Aus Sicht eines gereiften Einzelgängers

Interview mit Andreas Vitásek

Text: Nicole Harreisser, Foto: Valerie Loudon

Wenn man einem bekannten Kabarettisten Fragen stellt, dann schleicht sich eine gewisse Nervosität ein, man will nicht zu langweilig sein, aber auch nicht zu lustig. Man bewegt sich zwischen Facts, Werdegang und, weil man weiss, der Genuss spielt in seinem Leben auch eine Rolle, vielleicht auch zweideutigen Fragen, vor allem, wenn das aktuelle Programm «Spätlese» heisst.


Andreas Vitásek, Sie sind Kabarettist, Regisseur und Schauspieler und sind eine Ikone der österreichischen Fernsehgeschichte. Wann hatten Sie zum ersten Mal den Gedanken, auf die Bühne zu gehen?

Als ich während meines Studiums als Komparse am Burgtheater arbeitete, merkte ich, dass mich die Bühne mehr reizt als die trockene Theaterwissenschaft.

Nach Ihrem Studium der Theaterwissenschaften und Germanistik in Wien sind Sie nach Frankreich gegangen an die Theaterschule von Jacques Lecoq in Paris. Was hat Sie mehr geprägt, das Studium oder die Theaterschule?

Das Studium war sicher eine gute Basis, auf die ich nach wie vor zurückgreife. Aber als Künstler geformt hat mich die grossartige Schule von Jacques Lecoq in Paris.

Wo sehen Sie selbst Ihren Schwerpunkt? Ist es das Theater oder als Kabarettist?

Ich bin zwar die meiste Zeit als Solokabaret-tist tätig, aber ich glaube, dass mir die Beschäftigung mit dem Theater geholfen hat, ein akzeptabler Kabarettist zu werden.

Was fasziniert Sie am Schaffen als Kabarettist? Woher stammen Ihre Inspirationen?

Ich schöpfe sehr viele Themen aus meinem privaten Alltag und versuche, sie in eine Allgemeingültigkeit zu heben. In den besten Nummern gelingt mir das.

Mit der Neuinterpretation des «Herr Karl» von Helmut Qualtinger haben Sie sich an einem Urgestein Österreichs versucht. Die Kritiken waren nicht durchweg positiv. Sind Sie selbst damit zufrieden, und würden Sie es auch wieder so machen?

Da muss ich widersprechen. Durchgehend alle professionellen Kritiken waren äusserst positiv. Jedenfalls kenne ich keine einzige negative. Aber darum geht es auch nicht. Wichtig ist, dass ich das Stück nach wie vor sehr gerne spiele und auch immer wieder neue Nuancen finde. Gerade ist eine neue Variante mit Musik der OÖ. Concert-Schrammeln auf Tour und wird vom Publikum begeistert aufgenommen.

Sie stehen seit 1981 auf der Bühne und haben mittlerweile 14 Programme geschrieben. Was hat sich seit Ihren Anfängen geändert?

Kurz gesagt: so ziemlich alles. Die Themen, die Bühnentechnik, natürlich auch meine Spielart, die sich von sehr körperbetont zu mehr textzentriert entwickelt hat. Gleich geblieben ist, dass ich alleine auf der Bühne stehe und versuche, dem Publikum einen schönen Abend zu bereiten.

Ihr aktuelles Bühnenprogramm heisst «Spätlese». Wie ist die Idee zu diesem auch doppeldeutigen Namen entstanden?

Ich wollte einen Titel, der meinem Alter, aber auch meiner Reife gerecht wird. «50 Shades of Grey» war schon vergeben, also wählte ich «Spätlese», weil da etwas Geniesserisches mitschwingt, aber auch die Erfahrung, die ein Winzer braucht, um den richtigen Zeitpunkt für die Ernte einer gelungenen Spätlese zu erwischen.

Worum geht es bei Ihrem Programm?

Es geht um die Zeitenwende aus der Sicht eines gereiften satirischen Einzelgängers. Details erfahren Sie am Abend selber.

Wenn wir beim Thema Wein sind, lieber Weiss oder Rot?

In kühleren Zeiten eher Rot, in wärmeren Weiss. Hängt natürlich auch von der Speisenbegleitung ab. Aber ich spüre bei mir in letzter Zeit eine Tendenz in Richtung Weiss. Das hat vielleicht auch mit der leichteren Verträglichkeit vieler Weissweine zu tun.

Aber auch ein Prickeln im Glas gehört für Sie zum Leben dazu. «Ein Leben ohne Sekt ist vorstellbar, aber sinnlos.» So werden Sie nach Ihrer Ernennung zum Sekt-Austria-Botschafter im vergangenen Oktober zitiert. Was begeistert Sie an österreichischem Sekt?

Neben der durchgehend hohen Qualität des österreichischen Sekts überzeugt mich die Vielfalt der vielen kleineren Winzer, die sich neben den grossen Playern durch Kreativität, Individualität und Seriosität behaupten können.

Was sind Ihre Aufgaben als Sekt-Austria-Botschafter?

Meine Aufgabe sehe ich unter anderem darin, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der österreichische Sekt nicht nur ein Aperitif und ein Stehgetränk bei diversen Eröffnungsfeiern ist, sondern auch ein Getränk, dass perfekt geeignet ist, eine ganze Mahlzeit zu begleiten.

Vor kurzem haben Sie Ihren Geburtstag gefeiert. Gibt es bei Ihnen ein Glas Sekt nur zum Anstossen, oder darf er auch den ganzen Abend begleiten?

Natürlich habe ich nicht nur mit einem Glas Sekt angestossen, sondern mit meiner Familie und meinen Freunden einige schöne Flaschen österreichischen Sekts genossen.

Was machen Sie, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Ich lebe den Alltag. Familie, Erledigungen, Bürokram, der Tag ist immer zu kurz.

Sie leben in Wien und im Südburgenland. Was hat Sie als Wiener Kind ins Südburgenland gezogen?

Mein langjähriger Freund und damaliger Agent Georg Hoanzl hat mir auf einer Tournee seine Heimat, das Südburgenland, gezeigt, und es war Liebe auf den ersten Blick. Eine Liebe zu dieser Gegend, die bis heute andauert.

Wurstsemmel oder Käskrainer?

Ehrlich gesagt keines von beiden.

Grüner Veltliner oder Blaufränkisch?

Für mich dürfen es beide sein. Als Veltliner am liebsten Grüner Veltliner Smaragd Ried Schütt vom Knoll, Blaufränkisch bevorzugt vom Eisenberg.

Süss oder trocken?

Trocken natürlich, obwohl ich zu einem Gläschen Château d’Yquem niemals nein sage.

Jung oder gereift?

Gereift. Nicht nur beim Wein.

Vielen Dank für das Gespräch.