Im Brennpunkt: Vermentino

Super-Bianco aus Wellen und Stein

Text: Christian Eder, Fotos: Cesare Moroni Fotografo, Pietrantoni Silvia, Christian Eder, z.V.g., GettyImages / Westend61

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Diese Reportage finden Sie in der
Ausgabe 03 | 2025

Die spätreifende Rebsorte ist besonders für Lagen nahe dem Meer geeignet.

7 Vermentino, die man kennen sollte

Terenzuola – Colli di Luni DOC Fosso di Corsano 2023

93 Punkte | 2026 bis 2033

In Stahl gereifter Vermentino, der einen grossen Teil seiner Mineralität von den Schieferböden erhält, auf denen er ge-deiht: überzeugend die würzige Nase, die fruchtig-balsamischen Nuancen, die Salzigkeit am Gaumen, der Mix aus Struktur und Finesse, die Länge.

Lunae – Colli di Luni DOC Numero Chiuso 2020

92 Punkte | 2026 bis 2031

Eine Rebbergselektion aus zwei Parzellen, in grossem Holz gereift: betörende Noten von Zitrusfrüchten und Pfir-sichen, Blüten, Salbei und Honig; mineralisch-salzig am Gaumen und doch auch mit Struktur, das Finale fruchtig-balsamisch.

Tenuta di Ghizzano – Costa Toscana IGP Vermentino Mimesi Bianco 2022

92 Punkte | 2025 bis 2030

Zwölf Tage Mazeration, dann einige Monate in Terrakotta auf den Feinhefen: Heraus kommt eine vibrierende Nase nach Äpfeln, Holunderblüten, Mandeln und Kräutern. Der Auftakt elegant mit feiner Mineralität und einem anhaltenden, mineralischen Abgang.

Grattamacco – Bolgheri DOC Vermentino 2023

93 Punkte | 2026 bis 2032

Von den Brisen des Tyrrhenischen Meeres geprägt: komplexe Nase mit feinen Würznoten, mediterraner Macchia und Rosenaromen. Die akzentuierte Säure gibt die frische Linie vor. Der Abgang durch viel Charme mit würzig-fruchtigen Noten von Salbei, Limonen und Steinobst.

Tenuta Belguardo – Maremma

Toscana DOC Vermentino Superiore Belguardo V 2022

93 Punkte | 2026 bis 2030

Vermentino, zur Hälfte für sechs Monate sur lie in Stahl und in der Amphore ausgebaut: in der Nase ein Potpourri von exotischen Früchten, auch Zitrus-, Pfirsich- und Macchianoten sowie Akazienblüten. Am Gaumen mit Schliff, ausgewogen, elegant und lang, mit viel Frucht und Finesse.

Capichera – Isola dei Nuraghi IGT Vermentino 2022

93 Punkte | 2025 bis 2030

Ein Aushängeschild des weissen Sardiniens: feinziselierte würzige Blume mit Noten von Macchia, Pfirsichen und heissem Stein. Am Gaumen leichtfüssig, getragen von der vifen Säure, von grosser Länge. Zu Meeresfrüchten, Fisch und Sushi.

Vigne Surrau – Vermentino di Gallura DOCG Superiore Scialla 2022

92 Punkte | 2026 bis 2030

Einladende Zitrus- und Steinobstnoten, Holunderblüten und Rosmarin prägen die Nase. Knackig am Gaumen, die Säure belebend, sommerlich und warm der Abgang. Hervorragend als Aperitif und auch als Essensbegleiter.

Die Traube, die aus dem Westen kam

Über den Ursprung der Vermentino gehen die Meinungen auseinander: Nach den Erkenntnissen des französischen Ampelographen Victor Pulliat stammt die Vermentino-Rebe ursprünglich aus Spanien und kam über Korsika nach Frankreich und an die ligurische und toskanische Küste. Andere Forscher sehen ihre Geburtsstätte im östlichen Mittelmeer. Es gibt auch Meinungen, dass es sich um eine historisch in Italien geborene Rebsorte handelt. Der Ursprung auf der Iberischen Halbinsel gilt allerdings als der wahrscheinlichste, von dort aus kam die Rebe an die französischen und italienischen Küsten, nach Korsika, ins Piemont und nach Sardinien.

In Bella Italia gibt es zwei offizielle Synonyme für Vermentino: Pigato in Ligurien und Favorita im Piemont, die in der DNA identisch sind. Vermentino di Gallura ist das einzige DOCG-Gebiet, dazu kommen rund 30 DOC und IGT für Vermentino in ganz Italien. In Ligurien wird die Rebsorte vor allem an der Riviera di Levante im Osten angebaut. In der westlichen Liguria Ponente ist sie – meist unter dem Namen Pigato – ebenfalls heimisch. Im Piemont ist die Rebsorte als Furmentin im Valle Belbo und im Roero als Favorita bekannt.

Aktuell sind 8250 Hektar italienweit mit Vermentino bestockt, davon 4850 in Sardinien, 1900 in der Toskana, 550 in Ligurien und 564 in Sizilien. Frankreich besitzt 6035 Hektar – vor allem in Korsika, im Languedoc und in der Provence, wo der Vermentino als weisse Sorte auch in Rosé-Weinen Verwendung findet.

Sardinien und die Gallura

Lange bevor Vermentino in anderen Zonen Italiens für Furore sorgte und Pigato aus Ligurien oder Favor-ita aus dem Piemont gerade mal unter ein paar Liebhabern bekannt war, war Vermentino bereits das weisse Aushängeschild Sardiniens. Auf den Granitfelsen der Gallura im Norden der Insel gedieh die Rebsorte hervorragend und brachte salzig-mineralische und langlebige Weissweine hervor. Viele davon wurden zwar auf der Insel in den Lokalen von Porto Cervo und der Costa Smeralda getrunken, manche erreichten aber auch das Festland und machten Vermentino als Rebsorte bekannt.

Zu den Pionieren des sardischen Vermentino zählte die Familie Ragnedda, die ihre Rebberge an der Grenze der Gallura im Norden kultiviert. Der Klassiker des Gutes namens Capichera ist der Isola dei Nuraghi, der seit den 1980er Jahren von Mario Ragnedda produziert wird. Er wird auf Granitböden in den dem Meer zugewandten Tälern des Nordens gezogen und nur in Stahl vinifiziert. Dem steht der VT zu Seite, ein holzgereifter Vermentino, der in Sardinien Schule machte: Das Ergebnis ist auch im aktuellen Jahrgang 2020 facettenreich, mineralisch, mit balsamischen Nuancen im Finish.

Ein Spitzenerzeuger für Vermentino di Gallura DOCG ist längst auch das Weingut der Brüder Tino und Salvatore Demuro, Vigne Surrau. Am Rande der Hafenstadt Porto Cervo werden seit zwanzig Jahren auf 40 Hektar in den Flusstälern von Surrau und Juannisolu und nahe dem Meer knackige Vermentini produziert, die die Fruchtigkeit und den Aromenreichtum der Rebsorte mit einer überraschenden Frische und Finesse kombinieren: Dem nahen Meer sei Dank!

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