weltweit begehrte Luxusgetränk aus dem speziell ausgewiesenen Champagner-Anbaugebiet rund um die Stadt Reims stammen müssen. Der Winzerverband SGV warnt hingegen davor, dass die Lebensgrundlage der Weinbauern auf dem Spiel stehen könnte.

Traditionelle Einigung gefährdet

Längst gilt ein ungeschriebenes Gesetz, dass beide Seiten regelmäßig in Verhandlungen die Erntemengen ausloten. Das soll einerseits das Risiko schlechter Ernten ausgleichen und andererseits die Gefahr von Preisschwankungen eindämmen, die den Produzenten gefährlich werden könnten.

Doch dieses Jahr ist eine Einigung noch weit entfernt: „Die Winzer wollen 8500 Kilo pro Hektar, aber die Häuser akzeptieren nur 6000 bis 7000 Kilo“, wird Winzer Bernard Beaulieu aus Mutigny, einem von Weinbergen umringten Dorf südlich von Reims, in den französischen Medien zitiert. Da der Preis pro Kilo mit 6,50 Euro voraussichtlich relativ stabil bleibt, steht dabei viel auf dem Spiel. 

„Nur einen Monat vor Beginn der Ernte keine Einigung zu haben, das gab es noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg“, zitiert man Beaulieu. Zugleich lässt die seinen Angaben zufolge „außergewöhnlich“ gute Ernteerwartung für dieses Jahr die Wut der Winzer schäumen. Sogar 16.000 Kilo pro Hektar sind demnach möglich.

Bürde der Übermengen

Der Produzentenverband UMC klagt unterdessen über volle Lager und erwartet dieses Jahr einen beispiellosen Rückgang bei den Verkaufszahlen um 100 Millionen Flaschen - ein Minus von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig liegen dem Verband zufolge derzeit bereits mehr als eine Milliarde Flaschen in den Kellern, theoretisch genug für mehrere Jahre. 

UMC-Generaldirektor David Chatillon will den Streit vor einem für morgen, 18. August, angesetzten Treffen des mit Winzern und Produzenten besetzten Champagner-Komitees nicht kommentieren. Sollte auch dann keine Annäherung gelingen, würde wohl letztlich die nationale Aufsichtsbehörde INAO eine Entscheidung fällen - „ein Würfelspiel“ für beide Parteien, warnt der zitierte Winzer Beaulieu. 

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