Italianità im Glas

Garda DOC: mit voller Kraft zu mehr Erfolg

Text: Sigi Hiss, Fotos: stock.adobe.com / EwaStudio, VINUM

Rund um den Gardasee reiht sich eine berühmte DOC an die andere und das gleich zehnmal. Als Elfte könnte man die 1996 gegründete DOC Garda mit einreihen, doch wäre das zu kurz gegriffen. In 2016 komplett neu aufgestellt, verbindet sie als Fixpunkt die historischen zehn Appellationen wie ein fein gesponnener Faden. Mit bemerkenswerten Ergebnissen.

Man muss die Schönheit und das Flair des Lago di Garda mit den blühenden Zitronen- und altehrwürdigen, knorrigen Olivenbäumen, lauen Winden und der so typischen Küche nicht mehr gross vorstellen. Hier verbirgt sich aber auch eine junge, bemerkenswerte Weinregion, die genau diese Schönheit in die Flasche bringt. Das Gebiet der DOC Garda verläuft von Valtènesi bis Valpolicella und vom Fluss Mincio bis nach Verona. «Garda» als Versuch einer geografischen Herkunftsbezeichnung auf dem Etikett einer Weinflasche gibt es schon seit 1968. Das war damals ein erster, wenn auch nicht bewusster Schritt zur 1996 gegründeten DOC Garda. Erst 2015 wurde dann die nötige Grösse erreicht, um die offizielle Anerkennung des zuständigen Ministeriums zu erhalten – das Consorzio di Tutela.

Wie der Name schon sagt, deckt er die gesamte Weinbauregion des Lago di Garda ab. Nur wenig später führte man neue und strengere Produktionsvorschriften ein. Der Fokus lag auf den Schaumweinen, von deren raschem Erfolg alle Beteiligten mehr als überrascht waren. Doch auch die saftigen und frischen Stillweine werden stark nachgefragt, wie die Statistiken eindrücklich belegen. Mit dem für die DOC erfreulichen Resultat, dass im Zeitraum 2016 bis 2022 die Zahlen teilnehmender Weingüter und somit der Rebfläche und der Produktion deutlich nach oben gingen. Basis all dessen ist die Nachfrage des Marktes, die sich je zur Hälfte aus dem Inland und dem Export ergibt. Aktiv wird man jetzt die nächsten Schritte angehen: «Wir haben nun den Fokus auf zwei traditionelle Rebsorten gelegt – Pinot Grigio und Chardonnay. Zunächst werden wir unser Augenmerk auf Pinot Grigio legen, dann folgt der Chardonnay», erklärt Paolo Fiorini, Präsident des Consorzio Garda DOC.

Lebensfreude im Glas

Den Fokus legt das Consorzio auf reinsortige Weine und grenzt sich damit bewusst von den traditionellen DOCs ab. So sinnvoll wie wichtig: Die vier weissen Sorten Chardonnay, Garganega, Pinot Grigio, Trebbiano und die vier roten Sorten Cabernet Sauvignon, Corvina, Marzemino, Merlot bilden hierbei die Speerspitzen. Erweitert wird das an sich schon hochinteressante Spektrum durch die vielen existierenden lokalen Rebsorten. Dieser Vielfalt ist man sich in der DOC bewusst, weshalb sie geschätzt und gefördert wird.

Qualitativ liegt der Fokus des Ganzen nicht auf dem hochpreisigen und exklusiven Spitzenwein, dieser wird weiterhin in den zehn historischen DOCs auf die Flasche gebracht. Es mag abgedroschen klingen, doch Lebensfreude, der Blick auf See und Berge, die Städtchen mit all ihrem Charme und der herzliche Menschenschlag, das ist es, was die Weine der DOC Garda ausdrücken. Dabei hat man so renommierte Wissenschaftler, wie die Professoren Osvaldo Failla und Luigi Mariani mit ins Boot geholt.Deren weitreichende Studie beleuchtet den Hintergrund der spezifischen Bedingungen für den Weinbau in der Region.

