Kochen und Essen zu Weinen aus Katalonien

Katalonien: Zwiebeln, Pulpo, Pa amb Tomáquet und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Foto: gettyimages / nquasar / David Marfil / yamasan / imv / Mariha-kitchen

Pyrenäen, Serralada, Mittelmeer, vom Strand bis auf über 3000 Meter aufsteigend, vielerorts fruchtbar und belebt, doch auch schroff, steinig und einsam: Katalonien ist so vieles – doch dabei immer ganz eigenständig, und das gilt auch für Weine und Küche.

Die Geschichte Kataloniens ist bewegt. Iberer wurden von Karthagern vereinnahmt, dann machte Rom Ansprüche geltend, gefolgt von den Westgoten, Franken, Franzosen und Mauren. Alle liessen sie sich über kurz oder lang nieder am westlichen Mittelmeer, am Fusse der Pyrenäen. Besonders die Römer waren dabei auch darauf bedacht, ihre Scharen mit Wein zu versorgen, während der Islam eine Krise im Weinbau auslöste, bis die Zisterziensermönche wie in so vielen anderen Regionen für eine Renaissance sorgten. Das ausgehende 19. und das 20. Jahrhundert brachten neue Hürden mit Reblaus, Bürgerkrieg und Franco-Diktatur – die Katalanen blieben trotzig sie selbst. Offen gegenüber Neuem, aber es ständig ins eigene Wesen adaptierend.

«Unser Planet sieht immer brauner aus, es gibt immer weniger Grün – und das muss sich ändern. Regenerativer Weinbau kann etwas bewirken.»

Miguel Torres Maczassek, CEO und 5. Generation von Familia Torres

Nahezu symbolisch dafür: die grossen Kellereibauten aus der Zeit des Jugendstils. Die Reblaus vernichtet unsere Reben? Wir pflanzen neue, alle zusammen, als Genossenschaft, und bauen neue Kellereien wie Kirchen, im Stil des Noucentisme und von Gaudí beeinflusst, mit hohen Bögen, die von Stolz und Selbstbewusstsein zeugen, Ästhetik und Funktionalität vereinen.

Traditionell entstand dort vor allem Rotwein aus heimischen Sorten – bis vor etwa 50 Jahren der Cava so richtig zu schäumen begann, dafür immer mehr weisse Reben gepflanzt und auch internationale Sorten intensiv auf ihre katalanische Tauglichkeit überprüft wurden. Die grosse Erfolgsstory der Gegenwart waren dann auch nicht Cabernet, Merlot oder Chardonnay, sondern Garnatxa und Mazuelo, von den steilen, schiefersteinigen Terrassen des Priorat. Diese Rotweine waren Auslöser für die Selbstfindung der anderen DO-Gebiete Kataloniens, und zeitgleich mit ihnen entwickelte sich eine avantgardistische, vollkommen einzigartige Gastronomie. Dennoch wurzelt diese Kulinarik wie die Weine voll und ganz im Alltag, kommt der eigenständige Charakter Kataloniens mit jeder Flasche und jedem Gericht zum Ausdruck.

In Barcelona trifft sich ganz Katalonien, von der Fischküche der Costa Brava, dem Miteinander von Meer und Bergen in Ampurdán, der Pyrenäen-Gebirgsküche in Lleida bis hin zu den Tälern von Arán und Cerdanya in Girona und dem Küstenstreifen in Tarragona. Hier vereinen sich Wurst, Reis und Stockfisch mit Pilzen und Schnecken, locken neben unzähligen Restaurants der Mercat de La Boqueria und die Colmados-Kolonialwarenläden. Da wird mit Cava angestossen, Weisswein von frisch und beschwingt bis zu mineralisch und kraftvoll sowie natürlich Rotwein von gebirgskarg bis üppig und voll getrunken – und diese wunderbare Vielfalt lässt sich auch zuhause erleben.

Geschichte des Weinbaus: Neue alte Sorten

Wie in so vielen Gebieten besinnen sich die Winzer auch in Katalonien in den letzten Jahren wieder verstärkt auf alte einheimische Rebsorten aus der Zeit vor der Reblausplage, die mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Da sind etwa der im Nordwesten in Osona wiederentdeckte rote Gonfaus, der auch bei hohen Temperaturen gute Säurewerte bringt, der an Höhenlagen angepasste Pirene und der sehr dürreresistente, kleinbeerige Querol. Sehr beeindruckend ist auch der weisse Forcada aus dem oberen Penedès, mit apfelkräuterwürziger Frische.



Klassische Mariage: Pa amb Tomáquet

Der katalanische Snack schlechthin, geht zum Frühstück, zwischendurch, als Mittagessen, zum Aperitif... Geröstetes Bauernbrot wird mit Knoblauch und Tomate eingerieben, dann mit Olivenöl beträufelt.

Ganz klassisch passt dazu eine der vielen weissen, beschwingten Penedès-Cuvées aus Xarel·lo mit Muscat und Sauvignon Blanc, die das Knoblaucharoma auffängt. Deutlich seriöser wirkt das bescheidene Brot mit einer Cuvée aus Grenache Blanc im Verschnitt mit Macabeu, etwa aus Montsant. Anspruchsvoll und ungewöhnlich zugleich hingegen unterstreicht ein ungeschwefelter Ull de Llebre (aka Tempranillo) säuretransparent die Tomatenfrucht.

Xarel·lo-Cuvées aus dem Penedès spielen beschwingt mit dem Knoblaucharoma

Grenache Blanc mit Macabeu aus Montsant sorgt für eine seriöse, fülligere Note

Ull de Llebre als Naturwein unterstreicht säuretransparent die Tomatenfrucht

Neue Mariage: Weihnachtlicher Gänsebraten

Katalanische Weine zum schweizerisch-germanischen Klassiker! Das funktioniert ganz hervorragend, besonders wenn fruchtiges Rotkraut, herber Rosenkohl und Maroni dazukommen.

Eine der roten Cuvées aus Emporda, wo es ebenso viele verschiedene Bodentypen wie Rebsorten gibt, nimmt sich des Vogels wohlwollend an. Richtig festlich wird es mit einem der eleganten, auf positive Weise steinigstrengen Weine aus dem Priorat, aus Carignan und Grenache. Gänzlich überraschend hingegen wirkt ein Weisswein, Malvasia de Sitges, aus dem Hinterland der Costa Brava, der die Gans mit all ihren Aromen mit seinen weiten, grossmütigen Armen umfängt.

Rote Cuvées aus Emporda nehmen sich der Gans rundherum wohlwollend an

Carignan und Grenache aus dem Priorat machen daraus ein elegantes Festessen

Malvasia de Sitges begleitet die Gans auf überraschende, grossmütige Weise

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