Kozlović Winery, Buje, Istrien

Mit Malvazija und Teran an die Spitze

Text: Harald Scholl, Fotos: z.V.g

Ein Weingut, das aussieht wie ein Boutique-Hotel, eine Familie mit Weitblick und eine Rebsorte, die als Tischwein belächelt wurde und heute bei Wettbewerben glänzt. Eine Geschichte über Aufstieg, Beharrlichkeit und die Kraft, an das eigene Terroir zu glauben.

Wenn man heute durch die Weinberge von Momjan spaziert, mit Blick auf die sanften Hügel und die Adria am Horizont, lässt sich kaum erahnen, wie viel Mut und Pioniergeist es brauchte, um diese Gegend auf die internationale Weinlandkarte zu bringen. Genau hier begann vor über einem Jahrhundert die Geschichte der Familie Kozlović – zunächst klein, bodenständig und ganz auf den Hausgebrauch ausgerichtet. 1904 kelterte der Urgrossvater des heutigen Winzers Gianfranco Kozlović seinen ersten Wein. In Fässern, die mehr Flickwerk als Handwerk waren, wurde produziert, was man eben hatte: Malvazija, ein bisschen Teran, dazu Muskat – ohne Anspruch, aber mit viel Herzblut. Im alten Familienhaus sind noch Relikte aus dieser Zeit zu finden. Sie belegen, dass der Weinbau in diesem Teil Europas eine sehr viel ältere und selbstverständlichere Tradition hat als gemeinhin vermutet.

Dabei ist Weinbau in Istrien eigentlich keine moderne Erfindung. Schon die Römer schätzten die klimatischen Bedingungen der Halbinsel und exportierten Wein aus Poreč und Pula nach Aquileia oder sogar bis nach Gallien. Später waren es venezianische Kaufleute, die den Wein aus Istrien mit Olivenöl und Salz eintauschten. Doch über Jahrhunderte hinweg blieb die Region ein Niemandsland zwischen grossen Imperien. Mal Habsburg, mal Italien, dann Jugoslawien. Kontinuität? Fehlanzeige. Erst nach dem Zerfall Jugoslawiens öffnete sich ein Fenster. Für den Weinbau bedeutete das: endlich raus aus dem Schatten der Genossenschaften, hin zu selbstbewussten, qualitätsorientierten Familienbetrieben. Gianfranco und Antonella Kozlović erkannten diese Chance früh. Sie wollten Qualität, wollten Profil, wollten zeigen, dass Istrien mehr kann als Tankwein. Was damals fast revolutionär war: das kompromisslose Bekenntnis zur Herkunft und zur autochthonen Rebsorte Malvazija Istarska. Während andere noch Bordeaux-Rebsorten importierten, setzte Kozlović auf Eigenständigkeit – mit Erfolg. Der Durchbruch kam 1998, als eine klar strukturierte, aromatisch dichte Malvazija erstmals aufhorchen liess. Kein aufgesetzter Fruchtzirkus, sondern präzise, mineralisch, eigenständig. Der Stil war gemacht – und wurde in den Folgejahren geschärft, differenziert, vertieft. Kozlović zeigte, was Malvazija wirklich kann, wenn man sie ernst nimmt. Das war nicht nur für das eigene Weingut ein Befreiungsschlag – sondern für die ganze Region.

Architektur trifft Anspruch

Im Jahr 2012 setzte die Familie ein weithin sichtbares, architektonisches Ausrufezeichen: Mitten in die Reben gebaut, anschliessend an das alte Familienhaus, gleichzeitig zurückhaltend und imposant, entstand ein Kellereigebäude, das weit über die Grenzen Kroatiens hinaus Aufmerksamkeit erregte. Ein Kunstwerk aus Beton, Glas, Holz – reduziert auf das Wesentliche, aber mit maximaler Wirkung und noch mehr Praktikabilität. Von aussen ist nicht zu erahnen, wie perfekt und zweckmässig der Keller durchdacht wurde, wie grandios er die Arbeit der Mitarbeiter erleichtert. Im Innern, in den Berg hineingebaut, modernste Kellertechnik, Edelstahl, Barriques, Amphoren. Und dennoch: Wer heute das Weingut besucht, fühlt sich eher wie in einem Boutique-Hotel der gehobenen Art. Moderne Vinothek, funktionaler Verkostungsraum, eine grosszügige Terrasse mit atemberaubendem Blick ins Tal. Und doch: Alles hier ist dem Wein untergeordnet. Funktionalität trifft Ästhetik – nicht umgekehrt.

