Weingut Davaz, Fläsch, Schweiz
Bündner Familienbande
Text: Nicole Harreisser, Fotos: z.V.g.

Der Weinbau in Graubünden wird schon im Jahr 765 erstmals schriftlich erwähnt. Beim Qualitätsaufschwung der letzten Jahrzehnte spielt die Familie Davaz eine entscheidende Rolle. Mittlerweile ist schon die dritte Generation im Weingut aktiv.
Inmitten der Bündner Bergwelt, am Fusse des Falknis, liegt das Weingut Davaz. Gegründet haben es Hans und Annemarie Davaz. Sie waren – wie viele in der Region – Landwirte mit einem gemischten Betrieb, der neben Wein auch Getreideanbau und Viehwirtschaft umfasste. Aber es war eine arme Region, mit der Landwirtschaft war das Auskommen karg. Als das Fläscher Feld und die Fläscher Halde, damals noch fast respektlos «Acker» genannt, in Rebflächen umgewidmet wurden, nutzten sie die Gelegenheit, sich auf den lukrativeren Weinbau zu fokussieren und einen Weinbaubetrieb zu gründen. Hans' Vision legte den Grundstein für den heutigen Erfolg der Familie. Sohn Andrea übernahm anfangs noch zusammen mit Bruder Johannes das Weingut. Johannes zog es später in die Toskana, denn die beiden waren als «Alphamännchen» zu dominant für ein gemeinsames Weingut. Heute arbeiten beide gut zusammen und vinifizieren den gemeinsamen Wein Insieme mit 80 Prozent Pinot-Noir-Trauben vom Weingut Davaz und 20 Prozent Syrah-Trauben von Poggio al Sole – eine einzigartige Cuvée aus zwei Weinländern.
Tradition mit Klasse
Als Hans und Annemarie 1974 einen Standort für das zukünftige Weingut gesucht haben, liess sich Hans vom Eligsauer Weingut Pircher inspirieren, das inmitten von Reben liegt, und sie wurden am Rande des Dorfes Fläsch fündig. Damals waren die Flächen noch nicht komplett mit Reben bestockt, und so konnten sie dort das ursprüngliche Weingutsgebäude mit Wohnhaus errichten. In dieser einzigartigen Lage mit herrlichem Rundumblick ist das Weingut bis heute zuhause. Über die Jahre hinweg wurde es mehrfach erweitert und umgebaut. Einen Teil des heutigen Gebäudeensembles hat der in Fläsch ansässige Architekt Kurt Hauenstein entworfen und umgesetzt. Die Gebäude fügen sich harmonisch in die Rebberglandschaft von Fläsch ein. Die klaren Linien folgen der Philosophie des Weinguts in der Weinbereitung. Auf den Dächern sind Solarpanele eingearbeitet, die Strom für das Weingut liefern. Vor dem Degustationsraum im ersten Stock wurde eine herrliche Terrasse mit Kräuterbeeten und einmaligem Blick auf den Falknis angelegt. Aber nicht nur optisch erstrahlt das Weingut in vollem Glanz, bereits seit den Anfängen war und ist der Keller immer auf dem technisch neuesten Stand, um herausragende Weine zu keltern.
«Unser Vorbild ist das Burgund, aber mit eigenständigen Weinen, die unsere Handschrift zeigen.»
Micha Davaz
Heute ist mit Luca, Rebecca, Micha und seiner Frau Jil die dritte Generation im Weingut verantwortlich. Aus den anfänglich 6,5 Hektar Rebfläche wurden elf im Eigenbesitz. Sie liegen grösstenteils im Fläscher Feld und in der Fläscher Halde; eine Ausnahme bildet eine Chardonnay-Parzelle im Dorf Fläsch zwischen der Weinstube und der Kirche. Die rund 40 Jahre alten Rebstöcke wurzeln tief im mineralischen Boden. Diese Parzelle wird separat vinifiziert. Auch das Klima ist etwas wärmer, und die Trauben werden einige Tage früher geerntet. Das Fläscher Feld liegt auf einem Schuttkegel, der stark kalkhaltig und sandig ist und daher wenig Wasser speichert, wodurch der Boden karg bleibt. Die weiteren Lagen enthalten mehr Lehm und speichern das Wasser besser im Boden. Das Klima ist von der alpinen Lage geprägt, im Sommer werden Temperaturen von bis zu 32 Grad erreicht, diese werden aber von kühleren Nachttemperaturen ausgeglichen. Dieses Spiel von Wärme und Kühle ist für die Aromenausbildung äusserst wichtig, ganz besonders für den Pinot Noir. Auch sorgt dieses Klima für frische und knackige Weissweine. Der Föhn, der mitunter mit starken Winden über die Reben fegt, hilft, die Trauben nach Regenfällen rasch zu trocknen und Pilzerkrankungen vorzubeugen. Der Rebsortenspiegel umfasst neben Pinot Noir als einziger Rotweinsorte die weissen Rebsorten Chardonnay, Pinot Blanc, Pinot Gris, Sauvignon Blanc, Riesling Silvaner und ein wenig Scheurebe. Das Verhältnis von Rot- zu Weissweinen liegt bei 50:50, die weissen Rebsorten sind gleichmässig auf die einzelnen Rebsorten verteilt, mit Ausnahme der Scheurebe, die nur in geringem Umfang angebaut und als Süsswein vinifiziert wird.

