Breuer-Weine machen Spaß
18.02.2012 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (Rüdesheim a. Rhein) - Er lebt in seinen Weinen fort. Was der 2004 verstorbene Bernhard Breuer in früheren Jahren im Rüdesheimer Weingut Georg Breuer verantwortete, ist heute noch sensationell frisch und so lebendig, wie man den einstigen Vordenker des Rheingaus kannte. Seine Tochter Theresa, die sich gut in die Nachfolge eingefunden hat, bewies das bei einer Veranstaltung für Kunden und Freunde des Hauses.
Eine mehrfach gestellte Frage an diesem Abend war: ist das wirklich schon fast acht Jahre her? Denn das Bild von Bernhard Breuer ist bei denen, die ihn gut kannten, frisch geblieben, das Bild eines schlanken, drahtigen Brillenträgers, zäh und ausdauernd wirkend, immer unter Strom stehend, vor Ideen übersprudelnd, mit einem zärtlichen Ausdruck im Gesicht, wenn er von seiner Familie (der Gattin Marlene und den beiden Töchtern Marcia und Theresa) sprach, manchmal auch nachdenklich wirkend und gelegentlich verärgert, wenn etwas nicht so lief, wie er es sich vorstellte.
Am 20. Mai 2004 erschütterte die Nachricht die internationale Weinszene, dass Bernhard Breuer viel zu früh im Alter von nur 57 Jahren an den Folgen eines Gehirnschlags verstorben war. Vorher hatte der Visionär viele Akzente in seinem Gebiet und auch in Deutschland gesetzt mit den „Glorreichen Tagen“, dem „Gourmet-Festival“ (die beide zu Dauerläufern wurden) und dann mit der „Rheingauer Charta“, die später in das „Erste Gewächs“ mündete und Vorläufer des heutigen „Großes Gewächses“ im Verband der Prädikatsweingüter (VDP) war.
Als mehr oder weniger am grünen Tisch und nicht auf Basis einer nachweisbaren Qualität im Glas eine der Toplagen von Breuer, der Rauenthaler Nonnenberg, durch das Sieb fiel, trat er 1999 enttäuscht aus dem Weinbauverband und auch aus dem VDP aus, weil er sich von beiden Institutionen nicht unterstützt sah.
Sein Bruder Heinrich, der sich nach dem Ableben von Bernhard weniger um sein Hotel Rüdesheimer Schloss und mehr um das Weingut kümmerte, kann inzwischen berichten, dass man zumindest wieder in den Schoss des Verbandes zurück gekehrt ist, aber eine erneute Mitgliedschaft im VDP nicht als vordringlich angesehen wird. „Wir kommen auch so gut zurecht.“
Einige Faktoren spielten zusammen, damit der 33 Hektar-Betrieb mit Spitzenlagen in Rüdesheim und Rauenthal weiter reibungslos funktionieren konnte, als sich sein Macher von dieser Welt verabschieden musste. Hermann Schmoranz, der langjährige Kellermeister, blieb dem Weingut erhalten. Vielleicht gab er sogar noch mehr Gas als vorher. Und der Zusammenhalt der Familie war groß. Tochter Theresa (27), die Anfang 2004 noch nicht so recht wusste, wie ihr Berufsweg verlaufen würde, stellte sich mehr und mehr der Verantwortung und nahm sich selbst in die Pflicht, weil ihre ältere Schwester Marcia (32) bildende Kunst studiert hatte und dann zur Ballett-Tänzerin avancierte.
Die Besitzverhältnisse wurden neu geordnet. Eigentümer des Weingutes Georg Breuer sind inzwischen die drei Damen Marlene, Marcia und Theresa Breuer, während sich Heinrich Breuer, vormals Mitbesitzer im Weingut, mit seiner Frau Susanne auf das Hotel-Restaurant konzentriert.
Theresa Breuer ist heute das Gesicht des Weingutes, eine ungemein herzliche, temperamentvolle, fröhliche „Frontfrau“, die gern im Weinberg Hand anlegt und mit Hermann Schmoranz einen Wegbegleiter hat, der dauerhaft hohe Qualität gewährleistet. Das wurde deutlich bei der Präsentation eines Aushängeschildes, dem Riesling 2010 aus der Toplage Rüdesheimer Berg Schlossberg. Das Weingut ist hier mit 3,5 von insgesamt 25 Hektar vertreten. 2010 gab es nur einen Ertrag von 19 hl/ha, eine Mini-Menge. Traditionell wurde der Wein wieder mit einem Künstleretikett ausgestattet, diesmal aus der „Werkstatt“ der Karlsruherin Tanja Schneider, die sich von Theresa Breuer so begeistern ließ, dass sie auf dem Etikett eine kleine Widmung verewigte. Der Wein selbst hat jugendlichen Biss, viel Spiel und Saft, braucht aber noch etwas Zeit, bis er Bestform erreicht hat. Diese kann dann lang anhalten.
Welches Potenzial im Schlossberg steckt, machten reife Weine deutlich: ein enorm frisch wirkender, erstaunlich rassiger 1981er, ein knackiger 1995er mit herrlichem Säurespiel und Raffinesse sowie ein ungemein delikater, eleganter, vielschichtiger 2002er - alles Weine, die unter der Obhut von Bernhard Breuer entstanden und - so vorhanden - auch in einigen Jahren noch Spaß machen können.
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