Himmel & Erde

Eine zentrale Rolle für das Klima und den damit verbundenen Wetterbedingungen des Gardasees, spielt der See selbst. Die enorme Wasserfläche des grössten italienischen Gewässers ist wie ein Puffer, ein die Wetterkapriolen kappendes und damit ausgleichendes Element. Für die mit hohen Temperaturen und reichlich Sonnenstrahlung typischen Sommermonate der passende Gegenpol. Dagegen sind die Winter zwar kalt, aber ohne extreme Kälteperioden – der Verdienst des Sees. Relativ gleichmässige Niederschläge über das ganze Jahr verteilt garantieren eine ausreichende Wasserversorgung, weshalb Stresssituationen aufgrund von Wasserknappheit eher selten vorkommen. Zudem kühlen die steten Winde die Rebstöcke und drücken die Wärme zwischen den Rebzeilen förmlich heraus. Frische und Frucht bleiben dadurch erhalten. Ab den Mittagsstunden bis zu den Abendstunden ist der Südwind Ora am Werk, dann übernimmt der deutlich kräftigere Nordwind Pelér in der Nacht und bis in die frühen Morgenstunden den Dienst.

Doch wer meint, klimatisch ist der Lago di Garda des Weinmachers Himmel auf Erden, vergisst die immer wieder auftretenden heftigen Hagelschauer in den Sommermonaten. Aufgrund unterschiedlicher Bodentypen lässt sich die Region im Grossen und Ganzen, wenn auch mit fliessenden Übergängen, in drei Zonen einteilen. Im Osten herrschen verschiedenartige Kalksteinformationen vor, wogegen der südliche und westliche Teil von uralten Moränenformationen geprägt ist, durchsetzt mit Ablagerungen des Seebeckens. In den hügeligen, östlichen Bereichen finden sich vorwiegend Böden vulkanischen Ursprungs. Und da wir schon beim Aufteilen sind, so ist im Osten eher der Rotwein zu Hause, im Süden wird es Weiss und der Westen zeigt sich wieder rötlicher mit Rot- und Roséweinen.

Enorm viel Charakter im Glas

Ungeachtet der Tatsache, dass die DOC Garda mit über 31 000 Hektar Rebfläche richtig gross ist, hat sich in den letzten Jahren bei den Qualitäten viel getan. Fundament sind gute, trinkige Basisweine, die die Italianità der Menschen am Gardasee ins Glas bringen. Und das ist hier mal kein abgedroschener Slogan. Unkomplizierte Weissweine mit hohem Spassfaktor, blitzsauber vinifiziert, die auch mal vier oder fünf Jahre Freude bereiten.

Da setzen die internationalen Sorten der Rotweine qualitativ noch eine Schippe drauf, bemerkenswert, was da teilweise in die Flasche kommt. Mindestens auf gleichem Niveau sind die besten Schaumweine. Offensichtlich versteht man es immer besser, erfrischende und animierende Bollicine, italienisch für Perlen, auf die Flasche zu bringen. Bei den Versionen Brut oder Extra Brut mit längerem Hefelager, sehr präziser Stilistik und passenden 12 Prozent Alkohol finden sich echte Schätze. Auch den einen oder anderen in Amphoren, mit wenig Schwefel oder als Orangeweine ausgebauten Stil findet man. Man schärft das Profil der DOC Garda, lässt den Weinmachern dennoch ihre ganz persönliche Handschrift.

Geht man diesen Weg weiter, dann wird die DOC Garda noch einiges rocken, wie man heutzutage sagt. Offensichtlich war die Wiederbelebung und Umstrukturierung der DOC Garda in 2016 die Initialzündung, auf welche, die grosse Weinregion rund um den Lago di Garda, gewartet hatte. Es soll, so Paolo Fiorini, Präsident des Consorzio Garda DOC, erst der Anfang sein und für und für die Zukunft sieht man weiteres Potenzial.


Verkostung: Garda DOC

Top 3 Rotwein

RangBeschreibung
1
17,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Azienda Agricola Ricchi
2
17,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Perla del Garda
3
16,5/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Azienda Agricola Ricchi

Top 3 Weissweine

RangBeschreibung
1
16,5/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Azienda Agricola Ricchi
2
16,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Cantina Gozzi
3
16,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Agricola Baroldi Diego

Top 3 Schaumweine

RangBeschreibung
1
17,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Perla del Garda
2
17,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Cantina Bottenago
3
16,5/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Agricola Baroldi Diego

Top 2 Schaumweine Rosé

RangBeschreibung
1
16,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Azienda Agricola Pratello di Bertola V.
2
16,0/ 20
Punkte
Venetien, Italien
Cantina di Verona - Cantina Colli Morenici