Kochen und Essen zu Weinen aus der Südpfalz

Südpfalz: Keschde, Grumbeer, Fläschknepp und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Fotos: gettyimages / YelenaYemchuk, alekseystemmerw, from_my_point_of_view, Mariha-kitchen, DariaZu

Entlang der Hänge vom Pfälzerwald bis in die Rheinebene mit ihren Burgen und Schlössern, vor allem aber vielen kleinen, wahrhaft malerischen Weindörfern bis nach Frankreich hinein macht die Südpfalz ihrem Namen sonnig und entspannt alle Ehre.

Hier wachsen Feigen und Mandeln neben Pinien und Pfirsichbäumen, denn die Sonne scheint in dieser Region beinahe 2000 Stunden im Jahr, die Wolken vom Atlantik regnen sich über den grünen Kämmen des Pfälzerwalds ab, und die Böden sind fruchtbar. Das gefiel schon den Kelten und nach ihnen den aus Gallien eingewanderten Römern, die dankenswerterweise weindurstig genug waren, um an den Hängen unterhalb des Waldes Reben anzubauen. Auf die Römer folgten Alemannen, Franken, Staufer, Wittelsbacher... die Weinstöcke blieben. Sie erlebten die Verwüstungen des Dreissigjährigen Krieges und des Pfälzischen Erbfolgekriegs ebenso wie Napoleons Truppen. Trauben und Wein sorgten für Trost und Auskommen und bilden bis heute die Grundlage für eine Lebensart, die sich mit wenigem begnügt, dieses wenige aber so gut wie möglich geniessen möchte.

«Kaum eine deutsche Region hat sich so auf den Wein spezialisiert wie die Südpfalz – und das längst nicht mehr als ‹Süsspfalz›»!

Holger Schwarz, Weinfachhändler (Viniculture, Berlin) und gebürtiger Südpfälzer

Als die ersten jungen Winzersöhne in den 1970ern aus der Genossenschaft austraten, weil sie nach mehr Qualität strebten, kam das daher einer kleinen Revolution gleich, und noch in den 1980ern waren gemischte landwirtschaftliche Betriebe weit verbreitet. So manches heute hoch angesehene Weingut trennte sich erst dann von Ochsen und Schweinen, Hühnern und Getreide, um sich fortan ganz Reben, Trauben und Wein zu widmen, und selbst weltweit renommierte Erzeuger sind nach wie vor bodenständig und familiär strukturiert.

In dieser an vielen Stellen hochmalerischen Region herrscht bis heute eine tiefe Verbundenheit zur Landschaft – was sich beim Wein, als Teil gelebter Kultur, in ein detailliertes Wissen um Böden und Mikroklimata übersetzt. Von den Schweigener Lagen ganz im Süden, die bis über die Grenze nach Frankreich hinein reichen, über den Kleinen Kalmit bei Landau bis hin zum Talkessel des Kastanienbuschs von Birkweiler weit oben im Pfälzer Wald und dem wiederum ganz anders gearteten Mandelberg, ganz zu schweigen von Burrweiler, Maikammer und Kirrweiler, von Kalkmergel über Buntsandstein und Rotliegendes bis hin zu Muschelkalk bietet sich eine schier endlose Palette der Möglichkeiten. Längst ist Wein nicht mehr Grundnahrungsmittel wie anderswo das Bier, serviert im genoppten Halbliter-Schoppenglas, sondern mit Stolz präsentierter und respektierter Ausdruck von Heimat und moderner Weltoffenheit zugleich. Alle Stilistiken sind möglich, von knochentrocken bis edelsüss, schäumend und still, weiss, rosé, rot, orange, alltäglich bis hochexklusiv – und dennoch: Es ist zugleich einfach «Woi», zum Trinken, zu Fläschknepp und Saumagen, Gebreedelde und Zwiwwelkuche, und das lässt sich auch am eigenen Tisch erschmecken.



Moderne Geschichte der Südpfalz: Zusammen!

Es begann 1991 mit einer «verrückten Idee»: Fünf Südpfälzer Winzer beschlossen, zukünftig auf kollegialen Austausch, offenherzige Zusammenarbeit, gemeinsame Weinreisen zu berühmten Kollegen und kultivierten Streit zu setzen. Die fünf Freunde legten den Grundstein des Qualitätsaufschwungs ihrer Region. Andere, wie die Südpfalz-Connexion, folgten ihrem Beispiel: «Denn gerade das Gemeinsame schafft Raum für den Einzelnen. Wir hinterfragen uns, unterstützen uns, kritisieren, motivieren und helfen uns gegenseitig.» Dieser Geist ist es, der die Südpfalz heute insgesamt prägt.

Klassische Mariage: Zwiebelkuchen

Ein Hefeteig als Grundlage, viel Zwiebeln drauf, ein wenig Speck (oder auch nicht), und über allem ein Guss aus Schmand und Eiern, gerne mit Kümmel – das ist nicht nur im Herbst ein treuer Weinbegleiter.

Nahezu eine Selbstverständlichkeit dazu ist frisch vergorener oder gar noch gärender Federweisser, der sich aber durch einen trockenen Riesling bestens ersetzen lässt. Etwas aussergewöhnlicher wirkt ebenfalls trockener Gewürztraminer, dessen duftige Aromen an Birnen erinnern, wie eine Schicht Obst auf dem Kuchen. Noch ausgefallener, aber ausgesprochen animierend: Sekt! Pinot Noir Rosé Brut tanzt mit den Zwiebeln, freut sich über die Ahnung von Speck und zeigt, dass Eleganz und Südpfalz auch auf bodenständige Art ein Paar sind.

Riesling begegnet den Zwiebeln auf Augenhöhe

Gewürztraminer ergänzt den Kuchen um duftende Birnen

Pinot Noir Rosé Brut tanzt mit dem Zwiebelkuchen, elegant und bodenständig zugleich

Neue Mariage: Wildschwein-Lasagne

Wild bietet der Pfälzerwald in Hülle und Fülle, viele Winzer sind auch Jäger, um ihre Reben am Waldrand zu schützen. Eine Lasagne mit Wildschweinhack und vielen Pilzen macht ihre Beute zu einem sehr weinaffinen Essen.

Dornfelder zeigt aus der richtigen Winzerhand eine sehr schöne Pflaumenfrucht, die dem Wildschwein gut gefällt. Mit St. Laurent wird es spannend: Er bringt rauchige Noten ins Spiel, ein leicht nebliger Herbsttag am Waldrand, doch dann bricht die Sonne durch, und es duftet nach Kirschen und Pilzen! Überraschend schliesslich ein Spitzen-Chardonnay, aus dem Holz, cremig-warm und doch sehr frisch-mineralisch, der an die Tomaten andockt, alles andere umarmt und daraus ein Festessen macht.

Dornfelder gefällt dem Wildschwein mit Pflaumenfrucht

St. Laurent begleitet die Lasagne herbstlich rauchig mit Kirschnoten

Chardonnay der Topklasse macht daraus cremig-mineralisch ein Festessen

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