Die neue, pünktliche Deutsche Weinkönigin Lena Endesfelder

06.10.2016 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Mainz) – Königinnen gibt es viele in Deutschland, obwohl die Zeit der Monarchie weit zurückliegt. Man nehme zum Beispiel die Bierkönigin (die aktuell ausgerechnet aus der fränkischen Weinstadt Bürgstadt kommt), die Brotkönigin, die Gastro-Königin, die Spargel-Königin – und natürlich im inzwischen 68. Jahrgang die Deutsche Weinkönigin, die quasi als blaublütige Untertaninnen die Gebietsweinköniginnen sowie die ihr zur Seite gestellten Deutschen Weinprinzessinnen vorweisen kann. Vor wenigen Tagen kam es, anders als beim echten Adel, zur Wachablösung schon nach einem Jahr: Lena Endesfelder aus Mehring an der Mosel wurde in Mainz nach zwei Wahlgängen mit einer Reife kniffliger Aufgaben zur Nachfolgerin von Josefine Schlumberger gewählt, die das Amt der Deutschen Weinkönigin seit Herbst 2015 bekleidet hatte – und das im wahrsten Sinn des Wortes.

 

Wer Lena Endesfelder fragt, ob eine Weinkönigin überhaupt noch zeitgemäß ist,  bekommt zur Antwort: „Aber ja, vor allem, wenn man das Amt so flott, elegant und wortgewandt ausgeübt hat wie Josefine. Sie hat, wie ihre Vorgängerinnen der letzten Jahre, die Tradition neu gestaltet.“ In der Tat ist es längst nicht mehr so, dass die Weinköniginnen nur ein Dirndl spazierentragen und bei Festivitäten artig Grüße der Winzer überbringen. Die jungen Damen sind heute aufgeweckt, stecken oft mitten im Studium auf einer Wein-Universität wie Geisenheim oder sind damit bereits fertig. 

Aktuell erkennt man die Qualifikation bereits am bisherigen Berufsweg. Weinprinzessin Mara Walz aus Württemberg wurde in einem Weingut groß, wechselte nach zwei Semestern Weinbetriebswirtschaft über zum Studium Weinbau und Oenologie in Neustadt/Weinstraße, „weil das näher am Wein war“. Die zweite Weinprinzessin Christina Schneider aus Franken wuchs auf einem Familienweingut auf und strebt nach ihrer Prinzessinnen-Zeit den Masterabschluss in Psychologie an; den Bachelor hat sie schon in der Tasche. Den gleichen Titel, aber im Fach Weinbau und Oenologie, hat die Moselanerin Lena Endesfelder bereits in Geisenheim errungen, und das im zarten Alter von gerade 23 Jahren.

Die Deutsche Weinkönigin war bislang neben ihrem Studium im Familienbetrieb seit zwei Jahren für die Vinifikation zuständig. Schon als Kind fuhr sie mit einem Trettraktor in die Weinberge, landete dabei gelegentlich in vorbeiführenden Bächen, ließ sich aber nicht von ihrem Berufsziel Weinbau abbringen. „Manchmal habe ich überlegt, ob ich nicht Tierärztin oder Kindergärtnerin werden soll, aber diese Gedanken gingen schnell vorbei“, erinnert sie sich. Ihre ältere Schwester Sarah avancierte 2007/8 zur Ortsweinkönigin. Also eiferte ihr Lena nach, wurde 2012 ebenfalls Weinqueen von Mehring, dann Weinkönigin der Römischen Weinstraße, Gebietsweinkönigin und jetzt Deutsche Weinkönigin.

2011 musste die Familie einen Schicksalsschlag verkraften: Vater Michael Endesfelder verunglückte tödlich. Damit lag die Last der Betriebsführung auf einem Drei-Mädel-Haus mit Lena, Sarah und Mutter Cordula. Um alles bewältigen zu können, wurde die Rebfläche von 4,5 auf 1,1 Hektar reduziert. Die Reben stehen vorwiegend in Steillagen. Da Mehring im Osten von Trier nicht unbedingt zu den Renommier-Weinorten an der Mosel gehört, ist es schwer, den Aufwand in den steilen Fluren im Preis deutlich zu machen. Eine Riesling Spätlese des Weingutes Endesfelder kostet 6,80 Euro, eine Riesling Auslese in der Normalflasche nur 8 Euro, darüber können manche VDP-Betriebe nur milde lächeln oder einen Preisverfall beklagen. „Aber wir sind am Ort vermutlich schon die teuersten“, weiß Jungwinzerin Lena.

Jetzt wird sie ein Jahr lang kaum mehr Zeit für den Ausbau haben. „Aber wir haben Freunde, die gern mit anpacken. Und wir Drei können gut organisieren“, ist sie überzeugt, dass der Familienbetrieb in Weinköniginnen-Jahr nicht leiden wird. Auch die Ausübung ihrer Hobbys (Tanz und Showtanz in der Gruppe, Schwimmen und mit dem Rad oder Inliner durch die Gegend brausen) wird zurückgefahren. Ihrem Hund Poldi, einer Terriermischung, gehört allerdings weiter die volle Aufmerksamkeit – wenn sie Zuhause ist.

Mit den Jahren hat sie sich an einen etwas unglücklichen, weihnachtsnahen Geburtstag gewöhnt. Lena Endesfelder wäre fast ein Christkind geworden. Sie erblickte am 30. Dezember 1992 das Licht der Welt. „Geplant war der 27. Dezember“, lacht sie. „Aber sonst bin ich sehr pünktlich.“