Donalds Dreams

Trumps Schatten über Europas Weinwelt

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 24. Dezember 2019


USA (Washington) – Der eine schüttelt den Kopf, dem anderen stockt der Atem bei der Ankündigung der US-Regierung im Kampf mit der Europäischen Union, die jüngst bereits in Kraft getretenen Zölle bis auf 100 Prozent zu erhöhen. Die vorgeschlagenen Tarife sind der nächste Schuss im Kampf der US-Regierung mit der Europäischen Union um die Unterstützung der Flugzeughersteller Airbus und Boeing. Erst am 2. Oktober gab die Welthandelsorganisation (WTO) den USA grünes Licht für die Erhebung von Zöllen auf europäische Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar, nachdem die EU für schuldig befunden wurde, Airbus unfaire Subventionen gewährt zu haben. Am folgenden Tag kündigte die Trump-Administration 25 Prozent Zölle auf eine breite Palette europäischer Produkte an, darunter Wein, Käse, Olivenöl, Single-Malt-Scotch und Kaschmir-Pullover, die am 18. Oktober in Kraft traten. (Mehr dazu im Artikel: „Europas Zollkrise mit Wein und Co“ sowie weitere Beiträge, gelistet unter „Verwandte Themen“.)

Die aktuellen Zölle deckten alle Weine aus Frankreich, Spanien, Deutschland und Großbritannien ab, mit Ausnahme von Schaumweinen, Weinen über 14 Prozent Alkohol und großformatigen Flaschen. Als die Zolltarife angekündigt wurden, befanden sich zigtausende Weine noch in Containern und schipperten über den Atlantik. Als diese dann nach dem 18. Oktober in den US-Häfen ankamen, wurden sie effektiv um 25 Prozent teurer. Mit diesem Zolltarif haben sich die Winzer der EU und deren Importeure und Händler in den USA bisher mühsam arrangiert, indem sie den Tarif unter sich aufteilen oder in sonstiger Form kompensierten, sodass der US-Konsument dies nicht spürte. Eine Kompensation der von den europäischen Winzern und auch von deren Importeuren in den USA empfundenen Strafzölle wird in dieser Art zukünftig nicht mehr möglich sein.

Trumps Wei(h)nnachtsbotschaft

Natürlich hat sich die EU gegen die Sonderzolltarife gewehrt. Doch das Berufungsgremium der WTO hat den Einspruch am 1. Dezember abgelehnt. Die US-Regierung reagierte darauf mit weiterem Druck und mündete jüngst in die jetzt zu prüfende Maßnahme, 100 Prozent Zölle auf eine breite Palette von Lebensmitteln und anderen Produkten aus allen EU-Ländern, einschließlich Käse, Fleisch, Olivenöl, Joghurt, Whisky, Brandy und Wein. Anders als bei der vorherigen Tarifrunde, die sich nur auf Weine aus den vier Nationen (Frankreich, Spanien, Deutschland, Großbritannien) konzentrierte, die Airbus subventionieren, würden diese Zölle Weine aus allen EU-Ländern treffen und Sekt, Dessertweine, Wein in großformatigen Flaschen und Weine in allen Alkoholgehalten umfassen, nicht nur solche unter 14 Prozent. 

Es ist nun nicht sicher, ob diese überlegten Zolltarife so in Kraft treten, vielleicht in abgemilderter Form. Aber allein die Ankündigung der US-Regierung sie zu erheben, mit dem erhofften Rückhalt der WTO, lassen erwarten, dass sich der Zollstreit zwischen den USA und der EU ausweiten wird. Währenddessen häufen sich auf politischem Weg die Konsultationen zwischen den Beamten beider Parteien. Sollte sich eine Lösung für die von den USA als unrecht empfundenen Subventionen für Airbus mit der EU verhandeln lassen, wäre ein Abwenden der vorgeschlagenen Tarife oder vielleicht zu mindest ein Abmildern möglich. Donald Trump und Xi Jinping haben es gerade vorgemacht. Auch im Handelsstreit mit China hat Trump nachgegeben. Aktuell prüft das Office of the United States Trade Representative (USTR) alle vorgetragenen Argumente beider Parteien und will bis zum 13. Januar 2020 entscheiden.

Verheerende Wirkung

Sollte es zu einem bis zu 100-prozentigen Zolltarif auf Europas Weine kommen, wird dies verheerende Auswirkungen auf Weinproduzenten, Importeure, Restaurants, Einzelhändler und letztlich auch für Verbraucher haben. Investitionen werden zurückgestellt, es kann zu Entlassungen kommen, Umsätze werden einbrechen, Handelsbeziehungen werden abbrechen, Marktanteile gehen verloren und schließlich werden US-Konsumenten auf lieb gewordene Weine verzichten, wenn sie nicht hohe Preise zahlen wollen. Dies vermiest allen Betroffenen die Festtage und könnte zu merklichen Einbrüchen im Export europäischer Weine führen. Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Einigung, ein Einlenken – ich bleibe am Thema dran und werde berichten.

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