Kriegsbeil begraben

Kompromiss im Champagner-Streit

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 20. August 2020


FRANKREICH (Paris) – Kurz vor Erntebeginn ist ein Champagner-Streit in Frankreich beigelegt worden – siehe meinen Beitrag: „Harter Champagner-Disput in Frankreich“. Winzer und Produzenten einigten sich gegen alle Erwartungen gestern (Dienstag 18. August) auf die diesjährige Erntemenge für die Trauben, aus denen der Schaumwein gekeltert wird. Sie legten dafür eine Höchstmenge von 8000 Kilogramm pro Hektar fest, wie der Winzerverband SGV mitteilte. Das entspricht 230 Millionen Flaschen Champagner. Knapp ist die Region damit einem Aufstand der Winzer entgangen, die dennoch mit dem Kompromiss verhohlen hadern.

Wegen des Absatzeinbruchs infolge der Corona-Krise hatten die großen Champagner-Produzenten mit Marken wie Veuve Clicquot oder Pommery eine deutliche Reduzierung der Erntemenge verlangt. Die Winzer fürchteten den Ruin. Die nun vereinbarte Menge liegt rund 20 Prozent unter der des Vorjahres. Dennoch ist es eine der niedrigsten Grenzen der letzten Zeit, mit Erträgen von 10.200kg/ha im Jahr 2019 und 10.800kg/ha im Jahr 2018.

Der Präsident des Winzerverbands, Maxime Toubard, sprach dennoch von einer „gerechten“ Entscheidung. Auch der Vorsitzende des Verbands der Champagnehäuser, Jean-Marie Barillère, äußerte sich zufrieden. Freuen können sich demnach auch die Champagner-Trinker: Der Jahrgang 2020 verspreche wegen der vielen Sonne „außergewöhnlich“ gut zu werden, betonte der Winzerverband.

„Die namhaften Champagner-Häuser sind der wirtschaftliche Motor der Region und für mehr als 70 Prozent des Gesamtumsatzes verantwortlich", heisst es seitens der Produzentenverbandes UMC. Allerdings besitzen die Häuser nur 10 Prozent der für Champagner gesetzlich bestimmten Rebflächen – sie sind somit abhängig von den Traubenlieferanten, was letztlich auch zum Kompromiss führte.

Überall gute bis beste Traubenqualität

Die Weinlese in der diesjährigen Ernte begann offiziell am 17. August, zwei Wochen vor dem durchschnittlichen Starttermin im vergangenen Jahrzehnt, so die UMC. Die vegetativen Bedingungen können sich allerdings noch ändern, aber einige Häuser haben bereits einen positiven Ton in Sachen Traubenqualität angeschlagen. „Die Reben sind in jedem Gebiet in einem guten Gesundheitszustand", bestätigt Vitalie Taittinger, von Champagne Taittinger. „Das Profil dieses heißen, trockenen Jahres deckt sich mit dem, was wir in den Jahren 2018 und 2019 erlebt haben. Auch da waren die Bedingungen gut und die Ernten wurden weniger durch klimatische Zwischenfälle wie Frost und Hagel beeinträchtigt.“

Mein Portrait und Interview über und mit Vitalie Taittinger lesen sie hier: „Das Champagner Start-Up

Kritik der Verbände

In der aktuellen Erklärung der UMC heisst es unter anderem, dass „rund 100.000 saisonale Traubenpflücker in Übereinstimmung mit den neuesten Gesundheitsvorschriften und den Empfehlungen der französischen Regierung beschäftigt und untergebracht werden können“ und betont, dass „Fehlen einer angemessenen Antwort“ in Sachen Unterstützung von französischen Behörden zur Bewältigung der Pandemie. Mit der Kritik steht die UMC nicht allein. Mehrere Winzerverbände in ganz Frankreich, darunter der Verband der Winzer in der Champagne (SGV), haben die Regierung kritisiert, weil sie aus ihrer Sicht dem Weinsektor nicht genügend finanzielle Unterstützung gewährt.

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