Alte Grafschaft: Löwenstein-Nachfolger in Kreuzwertheim

09.03.2011 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Kreuzwertheim) - Der Name klingt nach viel Tradition und Geschichte: „Alte Grafschaft“ heißt das Weingut von Christoph Dinkel und Norbert Spielmann in Kreuzwertheim. Es gab 2010 erstmals ein Lebenszeichen von sich, nahm aber schon vorher mit einem Provisorium in 2009 und der Vinifikation der Weine in drei verschiedenen Kellern seinen Anfang, weil zu diesem Zeitpunkt der eigene Keller nicht frei war. Denn hier wirkte noch das Weingut Fürst Löwenstein, ehe 2010 der Auszug nach Kleinheubach erfolgte (Yoopress berichtete).

 

Die beiden Partner bezeichnen sich als „Weinidealisten“, die hier einen Traum verwirklichen können. Dinkel ist eigentlich Fahrzeugbauer; sein Familienbetrieb, der älteste seiner Art in Deutschland, wurde 1540 in Wertheim als Schmiede gegründet. Heute dirigiert der 51-Jährige im Unternehmen Kurt Dinkel rund 300 Mitarbeiter. Er sah es mit seinem Freund Spielmann als „einmalige Chance“ an, das Löwenstein’sche Gebäude zu erwerben und hier selbst Wein zu machen.

Im Verkaufen hat Norbert Spielmann schon viel Übung. Der 48-Jährige lernte zunächst Weinküfer, arbeitete dann bei Schwarzwälder in München, für Alpina in Buchloe und wechselte 1991 zu Wein Wolf. Er leitete die Handelsagentur für Rhein-Main und baute gleichzeitig ein kleines Importgeschäft mit Weinen sehr guter französischer Betriebe auf, die über seine Weinkellerei Spielmann verkauft werden.

Jetzt muss er zudem seine eigenen Weine unter die Leute bringen. Dabei folgt man der Löwenstein’schen Tradition, Weine aus zwei verschiedenen Anbaugebieten auszubauen. Vom fürstlichen Betrieb, der ohnehin kräftig abspeckte, übernahm man bereits Anfang 2009 die arbeitsaufwändige Steillage Satzenberg in Tauberfranken (Anbaugebiet Baden) mit hauptsächlich Riesling und Weißburgunder. Knapp ein Jahr später veräußerte der Staatliche Hofkeller Würzburg noch die fränkische Flur Kaffelstein mit Riesling und Spätburgunder.

Die terrassierten Steillagen sind wertvoll, aber schwer zu bewirtschaften. Viel Handarbeit ist angesagt. Besucher haben Spielmann schon gesagt: „So etwas übernehmen nur Bekloppte.“ Ihm und seinem Partner ist bewusst, dass nicht nur die Rebflächen nicht ganz unproblematisch sind. In das Betriebsgebäude und den Keller wurde geraume Zeit nichts mehr investiert, weil der Auszug von langer Hand geplant war. Es besteht also Nachholbedarf.

Momentan ist der Gewölbekeller mit seinen rund 700 Quadratmetern auch noch überdimensioniert für die wenigen Hektar des jungen Betriebs. Aber man will weiter investieren, in den Gartenbereich, eine Vinothek, ein Verkostungszimmer. Die baulichen Veränderungen sollen behutsam vorgenommen werden, schon aus Respekt gegenüber der Familie des vor knapp einem Jahr bei einem Autorennen verunglückten Erbprinzen Carl Friedrich zu Löwenstein, die hier lange Zeit ihr weinbauliches Zuhause hatte. Der Erbprinz, der die Verkaufsverhandlungen geführt hatte, sei froh gewesen, dass das Anwesen weiterhin als Weingut betrieben werde, erinnert sich Spielmann. Ein Mann, der hier 25 Jahre arbeitete, konnte übernommen werden. Weinküfer Ralf Englert (49) ist der Profi im Weinkeller, der dafür sorgt, dass die Weine vom Satzenberg und Kaffelstein Format haben.

Die ersten Eindrücke sind überzeugend: mineralischer, saftiger Riesling aus beiden Fluren, Weißburgunder mit kräuteriger Würze, straff und elegant aus dem badischen Satzenberg und im Spätlese-Bereich mit sanftem, gut im Griff behaltenen biologischen Säureabbau, der zu weichen Rundungen führt. Dazu noch ein reiferer Pinot Noir aus schon vorher zugekauften Trauben, der elegant und vielschichtig ist und an bedeutende Burgunder erinnert.

Kein Zweifel, hier ist etwas im Werden, das an die einstmals bestehende Grafschaft Wertheim anknüpft, die dem Betrieb den Namen gab. „Wir haben die beiden besten Steillagen dieses Hauses wieder vereint“, meint Spielmann. „Damit wollen wir eine einmalige Weinlandschaft erhalten.“ Weit zurück reichende Geschichte spielt mit rein. Der Satzenberg wurde einst „Zathzenberg“ geschrieben und wohl schon im 8. Jahrhundert angelegt. Damals gehörte die Flur vermutlich einem Ritter namens „Zazo“. 

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