Kochen und Essen zu Weinen aus Südafrika

Südafrika: Bobotie, Braai, Biltong und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Foto: Gettyimages / Christelle Leuvennink / Sproetniek / jirkaejc / cookedphotos / grandriver

Gold und Diamanten, Safaris und Surfen, aber auch Shantytowns und das Ringen um ein Miteinander; Landschaften von atemberaubender Schönheit, dazu schmackhafte «Fusion»-Küche und hervorragende Weine: All das ist Südafrika

Wein in Südafrika war zuerst Notwendigkeit - und ein saures Desaster. Jan van Riebeeck, der 1652 die Kapkolonie als Versorgungsstation der Niederländischen Ostindien-Kompagnie gründete, war Arzt, nicht Winzer. Er liess Obst und Gemüse anbauen und brauchte natürlich auch Wein und vor allem Branntwein, für die Versorgung der Schiffsbesatzungen. Die aus den Niederlanden angeforderten Rebsetzlinge liess er in den Gärten neben Erbsen, Bohnen und Kohlköpfe pflanzen; das Ergebnis konnte offenbar nur mit Mühe schön beziehungsweise geniessbar geredet werden. Erst als unter van Riebeecks Nachfolger Simon van der Stel, der sich bereits in den Niederlanden aktiv mit Weinbau beschäftigt hatte, Reben südlich des Tafelbergs in Groot Constantia gepflanzt wurden, zeigte sich das weinbauliche Potenzial der Kolonie. Wein aus Südafrika wurde zur Erfolgsstory. Bald funkelte fruchtigsüsser Vin de Constance aus hochreifen Muskatellertrauben in den Gläsern der europäischen Aristokratie.

Doch das ist nur der Anfang der Geschichte vom Wein in Südafrika und auch als solcher nur ein Ausschnitt. Wie alle Unternehmungen der europäischen Siedler - nach den Niederländern kamen die Hugenotten und Briten - basierte auch der Weinbau lange Zeit auf Unterdrückung und Ausbeutung. Die strahlend weissen kapholländischen Anwesen im ebenfalls von van der Stel gegründeten Stellenbosch wurden von Sklaven gebaut, die Weinberge von ihnen versorgt, die Geschichte des südafrikanischen Weins hingegen wurde von den weissen Minderheiten dominiert. Erst seit dem Ende der Apartheid drängt die enorme Komplexität Südafrikas auch beim Wein allmählich ans Licht.

«Weinproduktion in Südafrika kennt viele Herausforderungen, und deshalb ist es so aussergewöhnlich, wie viel Optimismus und Energie unter den Kap-Produzenten herrscht.»

Jancis Robinson, britische Weinkritikerin

Von der Grenze zu Namibia und Botswana bis hin zum Indischen Ozean, von Zimbabwe bis zum Atlantik umspannt Südafrika eine Unmenge an Ökosystemen, reicht klimatisch von heissen Wüstengebieten und trockener Steppe im Landesinneren über mediterran-maritime Regionen im Westen bis zu subtropischen im Osten. Das Land hat drei Hauptstädte und elf Amtssprachen. Wäre der Begriff multikulturell für ein Staatsgebilde erfunden worden, dann für diese Regenbogen-Nation mit unzähligen Einflüssen afrikanischer Volksgruppen sowie neben denen der Nachfahren der Kolonialisten jene der Sklaven aus Indien, Indonesien und Madagaskar. Südafrika, das ist heute das andauernde Ringen um eine gemeinsame Gegenwart.

Ganz allmählich wird der Wein dabei zu einem gemeinsamen statt trennenden Kulturgut. Er findet seinen Weg aus den kapholländischen Anwesen in die Townships, unkompliziert aus der Bag-in-Box oder aus teuer aufgemachten Flaschen begleitet er die südafrikanische Küche in ihren vielen Facetten. Wie etwa Samosas, ein kulinarischer Beitrag der zum grossen Teil muslimischen Kapmalaien und doch längst Teil des kulinarischen Mainstreams. Für viele Südafrikaner sind die würzig gefüllten frittierten Teigtaschen ein Freitagabend-Ritual, um mit einem Glas Wein aufs Wochenende anzustossen - ob nun auf Xhosa, Zulu, Englisch oder Afrikaans.



Geschichte: Alte Reben, neue Weine

Die Vitis vinifera fühlt sich vornehmlich am mediterranen Westkap und in den angrenzenden Gebieten wohl. Neben den hugenottischen und niederländischen Namen alteingesessener Betriebe stehen immer mehr solche junger Weinmacher, die schon längst nicht mehr auf Masse und Branntwein setzen. Sie suchen nach alten Reben in Swartland, loten neue Grenzen nach Norden und im Süden bis nach Cape Agulhas sowie im Landesinneren aus und entwickeln eigene Stilistiken: neben Bordeaux- und Burgundersorten immer mehr Syrah und Cinsaut, Chenin und Pinotage.

Klassische Mariage: Braai

Garen über einer Feuerstelle ist in ganz Südafrika beliebt, und jeder passt es seinen Bedürfnissen und Vorlieben an. Fleisch aller Art duftet den Weinen förmlich entgegen.

Lange bedeutete Rotwein am Kap vor allem Cuvées aus den Bordeauxsorten, mit Cabernet Sauvignon als Hauptbestandteil, und das harmoniert natürlich bestens mit einem Rindersteak. Mittlerweile haben sich jedoch die sogenannten Cape Blends aus Pinotage in Kombination mit Rhône-Sorten durchgesetzt: ganz hervorragend zu Lammkeule oder Lammkoteletts! Ausgefallener und im Moment sehr angesagt sind eher helle, duftige Rotweine von alten Cinsaut-Reben aus Swartland, die dem Fleisch eine feine florale Gewürzdimension verleihen.

Bordeaux-Cuvées vom Kap und Rindersteaks sind wie füreinander geschaffen.

Cape Blends auf Basis von Pinotage passen besonders gut zu Lammfleisch vom Braai.

Cinsaut aus alten Reben in Swartland bringt eine feine florale und würzige Duftigkeit ins Spiel.

Neue Mariage: Calamari-Ringe

Historische Altlasten sorgen zwar für viele aromatische Akzente, können aber im sozialen Miteinander auch schwierig sein - ist es in Ordnung, zu einem ursprünglich muslimischen Gericht Wein zu trinken?

Frittierte Calamari hingegen sind bei allen beliebt - und äusserst weinaffin! Mit etwas Sauce Tartare begleiten sie sehr vergnüglich einen der sonnenstrahlenden, mineralischen Chardonnays aus Stellenbosch, Paarl oder Franschhoek. Mit ein paar frischen Zitronenspritzern und einem Hauch von Chili freuen sie sich über einen eleganten Cap-Classique-Schaumwein, und wer es ganz extravagant mag, der öffnet eine Flasche Vin de Constance, den historischen Süsswein von Klein Constantia aus hochreifen, teils getrockneten Muskatellertrauben.

Chardonnay macht aus den Calamari eine nahezu elegante Mahlzeit.

Cap Classique lässt sie schäumend mit frischer Säure tanzen.

Vin de Constance rückt sie ein wenig in den Hintergrund, freut sich aber über die herzhafte Begleitung.

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