«Unser Vorbild ist das Burgund», meint Micha Davaz. «Wir arbeiten im Keller sehr klassisch und traditionell. Natürlich haben wir auch Versuche mit Keramik-, Beton- und Tonamphoren unternommen. Aber sie passen nicht zu unseren Weinen, zu unserer Philosophie.» Mehr als die Ausbauart ist die Qualität der Trauben der entscheidende Faktor. Sie müssen zum optimalen Reifzeitpunkt geerntet werden. «Wir wollen frische und knackige Weissweine sowie klare, präzise Rotweine.» Bei der Arbeit im Rebberg wird die beste Voraussetzung für die Vinifizierung geschaffen, im Keller wird nur wenig eingegriffen. Andrea Davaz unterstützt seine Kinder nach wie vor im Rebberg. Mit seiner Arbeit und seinem Qualitätsbewusstsein hat er den Grundstein für den heutigen Erfolg gelegt. Die gesamte Weinregion bekam einen grossen Qualitätsschub, als 1998 eine Mengenbegrenzung von 900 Gramm eingeführt wurde. Sohn Luca ist seit 2017 als Kellermeister für die Vinifizierung verantwortlich. Seine Schwester Rebecca unterstützt ihn als ausgebildete Winzerin seit einiger Zeit zusammen mit einem engagierten Team. Die Trauben werden sorgfältig zum optimalen Reifezeitpunkt gelesen und schonend gepresst. Je nach Rebsorte erfolgt die weitere Verarbeitung: Chardonnay und Pinot Noir werden in offenen Holzgärständern vergoren, beim Lagen-Chardonnay Gräba kommt auch ein wenig Battonage zum Einsatz, um mehr Körper und buttrige Noten hervorzubringen. Danach erfolgt der Ausbau in teils neuen, teils gebrauchten Barriquefässern. Wenn es an die Cuvéetierung der Weine geht, ist die ganze Familie eingebunden. Micha ist mehr im Hintergrund und auch bei den anderen Unternehmen der Familie tätig, aber manchmal findet man ihn auch auf dem Traktor im Rebberg – als Ausgleich.
Familiärer Weitblick
Auch wenn Tradition und Konstanz im Hause Davaz gross geschrieben werden, herrscht keinesfalls Stillstand. Bereits seit einiger Zeit liegen die Grundweine für einen Schaumwein aus dem Hause Davaz im Keller. Noch muss er auf der Hefe reifen und ruhen. Auch bei einem weiteren Projekt der Familie, dem Weinhaus von Salis, gab es in diesem Jahr Neuigkeiten: Im Mai wurde der Neubau feierlich eröffnet.
Weine im Clubpaket

Chardonnay 2023
Graubünden AOC
2025 bis 2032
Feinfruchtiger Duft mit zarten An-klängen an gebutterten Toast. Auf der Zunge zeigt er eine tolle Balance zwischen Frucht und eingebundenen Holznoten. Animierender Abgang.
Mariage: Zu feinen Fleischgerichten mit gegrilltem Gemüse, Vitello tonnato und gereiftem Käse

Pinot Noir Grond 2022
Graubünden AOC
2025 bis 2032
Samtiges Bouquet mit dunklen Beeren und Kräuterwürze. Dicht gewoben am Gaumen mit feinkerniger Struktur und saftigem Tannin. Präsent und mit Charakter. Langer Nachhall.
Mariage: Nicht nur zu festlichen Anlässen, auch zu Polenta, Gulasch und ofenfrischer Parmigiana

Pinot Noir Uris 2021
Graubünden AOC
2025 bis 2041
Frische Noten von dunklen Waldbe-eren, etwas Schokolade und dezente Rauchnote. Auch am Gaumen zart rauchig, dunkelfruchtig, etwas Kaffeebohnen und Nougat. Tannine gut eingebunden. Elegant und tiefgründig.
Mariage: Perfekt zu T-Bone-Steak vom Grill und Wildgerichten oder als Medi-tationswein