Doch bei aller Technik bleibt das Entscheidende weiterhin die Arbeit draussen im Weinberg. Rund 25 Hektar bewirtschaftet die Familie Kozlović heute selbst, hinzu kommen die Trauben von langjährigen Partnern. Der Anbau aller Weine erfolgt nachhaltig, die Erträge sind niedrig, die Arbeit im Weinberg ist intensiv. Und im Keller? Ein altmodisches und deshalb zeitgemässes Credo: weniger Eingriffe, mehr Zeit. Der klassische Malvazija überzeugt mit Frische und Klarheit, der Santa Lucia – benannt nach der besten Einzellage – zeigt Tiefe, Struktur und ein fast burgundisches Spiel. Daneben gibt es einen ebenso eleganten Teran, einen feinen Muskat Momjanski und ausgewählte Cuvées mit internationalen Rebsorten, aber allesamt geprägt vom regionalen Rückgrat.

Ein Vorbild für eine ganze Region

Was Kozlović über all die Jahre auszeichnet, ist nicht nur der qualitative Anspruch, sondern der Blick über den Tellerrand. Gianfranco war nie ein Dogmatiker, aber auch nie ein Mitläufer. Er suchte Austausch, öffnete sich früh dem Tourismus, lud Sommeliers und Journalisten ein, noch bevor Kroatien auf dem Radar der Weinszene auftauchte. Er verstand, dass ein guter Wein auch eine Bühne braucht – und schuf diese Bühne selbst: mit Verkostungen, Events, Offenheit. Inzwischen ist diese Bühne international. Der Malvazija Santa Lucia wurde mehrfach mit mehr als 90 Punkten von Decanter, Falstaff und JamesSuckling.com bewertet. Der britische «The Independent» bezeichnete das Weingut als «architectural marvel of New Europe winemaking» – und lobte in einer Verkostung 2023 insbesondere die «textural complexity and saline elegance » der Weissweine. Auch die Sommelierszene in London, Kopenhagen und Wien hat Kozlović längst auf dem Schirm. Die Weine tauchen regelmässig auf den Karten renommierter Restaurants wie dem «Steirereck» in Wien, dem «Sat Bains» in Nottingham oder im Kopenhagener «Alchemist» auf.

«Unsere alten Rebsorten sind wahrscheinlich zeitgemässer als viele der neuen.»

Doch trotz dieses Erfolgs ist das Weingut ein Familienbetrieb geblieben – im besten Sinn. Tochter Antonella bringt neue Ideen ein, ohne die Wurzeln zu kappen, Schwester Katarina kümmert sich um Marketing und Gäste. Es ist dieser nahtlose Übergang zwischen Generationen, der das Weingut so bemerkenswert macht: kein Bruch, kein radikaler Wandel, sondern ein organisches Weiterdenken. Was Kozlović heute leistet, geht über das eigene Etikett hinaus. Das Weingut hat gezeigt, dass kroatischer Wein Weltklasse sein kann. Es hat mitgeholfen, das Image Istriens zu drehen – von der anonymen Weinregion zum qualitativen Hotspot. Und es hat andere Winzer ermutigt, ebenfalls den Schritt zur Qualität zu wagen. In gewisser Weise steht der Aufstieg von Kozlović sinnbildlich für den Wiederaufstieg des kroatischen Weinbaus überhaupt: aus dem Schatten der Masse ins Licht der Individualität.


Weine im Clubpaket

Valle Zoi 2024

2025 bis 2028

Jugendlicher und lebendiger Duft mit dominanten Noten von grüner Paprika und Holunderblüte, Nuancen von Mango, Aprikose und Papaya. Tendenz zu kräuterwürzigen Noten, die dem Sauvignon Blanc zuzuschreiben sind.

Mariage: Als Aperitif oder Begleiter zu leichten Gerichten wie Salaten, Gemüse, Risotto, Pasta und Meeresfrüchten.

Santa Lucia Malvazija 2018

2025 bis 2030 

Duft nach Blütenhonig, Wiesenkräuter, Pfirsich, Anklänge von Physalis und Minze. Attraktiv, komplex. Am Gaumen saftig, Steinobstnuancen, finessenreicher Säurebogen. Tiefgründiges Spiel, salziges, anhaltendes Finale.

Mariage: Zu Fisch in cremigen Saucen, gegrillten Jakobsmuscheln, Pilzrisotto, Pasta mit reichhaltigen Saucen.

Teran Selekcija 2021

2025 bis 2036

Intensive Nase, reife schwarze Beeren, Rauch, ein Hauch von mediterranen Kräutern. Am Gaumen betont trocken, vitale, gut ausbalancierte Säure. Reifes Tannin, darunter Bitterkirsche und dunkle Schokolade.

Mariage: Harmoniert mit kräftigen Speisen wie Steak, gegrilltem Fleisch oder blauem Fisch.